Längere Elternzeit ohne Einfluss auf schulischen und beruflichen Erfolg der Kinder

Befürworter solcher Reformen führen dabei auch die positiven Effekte einer intensiven Betreuung im frühen Lebensalter auf den Werdegang der Kinder an.

Eine heute vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) und von der Deutsch-Britischen Stiftung veröffentlichte Studie der IZA-Fellows Christian Dustmann und Uta Schönberg (University College London) untersucht die Langzeitwirkungen früherer Reformen von Elternzeit bzw. Erziehungsurlaub in Deutschland. Die Analyse dokumentiert, dass die mit den bisherigen Reformen einhergegangene schrittweise Verlängerung des gesetzlich zugesicherten Erziehungsurlaubs auf lange Sicht nur sehr geringen Einfluss auf den schulischen und beruflichen Erfolg der betroffenen Kinder genommen hat.

Erstmals wurden von den Wirtschaftswissenschaftlern die langfristigen Auswirkungen von längeren Mutterschaftsurlauben oder Elternzeiten auf die schulische und berufliche Entwicklung der jeweiligen Kinder empirisch erforscht. Hierzu studierten die Forscher den Werdegang von Kindern, die kurz vor und kurz nach verschiedenen Reformen des Mutterschafts- bzw. Erziehungsurlaubs in Deutschland geboren wurden.

Exemplarisch wurden drei Reformschritte untersucht: die Verlängerung des bezahlten Mutterschafts¬urlaubs von zwei auf sechs Monate im Jahr 1979, die zu Jahresbeginn 1986 erfolgte Verlängerung auf zehn Monate (unter der Bezeichnung Erziehungsurlaub) sowie die 1992 in Kraft getretene Verlängerung des unbezahlten Erziehungsurlaubs von 18 auf 36 Monate.

Zunächst untersuchten Dustmann und Schönberg den Einfluss der Reformen auf den Zeitpunkt der Arbeitswiederaufnahme von Müttern. Tatsächlich zeigt sich bei allen betrachteten Reformen, dass Mütter im Durchschnitt später ins Berufsleben zurückkehren, also von der verlängerten Elternzeit Gebrauch machen. In einem weiteren Schritt analysierten die Wissenschaftler den Einfluss der Reform von 1992 (Verdoppelung des Erziehungsurlaubs auf 36 Monate) auf die Kinder. Die Studie belegt, dass sich die Wahl der weiterführenden Schule (Hauptschule, Realschule oder Gymnasium) durch die Verlängerung des unbezahlten Erziehungsurlaubs nur marginal verändert hat: Der Anteil der Gymnasiasten erhöhte sich durch die Reform um maximal 0,1%.

Auch nach der Verlängerung des Erziehungsurlaubs von zwei auf sechs Monate im Jahr 1979 konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen der längeren Elternzeit und der Wahrscheinlichkeit eines Hochschulabschlusses der Kinder festgestellt werden. Ebenso wenig ergaben sich für sie im späteren Verlauf statistisch messbare Einkommensvorteile.

Die aktuelle Studie von Dustmann und Schönberg widerspricht damit der verbreiteten Annahme, dass eine längere Elternzeit den Werdegang der Kinder deutlich positiv beeinflusst. „Unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Erfolgschancen von Kindern spricht wenig dafür, in Deutschland eine weitere Ausdehnung der Elternzeit anzustreben“, resümiert IZA-Fellow Christian Dustmann.

Der Volltext der englischsprachigen Studie, die von der Deutsch-Britischen Stiftung im Rahmen ihres Programms für nachhaltiges Wachstum in Europa finanziell gefördert wurde, ist kostenlos über die IZA-Homepage abrufbar.

Christian Dustmann, Uta Schönberg:

The Effect of Expansions in Maternity Leave Coverage on Children's Long-Term Outcomes

IZA Discussion Paper No. 3605 – http://ftp.iza.org/dp3605.pdf

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Holger Hinte idw

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