Deutsche Unternehmen mit IT-Nachholbedarf

Deloitte Studie zeigt aktuellen Stand bei Enterprise Ressource Planning Systemen auf / Viele Unternehmen sind nicht gerüstet für die Zukunft

Deutsche Unternehmen haben Schwachstellen bei ihren eingesetzten ERP-Systemen und einen großen Optimierungsbedarf bei den zugrundeliegenden Prozessen für diese Systeme. Darüber hinaus sind nur wenige Branchen systemtechnisch für übergreifende Unternehmensnetzwerke gerüstet. Das sind die Kernaussagen einer Studie, die die Unternehmensberatung Deloitte unter deutschen Unternehmen branchenübergreifend durchgeführt hat.

Zielsetzung der Studie war, festzustellen, ob Unternehmen mit ihrer heute existierenden ERP-Landschaft (Enterprise Ressource Planning) zufrieden sind und sich gerüstet für die Zukunft sehen, die durch elementare Veränderungen in der IT- und Kommunikationstechnik geprägt ist. Insbesondere sollte überprüft werden, ob sich die Unternehmen systemtechnisch bereit sehen, übergreifende Unternehmensnetzwerke mit Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner aufzubauen und zu betreiben und die dort entstehende Wertschöpfung zu vollziehen. Zudem galt zu erheben, welche Branchen in diesem Bereich führend sind.

Zunächst konnte festgestellt werden, dass der Einsatz von Standard-ERP-Systemen sich zunehmend etabliert hat: mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen nutzen diese Systeme bereits. Sie greifen dabei mit knapp 70% auf Lösungen der SAP AG zurück; zusätzlich ist der Anteil mit fast 24% an Individualsoftware jedoch nach wie vor aufgrund branchenspezifischer Anforderungen relativ hoch. Beim Großteil der Unternehmen war die Einführung eines ERP-Systems mit dem Ziel einer unmittelbaren Prozessoptimierung verbunden. Nur ein Drittel der Unternehmen äußerte sich jedoch zufrieden mit den erreichten Zielen, zwei Drittel zeigten sich nur teilweise oder überhaupt nicht zufrieden mit den Ergebnissen der Prozessoptimierung.

„Mit der Installation des Systems allein ist es einfach nicht getan, die Schritte zur Anpassung und Verbesserung der zugrundeliegenden Geschäftsprozesse dürfen auf keinen Fall vernachlässigt werden“, beschreibt Peter Körting, Partner bei Deloitte, diese Schwachstelle. „Gerade branchenspezifische Prozesse werden immer noch zu stark vernachlässigt, sowohl innerhalb der Unternehmen aber auch in der direkten Vernetzung mit Lieferanten oder Kunden. Hier steckt noch ein großes Optimierungspotenzial“, so Körting weiter.

Doch nicht nur alle internen Prozesse müssen optimiert werden, auch die zunehmende Vernetzung mit Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner steht auf der Tagesordnung. Die Schaffung eines „Extended Enterprise“, also die Vernetzung der IT-Systeme zwischen unabhängigen Unternehmen innerhalb einer Wertschöpfungskette, ist hier als oberstes Ziel zu sehen. Die Vorteile dieser Art von Zusammenarbeit reichen dabei vom reinen Datenaustausch bis hin zu gemeinsamen Entscheidungsprozessen. Aber auch in diesem Feld stehen die deutschen Unternehmen erst am Anfang des langen Weges. Nur diejenigen Unternehmen, die ihre internen Aufgabenstellungen im ERP-Umfeld gelöst haben, sind überhaupt in der Lage an die externe Vernetzung zu denken und damit klare Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen (43%) sehen ihre ERP-Einführung als noch nicht abgeschlossen an, so eine weitere Erkenntnis der Studie.

Die Studie beleuchtet daher auch den Entwicklungsstand einzelner Branchen: Welche Branchen haben die notwendigen Schritte bereits gemacht, passende Systeme installiert und die Prozesse optimiert? Hier zeigt sich ein klares Bild:

Die Branche Manufacturing (produzierendes Gewerbe) ist mangelhaft auf die zukünftigen Herausforderungen vorbereitet. Die geographisch immer breiter verteilten Entwicklungs-, Produktions-, Logistik- und Vertriebsaktivitäten und die immer kürzeren Produktentwicklungszyklen, verbunden mit der Verlagerung von Prozessen in Niedriglohnländer erfordern eine effiziente und klar strukturierte IT-Systeminfrastruktur. Nicht durchgeführte IT-Investitionen in der Vergangenheit zeichnen hier jedoch ein schlechtes Bild für diese Branche. So ist der Zweig der chemischen Industrie durch mangelnde Profitabilität und fehlendes Wachstum gekennzeichnet. Eine Verbesserung kann durch Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette und effiziente Kundenbindung erreicht werden. Doch dazu sind hohe IT-Investitionen erforderlich. Einzige Ausnahme im Bereich Manufacturing: Automobilhersteller, die bereits seit Jahren eng verzahnt mit ihren Zulieferern und Händlerorganisationen agieren, stellen ein positives Gegenbeispiel dar.

Die nach wie vor stark mittelständisch geprägte Konsumgüterindustrie hat in den letzten 10 Jahren stark in Individualsysteme investiert, die zwar interne Prozesse abdecken, eine Vernetzung in Richtung Hersteller oder Kunde gar nicht oder nur mit hohen Kosten zulassen. „Der IT-Investitionsbedarf in der Konsumgüterindustrie ist enorm, allerdings fehlen aufgrund des Kostendrucks die entsprechenden Mittel. Hier gilt es schnell flexible Lösungen zu schaffen, damit dieser Industriezweig im internationalen Vergleich nicht noch stärker zurück fällt“, stellt Jochen Kuhnert, verantwortlicher Partner bei Deloitte für die Konsumgüterindustrie, fest.

Schlusslicht im Entwicklungs- und Durchdringungsgrad mit ERP-Systemen sind aus dem Bereich Health Care die Krankenhäuser. Viele stehen noch am Anfang im Einsatz betriebswirtschaftlicher Standardsoftware; klinische und abteilungsspezifische Insellösungen können selten integriert werden. Hohe Optimierungspotenziale liegen im Patientenmanagement und in den administrativen Prozessen, insbesondere im Controlling und im Einkauf. Der vorliegende Investitionsstau, vor allem im IT-Bedarf, hat vor allem das Fehlen von prozessorientierten, integrierten Lösungen zur Folge.

„In Deutschland sind die Unternehmen in bezug auf die Globalisierung und die vernetzten Arbeitswelten der Zukunft nicht ausreichend gut vorbereitet“, stellt Jochen Kuhnert abschließend fest. „Einzig die Unternehmen, die in den letzten Jahren intensiv ihre ERP-Systeme installiert und die notwendigen Prozesse optimiert haben, können den nächsten Schritt, die Vernetzung mit anderen Unternehmen in Angriff nehmen und sich dadurch entsprechende Wettbewerbsvorteile sichern. Für alle anderen heißt es jetzt schnell zu reagieren und die notwendigen Schritte einzuleiten“, appelliert Kuhnert an die nachziehenden Unternehmen.

Über die Studie:

Im Rahmen der Studie wurden 400 Unternehmen der deutschen Wirtschaft aus dem Branchenspektrum Manufacturing (produzierendes Gewerbe) mit Chemie und Pharma, Konsumgüterindustrie und Handel, Health Care / Med Tech und Kliniken sowie Telekommunikation, Energie und Versorgung befragt. 9 Prozent der befragten Unternehmen hatten mehr als 20.000 Mitarbeiter, knapp 25 Prozent von 5.000 – 20.000 Mitarbeiter und 66 Prozent wiesen eine Unternehmensgröße bis 5.000 Mitarbeiter auf.

Deloitte Deutschland:

Deloitte ist eine der führenden Prüfungs- und Beratungsgesellschaften in Deutschland. Als einzige der Big Four bietet Deloitte ein umfassendes Leistungsspektrum aus Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Consulting und Corporate Finance-Beratung. Mit mittlerweile 3.200 Mitarbeitern in 18 Niederlassungen betreut Deloitte seit mehr als 90 Jahren Unternehmen und Institutionen jeder Rechtsform und Größe aus fast allen Wirtschaftszweigen. Über den Verbund mit Deloitte Touche Tohmatsu ist Deloitte mit 120.000 Mitarbeitern in nahezu 150 Ländern auf der ganzen Welt vertreten.

Deloitte Touche Tohmatsu ist ein Verein schweizerischen Rechts und haftet als solcher nicht für seine Mitgliedsunternehmen. Die Mitgliedsunternehmen, auch wenn sie unter den Bezeichnungen „Deloitte“, „Deloitte & Touche“, „Deloitte Touche Tohmatsu“ oder einem damit verbundenen Namen auftreten, sind rechtlich selbstständig und unabhängig und haften nicht für das Handeln oder Unterlassen eines anderen Mitgliedsunternehmens.

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