Komasaufen als Nachahmungshandlung

Britische Forscher haben in einer Studie festgestellt, dass nicht der Verfall der Sitten und der billige Alkoholpreis ausschlaggebend für den „Komasauf-Boom“ unter den Jugendlichen sind. Der wesentliche Punkt, der zur Lust auf Alkohol in Strömen macht, ist die Tendenz des Nachahmens – und dabei folgen die meisten „Täter“ dem Verhalten ihrer Freunde. Experten wie der Direktor des Anton Proksch Instituts für Suchtgiftforschung, Michael Musalek, stehen dem Studienergebnis allerdings sehr skeptisch gegenüber.

Mit Hilfe eines Computermodells konnten die Forscher um Paul Ormerod von Volterra Consulting in London das Verhalten im sozialen Netzwerk simulieren. Mit dem Terminus „Mode“ könne man das Verhalten der Jugendlichen am besten beschreiben, meint Ormerod. „Wenn man dieses Kampftrinken beenden will, muss man beim Nachahmungsverhalten ansetzen.“ Die Studie an insgesamt 504 Jugendlichen im Alter von 18 bis 24 Jahren – zu gleichen Teilen männlichen und weiblichen Geschlechts – sollte die Prävalenz des Komasaufens und der sozialen Struktur dahinter untersuchen. Den Begriff Komasaufen interpretierten die Forscher als festen Vorsatz, sich zu betrinken oder mindestens zehn Drinks an einem Abend mindestens einmal pro Woche zu konsumieren.

„Alleine schon dieser Ansatz ist sehr problematisch „, meint Musalek gegenüber pressetext. Einerseits treffe man hier nicht die Kerngruppe – diese liege bei Jugendlichen jüngeren Alters – andererseits werde ein Kernpunkt, nämlich die Verfügbarkeit des Alkohols nicht ins Kalkül gezogen. „Nach empirisch belegten Studien spielt die Verfügbarkeit von Alkohol eine wesentliche Rolle“, so der Forscher. „Natürlich sehen die Zahlen von mehr als 500 Probanden hochrelevant aus, allerdings ist die Fragestellung bei einer Studie sehr wesentlich“, kritisiert Musalek. Frage man Probanden nach gewissen Motiven, habe das meist einen Einfluss auf die Antworten.

Dass der Nachahmungseffekt natürlich eine Rolle spiele, will Musalek nicht in Abrede stellen. „Gleich und gleich gesellt sich gern. Das ist ein logisches Verhalten.“ Als problematisch bezeichnet Musalek in der Studie auch den unterstellten Vorsatz der Betroffenen sich betrinken zu wollen. „In der Frage, inwieweit man von anderen animiert werden kann, spielt es natürlich eine Rolle, wie die Umgebung aussieht, denn an diese passt man sich an“, so der Experte. Dabei komme der Verfügbarkeit des Suchtgifts eine bedeutende Rolle zu.

Durch die Sensibilisierung des Problems des Komatrinkens deute vieles daraufhin, dass die zahlen leicht rückläufig sind. Durch die Meinungsbildung habe sich einiges gewandelt, erklärt der Wissenschaftler. „Das gesamte Thema der legalen Suchtgifte wie etwa Alkohol und Nikotin wird in der Gesellschaft thematisiert“, so Musalek. In Österreich sind etwa 330.000 Menschen Alkoholsüchtig und zwischen 1,3 und 1,6 Mio. Menschen Nikotinabhängig. „Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass 90 Prozent der Alkoholkranken auch nikotinabhängig sind“, erklärt Musalek abschließend gegenüber pressetext.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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