Forschungszwerg Deutschland – kaum Forschungsmittel für vernachlässigte Krankheiten

Die Bundesrepublik Deutschland gibt nur etwa ein Siebtel des für sie angemessenen Beitrags aus, um den globalen Bedarf für die Tuberkuloseforschung zu decken.

Zu diesem Ergebnis kommt der Report „Forschungszwerg Deutschland – kaum Mittel für vernachlässigte Krankheiten“, den ÄRZTE OHNE GRENZEN am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. „Deutschland wird seiner Verantwortung nicht gerecht“, kritisierte Oliver Moldenhauer von der Medikamentenkampagne von ÄRZTE OHNE GRENZEN.

„Als Land mit der drittstärksten Wirtschaftskraft der Welt und mit großen Forschungskapazitäten muss Deutschland seine öffentliche Forschungsförderung für Tuberkulose, Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten massiv erhöhen“, forderte Moldenhauer. „Andere europäische Länder leisten in diesem Bereich jetzt schon mehr.“

Jahr für Jahr sterben weltweit drei Millionen Menschen an Malaria und Tuberkulose, eine Milliarde Menschen leiden an vernachlässigten Tropenkrankheiten. Dazu gehören unter anderen die Schlafkrankheit, Kala Azar sowie verschiedene Wurmkrankheiten. Dem Bericht zufolge gab die deutsche Bundesregierung im Jahr 2007 nur 20,7 Mio. Euro für die Forschung an den genannten Krankheiten aus. Dies zeigt die Analyse von mehr als 90 Einzelforschungsprojekten und der institutionellen Förderung der in diesem Bereich tätigen Forschungsinstitute.

Auf die Tuberkuloseforschung entfielen demnach im Jahr 2007 nur
7,5 Mio. Euro. Nach Berechnungen von ÄRZTE OHNE GRENZEN müsste Deutschland jährlich allerdings 62,8 Mio. Euro für Forschung an Tuberkulose ausgeben. Dies wäre angesichts des Bedarfs weltweit und der Wirtschaftskraft der Bundesrepublik angemessen. Für Malariaforschung stellte die Bundesregierung im vergangenen Jahr 9,0 Mio. Euro bereit, für die vernachlässigten Tropenkrankheiten nur 4,3 Mio. Euro.

„Das ist viel zu wenig angesichts dessen, was notwendig wäre“, betonte Prof. Stefan Kaufmann, Direktor am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, der das Vorwort für den Report geschrieben hat.

„Durch Tuberkulose, Malaria und die völlig vernachlässigten Tropenkrankheiten gehen jedes Jahr knapp 140 Millionen Lebensjahre in Gesundheit verloren. Für die Wirtschaft besonders in armen Ländern ist das fatal und behindert deren Ausstieg aus der Armut“, so Kaufmann.

ÄRZTE OHNE GRENZEN finanziert selbst Forschung auf diesem Gebiet.
Im Jahr 2007 gab das internationale Netzwerk der Organisation 5,8 Mio. Euro für die Förderung der Non-Profit-Organisation Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi) aus. ÄRZTE OHNE GRENZEN arbeitet in mehr als 60 Ländern der Welt. „Gerade im Bereich der Tuberkulose erleben wir immer häufiger, dass Patienten gegen die vorhandenen Medikamente Resistenzen entwickelt haben. Die Behandlung wird aufwendiger, hat starke Nebenwirkungen und vielen Patienten können wir gar nicht mehr helfen“, sagte Frauke Jochims, Tuberkuloseexpertin von ÄRZTE OHNE GRENZEN. „Wir brauchen dringend neue Medikamente, einfache Tests und einen wirksamen Impfstoff. Die Forschung muss für unsere Patienten endlich in Gang kommen!“
Vollständiger Bericht unter:
http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/Medikamentenkampagne/Publikationen.php

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Christiane Löll presseportal

Weitere Informationen:

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