Beginn der ersten nationalen Studie zur chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD)

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt Alarm: In zehn Jahren wird die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) aller Wahrscheinlichkeit nach die dritthäufigste Todesursache sein. Auch Forscher aus Deutschland beobachten diese Entwicklung seit einigen Jahren mit zunehmender Besorgnis, umso mehr, als die Behandlungsmöglichkeiten nach wie vor begrenzt sind.

„Diese Erkrankung ist noch nicht ausreichend gut verstanden, um echte Heilungserfolge erzielen zu können“, betont Prof. Dr. med. Claus Vogelmeier, Philipps-Universität Marburg, Sprecher des Kompetenznetzes Asthma und COPD.

Was aber macht diese Erkrankung zu einer praktischen und wissenschaftlichen Herausforderung? Wegweisend für das Kompetenznetz ist die Beobachtung, dass COPD in vielen Fällen gemeinsam mit anderen Erkrankungen auftritt, die darüber hinaus häufig die eigentliche Todesursache darstellen. Patienten, die von einer COPD betroffen sind, leiden beispielsweise oft unter Herz-Kreislauferkrankungen; auch andere Begleiterkrankungen sind keineswegs selten.

Allerdings wissen die Forscher bereits, dass einfache, ursächliche Erklärungen zu kurz greifen. So sind in fortgeschrittenen Stadien der COPD die Betroffenen aufgrund der schweren Atemnot kaum noch körperlich aktiv. Dies begünstigt die Entstehung einer Herz-Kreislauferkrankung oder Osteoporose, zieht sie aber offenbar nicht zwingend nach sich. Ebenso unbeantwortet ist die Frage, welche Faktoren die Entstehung der Erkrankung bei den bis zu 20 Prozent der Betroffenen begünstigen, die als Nichtraucher gelten.

Immer häufiger wird unter Experten diskutiert, dass eine systemische Entzündung bei dem Wechselspiel zwischen COPD und Begleiterkrankungen eine wesentliche Rolle spielen könnte. Im Gegensatz zu einer lokalen, organbezogenen Antwort betrifft die systemische Entzündung den gesamten Organismus. Sie ist jedoch keineswegs der einzige denkbare Faktor; andere Kandidaten wären biologische Alterungsprozesse, die bei der Erkrankung beschleunigt ablaufen. Dies ist eine der wesentlichen Arbeitshypothesen der klinischen Studie, die in den kommenden Jahren den Forschungsschwerpunkt des Kompetenznetzes bilden wird.

Im klinischen Teil des Kompetenznetzes sollen 3000 Patienten mit COPD innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten insgesamt dreimal gründlich untersucht werden. Festgestellt wird der allgemeine Gesundheitszustand, vor allem jedoch der Schweregrad und die Entwicklung der COPD sowie der Begleiterkrankungen. Die Ergebnisse werden verglichen mit denen zweier repräsentativer, bevölkerungsbezogener Erhebungen zum allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung, die in Vorpommern (SHIP-Studie) und der Region Augsburg (Kora-Studie) durchgeführt wurden. Auf diese Weise kann geprüft werden, inwieweit die gefundenen Zusammenhänge zwischen COPD und Begleiterkrankungen spezifisch für die COPD sind oder allgemeinere Charakteristika widerspiegeln, beispielsweise solche, die mit der Alterstruktur zusammenhängen.

Sollte sich die Vermutung der Forscher bestätigen, wären die Auswirkungen auf die Behandlung der COPD einschneidend: Patientengruppen könnten wesentlich genauer charakterisiert werden, zukünftige Therapien und die Verfahren zur Verlaufskontrolle würden dementsprechend spezifischer auf die verschiedenen Untergruppen angewendet werden können. Durch die speziell gewählte Studienanordnung werden bereits in einem frühen Stadium Resultate erwartet, die unmittelbar in die Praxis Eingang finden könnten.

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Inge Kokot idw

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