Wie das Gehirn bei Vertrauensbruch reagiert

Dem Forschungsteam um den Neuroökonomen Ernst Fehr ist damit ein weiterer Schritt im Verständnis des Vertrauens gelungen. Die Studie erscheint am 22. Mai 2008 in der Wissenschaftszeitschrift „Neuron“ (volume 58, issue 4).

Das menschliche Zusammenleben beruht auf Vertrauen.

Ob in der Liebe oder in der Politik, im Familien- oder im Geschäftsleben, immer spielt das Vertrauen eine wichtige Rolle. Dementsprechend gross war das Interesse, als Forscher der Universität Zürich vor drei Jahren entdeckt hatten, dass Oxytocin das Vertrauen fördert. Unbekannt blieben allerdings die gehirnphysiologischen Grundlagen dieses Effekts und warum Oxytocin das Vertrauen erhöht. Offen war auch die Frage, ob Oxytocin das Vertrauensverhalten auch nach einem Vertrauensbruch beeinflussen kann.

Ein Forschungsteam der Universität Zürich mit dem Neurowissenschaftler Thomas Baumgartner, dem Neuroökonomen Ernst Fehr und dem Psychologen Markus Heinrichs hat nun herausgefunden, dass Oxytocin einen Einfluss darauf ausübt, wie Menschen mit einem Vertrauensbruch umgehen. Probanden, die ein Placebo erhalten hatten, reagierten auf einen Vertrauensbruch mit einer Reduktion ihres Vertrauensverhaltens. Dagegen veränderten Probanden, denen mittels Nasenspray Oxytocin verabreicht wurde, ihr Vertrauensverhalten nicht.

Diese unterschiedliche Reaktion auf einen Vertrauensbruch ist verbunden mit einem sehr spezifischen Aktivierungsmuster im Gehirn. Probanden, die Oxytocin erhalten hatten, zeigten eine geringere Aktivierung in der Amygdala, in Regionen des Zwischenhirns und im dorsalen Nucleus des Caudatus. Dieses Aktivierungsmuster deutet darauf hin, dass Oxytocin die Aktivierung in denjenigen Gehirnstrukturen reduziert, die sowohl in die Verarbeitung von Angst involviert sind als auch in die Verhaltensanpassung nach einem negativen Erlebnis wie zum Beispiel einem Vertrauensbruch.

Diese neuen Befunde können dabei helfen, tiefere Erkenntnisse über psychische Störungen zu gewinnen, bei denen soziale Defizit im Vordergrund stehen. Wie der Psychologe Markus Heinrichs erklärt, wird nun in klinischen Studien die Kombination intranasaler Oxytocinabgabe mit standardisierter Verhaltenstherapie bei der Behandlung von Störungen wie der sozialen Phobie und Borderline-Persönlichkeitsstörung geprüft. Der Neurowissenschaftler Thomas Baumgartner hofft, dass die Ergebnisse zu einer fruchtbaren Forschung über solche psychische Störungen führen werden. „Insbesondere das Wissen darüber, wo im Gehirn Oxytocin seine Wirkung entfaltet, könnte helfen, noch bessere therapeutische Interventionen zu entwickeln.“

Der Neuroökonom Ernst Fehr fügt hinzu: „Wir haben wichtige Elemente der neuronalen Grundlage von Vertrauen nach erfolgtem Vertrauensbruch entdeckt. Im Lichte der Bedeutung von Vertrauen im zwischenmenschlichen Zusammenleben eröffnen uns diese Ergebnis die Aussicht, die gehirnphysiologische Basis von prosozialem Verhalten im Allgemeinen besser ergründen und verstehen zu können.“

Kontakte:

Thomas Baumgartner, Institut für Empirische Wirtschaftsforschung, Zentrum für das Studium sozialer und neuronaler Systeme
Tel: 0041 44 – 634 50 97
E-Mail: t.baumgartner@iew.uzh.ch
Prof. Ernst Fehr, Institut für empirische Wirtschaftsforschung, Zentrum für das Studium sozialer und neuronaler Systeme
Tel: 0041 44 63 43709
E-Mail: efehr@iew.uzh.ch
Prof. Markus Heinrichs, Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychobiologie
Tel: 0041 44 – 635 7363
E-Mail: m.heinrichs@psychologie.uzh.ch

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Beat Müller idw

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