Immaterielle Werte bei Unternehmenssteuerung und Berichterstattung häufig vernachlässigt

Studie von PwC und TU Dresden bestätigt Schwierigkeiten deutscher Unternehmen bei Einbeziehung immaterieller Werte in Unternehmenssteuerung / Kunden und Eigenkapitalgeber sind wichtigste Zielgruppen / Misstrauen gegenüber monetären Bewertungskonzepten für immaterielle Werte / Furcht vor Wettbewerbsnachteilen sowie Messprobleme als wesentliche Gründe für eingeschränkte Berichterstattung

Obwohl deutsche Unternehmen immateriellen Werten eine hohe Bedeutung für den Unternehmenserfolg beimessen, werden diese zur internen Steuerung des Unternehmens kaum genutzt und tauchen selten in ihrer Berichterstattung auf. Die wichtigsten unternehmensinternen Erfolgsfaktoren werden in den immateriellen Ressourcen Human-, Prozess- und Innovationskapital gesehen. Materiellen und finanziellen Ressourcen kommt dagegen eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu. Mehr als die Hälfte der Unternehmen bewertet ihr Human- und Innovationskapital lediglich anhand von rein qualitativen Kriterien, gut ein Viertel betrachtet diese weichen Faktoren überhaupt nicht. Viele Unternehmen halten die meisten immateriellen Werte für monetär nicht erfassbar und befürchten Wettbewerbsnachteile durch eine zu freizügige Berichterstattung.

Das sind die zentralen Ergebnisse der Studie Immaterielle Werte und andere weiche Faktoren in der Unternehmensberichterstattung – eine Bestandsaufnahme, die PwC gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Betriebliches Rechnungswesen / Controlling der Technischen Universität Dresden erstellte. Dazu wurden von März bis Mai 2002 54 Unternehmen der C-DAX-Indizes Media, Pharma / Health, Technology, Software und Telecommunication befragt, da vermutet wurde, dass immaterielle Ressourcen für diese Branchen von besonderer Relevanz sind.

Kunden und Eigenkapitalgeber stehen im Fokus

Die wichtigsten Zielgruppen sehen die befragten Unternehmen in den Kunden (54 Prozent) und in den Eigenkapitalgebern (42 Prozent). Fremdkapitalgeber, Mitarbeiter sowie Staat und Öffentlichkeit spielen eine vergleichsweise geringe Rolle. Damit erhalten die Aktionäre in Bezug auf die finanzwirtschaftlichen Unternehmensziele eine bedeutende Stellung. „Die Herausforderung für die Unternehmen besteht darin, Steuerungskonzepte und eine Veröffentlichungspraxis zu entwickeln, die den Ansprüchen dieser Zielgruppen gerecht werden. Dafür ist jedoch die Erfassung und Bewertung der wichtigsten Erfolgsfaktoren, also auch der immateriellen Ressourcen, eine notwendige Voraussetzung“, erläutert Jutta Menninger, Partnerin bei der PwC Corporate Finance-Beratung.

Am häufigsten werden zur Unternehmenssteuerung nach wie vor traditionelle Jahresabschlussgrößen wie EBIT, EBITDA, Cash Flow oder Umsatzwachstum herangezogen. Moderneren unternehmenswertorientierten Kennzahlen wie Economic Value Added (EVA), Cash Value Added (CVA) oder Cash Flow Return on Investment (CFRoI) kommt in der Praxis bislang eine untergeordnete Bedeutung zu.

Erfolgsfaktoren Kunde und Wettbewerb nur unzureichend abgebildet

Die entscheidenden externen Erfolgsfaktoren sind nach Ansicht der Unternehmen die Kunden sowie die Wettbewerbsposition hinsichtlich Kosten, Qualität, Zeit und Flexibilität. Hier klaffen Relevanz und Berichtsrealität weit auseinander: Die Mehrzahl der Unternehmen berichtet zum Beispiel extern über diese Erfolgskriterien nur auf der Ebene des Gesamtunternehmens und nicht nach einzelnen Geschäftsbereichen. Die Berichterstattung beschränkt sich hier zumeist auf rein qualitative Aussagen. Bis zu einem Drittel der befragten Unternehmen verzichtet ganz auf die Berichterstattung zu diesen Faktoren.

Große Schwierigkeiten bei Erfassung immaterieller Werte

Nach Ansicht der befragten Unternehmen eignet sich eine monetäre Bewertung für Patente, Lizenzen sowie für selbst erstellte Software. Diese Bewertung sollte sich dann eher am zukünftigen Erfolgswert als an historischen Kosten orientieren. Bei der Bewertung ihrer Marken – wofür in jüngster Zeit verschiedene Konzepte entwickelt wurden – sind viele der befragten Unternehmen unsicher, ob ein monetärer Wertansatz geeignet ist. Bei den übrigen untersuchten immateriellen Ressourcen wird im Wesentlichen eine nicht-monetäre Bewertung als geeignet angesehen.

„Wir gehen davon aus, dass die unternehmensintern verfügbare Datenbasis zu immateriellen Werten häufig sehr gering ist und zudem in einigen Unternehmen methodische Schwächen hinsichtlich moderner Bewertungsverfahren bestehen“, erklärt Professor Thomas Günther von der TU Dresden. „Somit bleiben viele Unternehmen bei der Beobachtung der wichtigsten Erfolgsfaktoren weit hinter den Möglichkeiten zurück.“

Mehrheit der Unternehmen fühlt sich unterbewertet

Dennoch sind 79 Prozent der befragten Unternehmen der Ansicht, dass ihre gegenwärtige Berichterstattung das Erfolgspotenzial korrekt abbildet. Gleichzeitig halten sich 78 Prozent der Unternehmen durch den Kapitalmarkt für unterbewertet. So weist der Kapitalmarkt ihrer Meinung nach insbesondere bei der Beurteilung von Veröffentlichungen zu immateriellen Ressourcen – so sie denn stattfinden – Schwächen auf.

„Als größte Hürde zu einer erweiterten Berichterstattung führen die Unternehmen ihre Furcht an, die eigene Wettbewerbsposition durch eine zu freizügige Weitergabe von Informationen zu verschlechtern. Dies gilt insbesondere für Informationen über Wettbewerber, Kunden und Ersatzprodukte“, erklärt Professor Günther. Ferner bestehen bereits bei der internen Erfassung wichtiger Faktoren große Defizite. „Eine Verbesserung dieser Situation bei der Unternehmenssteuerung sowie eine Berichterstattung insbesondere über immaterielle Werte bietet jedoch beachtliche Vorteile für die Untenehmen selbst, für den Kapitalmarkt sowie nicht zuletzt auch für ein Rating nach Basel II. Im Vergleich zu den angelsächsischen und skandinavischen Ländern hat Deutschland hier noch erheblichen Nachholbedarf“, kommentiert Jutta Menninger, die Ergebnisse der Studie.

Media Contact

Sandra Werning PricewaterhouseCoopers

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