Nationales und transnationales Vertrauen in der Europäischen Union

Auch nach der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 bleibt in Europa noch viel Vertrauensarbeit zu tun. „Die Westeuropäer ziehen zwischen sich und den Ostmitteleuropäern noch eine deutliche Grenze“, schreibt Jan Delhey, Europa-Experte am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), in einer jetzt veröffentlichten Studie zum Vertrauen in Europa. So bringe die jetzige EU-Bevölkerung den Polen, Ungarn, Tschechen und Slowaken nur wenig Vertrauen entgegen. „Für die Vertiefung der Integration kann die Osterweiterung daher zum Problem werden.“

Allerdings rechnet Delhey damit, dass das Vertrauen in die neuen EU-Mitglieder nach dem Beitritt anwachsen wird, wie im Falle der Länder der Süderweiterung (Spanien, Portugal, Griechenland) und Italiens. „Durch den Beitritt haben es die Ostmitteleuropäer leichter, Vertrauen zu gewinnen“, so Delhey.

Aber auch zwischen den „alten“ EU-Mitgliedern ist transnationales Vertrauen nicht immer reichlich vorhanden. Dem eigenen Landsmann vertraut man mehr als den Menschen aus anderen EU-Ländern. Ein überraschendes Ergebnis ist, dass nur in drei Ländern (Deutschland, Belgien und Luxemburg) das Vertrauen in die EU-Partner seit Ende der 70er Jahre stärker gewachsen ist als das Vertrauen in die eigenen Landsleute. „Die EU als Sozialraum ist nach wie vor national codiert“, lautet Delheys Fazit. Obwohl Europa in den vergangenen Jahrzehnten politisch und wirtschaftlich zusammengewachsen sei, habe keine breite „Europäisierung des Vertrauens“ stattgefunden.

Das größte Vertrauen der EU-Partner genießen die Schweden, Luxemburger, Niederländer und Dänen- relativ kleine und wohlhabende Nationen. Das geringste Vertrauen wird den Südeuropäern geschenkt. Trotzdem haben über die Zeit alle Nationen als Vertrauensempfänger profitiert – mit Ausnahme der Deutschen, die seit der Wiedervereinigung Vertrauen bei den EU-Partnern eingebüßt haben.

Für die Studie hat der Autor die Eurobarometer-Umfragen der Europäischen Kommission zwischen 1976 und 1997 ausgewertet. Sie geben Aufschluss darüber, ob und wie sehr sich die EU-Partner gegenseitig vertrauen.

Die Studie mit dem Titel „Nationales und transnationales Vertrauen in der Europäischen Union“ erscheint in diesen Tagen in der Zeitschrift „Leviathan“, Heft 1, 2004, S. 15-45.

Eine Kurzfassung ist erschienen unter dem Titel „EU: Identität und Integration. Nationales und transnationales Vertrauen in Europa“, in WZB-Mitteilungen, Heft 103, März 2004, S. 7-11.

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Burckhard Wiebe idw

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