Ausländische Patienten in Deutschland: Gäste vom Golf und "kleiner Grenzverkehr"

Strategien zur Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft sollten nicht allein auf die Anwerbung zahlungskräftiger Gastpatienten aus dem Ausland zielen, sondern vielmehr auf eine kooperative Planung von Versorgungsstrukturen in Grenzregionen.

Dabei geht es weniger darum, kurzzeitige Versorgungsengpässe oder lange Wartezeiten in einem der Länder zu kompensieren, als vielmehr grenzüberschreitende Angebote insbesondere bei aufwändigen Diagnosen und Therapien strategisch zu entwickeln. Das empfiehlt eine aktuelle Studie des Instituts Arbeit und Technik (IAT / Fachhochschule Gelsenkirchen) zur Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft.

Die Behandlung ausländischer Patienten in deutschen Krankenhäusern hat im Jahr 2007 um 9,4 Prozent auf 58.765 Fälle zugelegt. Diese stellten allerdings nur einen Bruchteil der insgesamt 17 Millionen Behandlungsfälle mit Leistungen von rund 64 Mrd. Euro in den deutschen Krankenhäusern. Die Gewinnung reicher Gastpatienten bleibt ein Nischenmarkt mit eher geringen Wachstumspotenzialen. Denn obwohl die Zahl der ausländischen Patienten aus Russland, den Vereinten Arabischen Emiraten oder auch China wächst, kommt nach wie vor der überwiegende Teil der ausländischen Patienten aus den Nachbarländern, stellen die IAT-Wissenschaftler Stephan von Bandemer, Kinga Salewski und Robert Schwanitz im aktuellen Forschungsbericht fest.

Bundesweiter Spitzenreiter bei der Behandlung ausländischer Patienten ist der Standort München mit 5.829 Fällen, gefolgt von Aachen mit 3.947 und Berlin mit 2.529 Behandlungsfällen (2007). Der größte Anteil der Gastpatienten konzentriert sich auf die grenznahen Regionen mit grenzüberschreitender Mobilität, aber auch entsprechenden Versorgungsangeboten. Bei vier von fünf ausländischen Patienten handelt es sich um Notfälle, die eine sofortige Akutbehandlung erfordern. Hier profitiert die Gesundheitswirtschaft vom allgemeinen Tourismus bzw. internationaler Mobilität, ist aber nicht selbst ursächlich für die Gastpatienten.

Auf Grund der geringen Nachfrage und des damit verbundenen Wettbewerbs um Patienten ist die bewusste Akquise ausländischer Patienten nach Einschätzung der IAT-Wissenschaftler nur vereinzelt für wenige Krankenhäuser interessant und lukrativ, zumal der Aufwand für die Behandlung und Unterbringung ausländischer Patienten und ihrer Begleiter enorm ist: der Service der Krankenhäuser reicht von mehrsprachigen Internetportalen und Broschüren über die Organisation von Unterkünften, Dolmetschern und Kulturprogrammen bis hin zu Gebetsräumen in den Kliniken.

Internationalisierungskonzepte, die auf eine grenzüberschreitende Versorgung ausländischer Patienten in grenznahen Kliniken zielen, versprechen dagegen größere Erfolgsaussichten, meinen die IAT-Forscher. So könne etwa die gemeinsame Nutzung von diagnostischen Großgeräten die Investitionskosten refinanzieren oder geringe Nachfrage – wie z.B. in der Pädiatrie – durch ein interdisziplinäres, länderübergreifendes Angebot in Grenzregionen kompensiert werden. Auch sollte bei aufwändigeren Therapien, die überwiegend in bestimmten Behandlungszentren durchgeführt werden, die Nähe zum Wohnort in Grenzregionen nicht nur innerhalb der eigenen Staatsgrenzen berücksichtigt werden, wenn im Nachbarland ebenfalls adäquate Versorgungsstrukturen vorhanden sind.

Aktuelle Publikation: http://www.iat.eu/forschung-aktuell/2009/fa2009-11.pdf

Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:
Stephan von Bandemer, Tel. : 0209/1707-115, E-Mail: bandemer@iat.eu, Kinga Salewski, Tel.: 0209/1707-177, E-Mail: salewski@iat.eu; Robert Schwanitz, Tel.: 0209/1707-172, E-Mail: schwanitz@iat.eu
Institut Arbeit und Technik
der Fachhochschule Gelsenkirchen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Claudia Braczko
Munscheidstraße 14
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