Wie magnetische Atome untereinander konkurrieren

Wellenmuster von Elektronen: Die Messung zeigt die Ordnung der Elektronen in Kupfer an zwei Eisenatomen, die fünf Atomlagen tief unter der Oberfläche vergraben sind. Foto: Universität Göttingen

Die physikalischen Eigenschaften aller Materialien, insbesondere der magnetischen, werden maßgeblich durch die komplexen Wechselwirkungen von Elektronen untereinander bestimmt. Das Hinzufügen geringster Mengen magnetischer Atome wie Eisen zu einem Kupferkristall führt bereits dazu, dass sich die elektrische Leitfähigkeit unterhalb einer bestimmten Temperatur drastisch erhöht und der sogenannte Kondo-Effekt auftritt.

Erhöht man nun die Zahl der magnetischen Störstellen weiter, entsteht ein Wettbewerb um die Anordnung der Elektronen um die Magneten. Wissenschaftlern der Universität Göttingen und dem Forschungszentrum Jülich ist ein wichtiger Schritt zum besseren Verständnis des Wechselspiels dieser Ordnungsprozesse gelungen.

Die Untersuchungen fanden am IV. Physikalischen Institut und am Institut für Theoretische Physik der Universität Göttingen statt. Die Ergebnisse sind in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.

Die Göttinger Wissenschaftler verwendeten bei ihren Untersuchungen Paare von Eisenatomen, die sie mehrere atomare Lagen tief unter einer Kupferoberfläche vergruben. „Das Wechselspiel kann durch ein stehendes Wellenmuster der Elektronen, welches sich zwischen den beiden Störstellen ausbildet, untersucht werden“, erklärt Dr. Martin Wenderoth vom IV. Physikalischen Institut.

Die Forscher konnten dieses Wellenmuster mit Hilfe des in Göttingen entwickelten Tieftemperatur-Rastertunnelmikroskops sichtbar machen. „Dabei zeigt sich, dass verschiedene atomare Anordnungen der beiden magnetischen Atome ein charakteristisches Muster der Elektronenwellen an der Oberfläche zeigen, welches das Ergebnis der gekoppelten Ordnung widerspiegelt“, so Dr. Wenderoth.

Bei dem beschriebenen Untersuchungsaufbau wurde die Zahl der magnetischen Störstellen nach und nach so weit erhöht, bis für das System ein gewisses Dilemma entsteht: Jede magnetische Störstelle möchte die Elek-tronen so ordnen, dass es für sie und ihre Umgebung optimal ist.

Bei gewissen Abständen der Eisenatome ist dies aber nicht zu realisieren, es entsteht ein Wettbewerb verschiedener Ordnungsprozesse. Dabei wird neben der Kondo-Ordnung eine zusätzliche magnetische Ordnung wichtig, die nach ihren Entdeckern Rudermann, Kittel, Kasuya und Yosida RKKY-Wechselwirkung genannt wird und die Wechselwirkung zweier magnetischer Atome beschreibt.

„Unsere Ergebnisse stellen eine Basis für das Verständnis komplexerer Systeme dar. Im Allgemeinen versteht man das Wechselspiel von Ordnungsphänomenen als Ausgangspunkt für die Bildung neuer elektronischer Zustände. Viele dieser Systeme zeigen bei tiefen Temperaturen ungewöhnliche Eigenschaften, wie zum Beispiel in der Supraleitung, wobei viele Fragen über deren Entstehung heute noch offen sind“, so Dr. Wenderoth.

Originalveröffentlichung: Henning Prüser et al. Interplay between Kondo effect and Ruderman-Kittel-Kasuya-Yosida interaction. Nature communications. Doi: 10.1038/ncomms6417.

Kontaktadresse:
Dr. Martin Wenderoth
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Physik – IV. Physikalisches Institut
Friedrich-Hund-Platz 1, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-9367 oder -4536
E-Mail: wenderoth@ph4.physik.uni-goettingen.de
Internet: http://www.ph4.physik.uni-goettingen.de 

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Thomas Richter idw - Informationsdienst Wissenschaft

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