Heidelberger Medizinstudenten lernen Anatomie im "virtuellen Präpariersaal"

Heidelberg Medizinstudenten können – als Ergänzung zum traditionellen Präparierkurs – in einem „virtuellen Präpariersaal“ ihre Anatomiekenntnisse vertiefen: Am Bildschirm lassen sich Organe, Blutgefäße und Knochen ebenso freilegen wie an Leichen. Dazu werden Computerprogramme benutzt, die Radiologen ursprünglich für die Klinik, u.a. zur Vorbereitung schwieriger Operationen, entwickelt haben. Von den Studenten wird das innovative Lehrangebot, wie erste Bewertungen zeigen, sehr gut angenommen.

Seit dem Wintersemester 2007 / 2008 wird – bundesweit erstmalig – das Seminar „Virtuelle Anatomie“ durchgeführt, das die räumliche Orientierung im Körper und die Einordnung von anatomischen Strukturen erleichtert. Das Lehrangebot wurde im Institut für Anatomie der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Abteilung Radiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum entwickelt und wird von der Klaus Tschira Stiftung, gemeinnützige GmbH, Heidelberg, mit rund 200.000 Euro unterstützt.

Gute Vorbereitung auf die Klinik

Erwünschter Nebeneffekt des innovativen Lehrprogramms: Bereits in der Vorklinik lernen die Studenten, klinische Schnittbilder verschiedener radiologischer Verfahren wie der Computer- oder Magnetresonanz-Tomographie richtig einzuordnen, zu interpretieren und zu bearbeiten.

„Bildgebende Verfahren gewinnen in der modernen Medizin immer mehr an Bedeutung, da sie exakte Einblicke in den menschlichen Körper bieten“, erklärt Professor Dr. Joachim Kirsch, Geschäftsführender Direktor des Heidelberger Instituts für Anatomie und Zellbiologie. Leistungsfähige Rechner und ein Programm, das die dreidimensionale Rekonstruktion des menschlichen Köpers aus Röntgen- oder MRT-Bildern erlaubt, sind die Grundlagen des Kurses. Technik und Lehrplan entwickelten Professor Kirsch und Sara Doll in intensiver Zusammenarbeit mit der Abteilung Radiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (Professor Dr. Hans-Ulrich Kauczor, Dr. Frederik Giesel und cand. med. Fabian Rengier).

Der neue Kurs findet parallel zum Präparierkurs an menschlichen Leichen statt und behandelt jeweils das gleiche Thema. „So können die Studierenden auch Strukturen betrachten, die schwer zu erhalten sind und im Präparierkurs weggeschnitten werden“, sagt Sara Doll, die als präparationstechnische Assistentin der Fachrichtung Medizin sowohl Seminar als auch Präparierkurs betreut.

Studenten empfinden den Kurs als Hilfe beim Anatomie-Studium

Die Lernstoffe werden zunächst anhand von anatomischen Abbildungen besprochen. Bei der „virtuelle Präparation“ betrachten die Studenten dann am PC in Eigenregie die Organe, Knochen und Gefäße in unterschiedlichen Ebenen; Schnittbilder mit einer optimalen Darstellung werden entsprechend beschriftet. Das Ergebnis bewertet der Betreuer. „Erfahrungsgemäß tun sich die meisten zunächst schwer damit, die richtige Körperebene zu finden“, erklärt Sara Doll. „Dies setzt wiederum detaillierte Kenntnisse in Anatomie voraus.“

Erste Umfragen haben gezeigt, dass die Studierenden das Konzept gut annehmen und als sehr hilfreich empfinden. Trotzdem soll es noch weiter verbessert werden: „Gemeinsam mit Dr. Giesel vom DKFZ arbeiten wir daran, die Abbildung schlecht sichtbarer Strukturen, wie der Nerven, zu verbessern“, so Sara Doll. Dazu sollen Scans von Leichen herangezogen werden, da hier mit höheren Strahlendosen gearbeitet und eine höhere Auflösung erzielt werden kann.

Ansprechpartner:
Professor Dr. Joachim Kirsch
Geschäftsführender Direktor
Institut für Anatomie und Zellbiologie
Universität Heidelberg
Tel.: 06221 / 54 86 57
E-Mail: joachim.kirsch@urz.uni-heidelberg.de
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36
Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de

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