Das VLT nimmt NGC 6357 unter die Lupe

Nahaufnahme des Sternentstehungsgebiets<br>NGC 6357<br>Bild: ESO<br>

Das Bild zeigt eine Vielzahl heißer, junger Sterne sowie leuchtendes Gas und Staubwolken, die unter dem Einfluss von Ultraviolettstrahlung und Sternwinden seltsame Formen angenommen haben.

Tief im Inneren der Milchstraße im Sternbild Skorpion liegt der Nebel NGC 6357 [1]. In dieser Himmelsregion bilden sich gegenwärtig im Inneren chaotischer Gas- und Staubwolken zahlreiche neue Sterne [2]. Die äußeren Bereiche des ausgedehnten Nebels sind jetzt mit dem Very Large Telescope der ESO beobachtet worden. Dabei entstanden die bisher besten Aufnahmen dieser Region [3].

Das neue Bild zeigt einen breiten Strom aus Staub, der quer durch die Bildmitte verläuft und das Licht dahinterliegender Objekte absorbiert. Rechts befindet sich ein kleiner Haufen aus strahlend hellen, blau-weißen Sternen, die sich aus dem Gas des Nebels gebildet haben. Diese Sterne dürften nur wenige Millionen Jahre alt sein, sind nach kosmischen Maßstäben also noch sehr jung. Ihre intensive Ultraviolettstrahlung hat im Gas und Staub der Umgebung seltsame Hohlräume entstehen lassen.

Das gesamte Bild ist überzogen mit dunklen Streifen aus kosmischem Staub. Einige der interessantesten dunklen Strukturen befinden sich unten rechts am Bildrand: Dort hat die Strahlung der hellen, jungen Sterne seltsame Elefantenrüssel erzeugt, ähnlich den sogenannten “Säulen der Schöpfung” im Adlernebel. Der kosmische Staub ist viel feiner als sein irdisches Pendant und weist größere Ähnlichkeiten mit Rauch denn mit Alltagsstaub auf. Kosmischer Staub besteht überwiegend aus Silikaten, Graphit und Wassereis. Diese Bestandteile wurden von Sternen vorangehender Generationen erzeugt und ins Weltall geblasen.

Die helle Zentralregion von NGC 6357 enthält einen Haufen aus massereichen Sternen, die zu den hellsten in der gesamten Milchstraße gehören. Dieser innere Bereich, der freilich im hier gezeigten Bild nicht zu sehen ist, wurde ausführlich mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA und der ESA untersucht. Die neue Aufnahme zeigt jedoch, dass auch die weniger gut untersuchten Außenbereiche der Sternkinderstube faszinierende Strukturen enthalten, die durch leistungsfähige Teleskope wie das VLT enthüllt werden können.

Das hier gezeigte Bild entstand im Rahmen des Cosmic Gems-Programms der ESO [4].

Endnoten

[1] Der Nebel wird im englischen Sprachraum auch als „War and Peace Nebula“, also wörtlich Krieg-und-Frieden-Nebel genannt. Der ungewöhnliche Name bezieht sich nicht auf den bekannten Tolstoi-Roman, sondern wurde dem Nebel von Wissenschaftlern des Midcourse Space Experiments gegeben.

[2] NGC 6357 wurde visuell im Jahr 1837 von Südafrika aus durch John Herschel entdeckt. Er beobachtete jedoch nur den hellsten Teil des Nebels. Die wahre Ausdehnung des Objekts wurde erst viel später mithilfe von Fotografien erkannt.

[3] Der in der neuen VLT-Aufnahme sichtbare Teil von NGC 6357 war nicht Gegenstand der Beobachtungen des Hubble-Weltraumteleskops.

[4] Das Cosmic Gems-Programm (wörtlich „kosmische Edelsteine“) ist eine ESO-Initiative zur Erstellung von astronomischen Aufnahmen für Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Das Programm nutzt vornehmlich Zeiten, während derer die Beobachtungsbedingungen nicht den strengen Ansprüchen wissenschaftlicher Beobachtungsarbeit genügt, um Bilder von interessanten, faszinierenden oder von Himmelsobjekten anzufertigen, die einfach schön anzusehen sind. Die Bilddaten sind anschließend im wissenschaftlichen Archiv der ESO für jedermann zugänglich. Auch professionelle Astronomen können sie für ihre Zwecke nutzen.

Zusatzinformationen

Im Jahr 2012 feiert die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) das 50-jährige Jubiläum ihrer Gründung. Die ESO ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop der 40-Meter-Klasse für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird, das European Extremely Large Telescope (E-ELT).

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsstaaten (und einigen weiteren Ländern) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

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