Arbeitsmarkt: Österreicher scheuen Schritt nach Osteuropa

„Österreichische Studierende sind immobil und wagen kaum den Schritt in Richtung Osteuropa, obwohl dort die großen Karrierechancen liegen“, erklärt Liselotte Ziegler, geschäftsführende Gesellschafterin beim Steuer- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen TPA Horwath, gegenüber pressetext.

Zu diesem Schluss kommt eine von TPA Horwath in Auftrag gegebene Studie zu den Perspektiven und Wünschen der Studierenden im Bereich Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. „Wenn Ausland, dann Westeuropa oder die große, weite Welt“, fährt Ziegler fort. Zumindest die Hälfte der 504 befragten Steuerlehre- und Steuerrechtstudierenden könnten sich vorstellen, für einen längeren Zeitraum dort zu arbeiten. Nicht einmal jeder Dritte wolle dies aber in Osteuropa machen.

„Gerade unter Frauen ist die Bereitschaft zum Auslandsaufenthalt gering und das obwohl immer mehr Frauen in unserer Branche arbeiten“, so Ziegler. Lag der Frauenanteil im Bereich der Wirtschaftstreuhand 1947 bei 13 Prozent, waren es 1990 schon 23 und aktuell liegt er bei 40 Prozent. „Der Trend ist deutlich. Schon heute arbeiten in zahlreichen Unternehmen mehr Frauen als Männer und das auch in der Führungsetage“, erläutert Ziegler. Als Hauptgründe nannte die Horwath-Managerin dafür, dass weitaus mehr Frauen als Männer diese Studienrichtungen einschlagen. Zudem setzen diese auf flexible Arbeitszeiten, gute Wiedereingliederungschancen nach einer Babypause und die Chance auf Selbstständigkeit.

Da passe ein längerer Auslandsaufenthalt nicht unbedingt ins Bild. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, setzen immer mehr Unternehmen auf eine nachträgliche, betriebsinterne Schulung und Motivation ihrer Mitarbeiter. Ziegler stellte den österreichischen Studierenden aber noch auf einem weiteren Gebiet ein schlechtes Zeugnis aus. „Im Gegensatz zu ihren Kommilitonen aus Osteuropa sind sie bedeutend weniger motiviert Sprachen zu lernen – speziell osteuropäische“, meint Ziegler. Als einen Grund macht sie dafür die verschlafene Ostoffenheit der Schulen und Universitäten verantwortlich. „Die Chance war da, doch diese wurde nur unzureichend genutzt. Die Österreicher sind einfach Ostmuffel.“

All diese und weitere Aspekte führen mittlerweile zu einem zunehmenden Nachwuchsproblem in der Steuertreuhandbranche. „Unsere Branche ist in den zurückliegenden zwei Jahren um zehn Prozent gewachsen. Wir sind ständig auf der Suche nach motivierten und qualifizierten Mitarbeitern. Doch mittlerweile ist die Nachfrage sogar größer als das Angebot“, resümiert Gerda Plajer, geschäftsführende Gesellschafterin bei TPA Horwath. Ein weiterer Grund dafür sei auch, dass das Studium der Steuerlehre und des Steuerrechts als eines der schwersten in Österreich gelte und Studierende sich lieber für leichtere Fachrichtungen, wie Marketing oder PR entscheiden. Zudem ziehen finanzkräftige Wirtschaftsunternehmen gute Absolventen für ihre Controlling- und Rechnungswesenabteilungen ab. „Mit einem monatlichen Einstiegsgehalt von 2.000 bis 2.200 Euro gehört unser Zweig sicher zum Durchschnitt, aber kann nur selten mit solventen Wirtschaftsgrößen mithalten“, so Ziegler weiter.

Neben einer Ist-Analyse lag der Schwerpunkt der Studie auf den Erwartungen der Studierenden an ihre zukünftigen Arbeitgeber. Als wichtigste Aspekte des Traumjobs wurden dabei soziale Komponenten genannt: ein gutes Arbeitsklima, interessante Tätigkeiten, eine gute Zusammenarbeit mit den Chefs, deren fachliche Kompetenz und gute Weiterbildungsmöglichkeiten. Für weniger wichtig erachteten die angehenden Absolventen hingegen monetäre Vergünstigungen, die Möglichkeit auf Dienstreisen und Prämien. „Dies ist zum einen auch wieder durch die fehlende Bereitschaft zur Mobilität sowie dadurch begründet, dass in Prämien ein Risiko gesehen wird, am Ende des Monats weniger Geld auf dem Konto zu haben“, meint Ziegler. Die Arbeitsplatzsicherheit und damit einhergehende Faktoren seien in den letzten Jahren immer wichtiger für Berufsanfänger geworden.

Für die Erhebung wurden 504 österreichische Studierende höherer Fachsemester aus den Fachrichtungen Steuerlehre und – recht an sechs österreichischen Universitäten und Fachhochschulen befragt.

Media Contact

Erik Staschöfsky pressetext.austria

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