Das verborgene feurige Band des Orion

APEX-Aufnahme der Sternentstehungsregionen im Orionnebel<br>ESO/Digitized Sky Survey 2 <br>

Wolken aus interstellarem Gas und Staub sind das Rohmaterial, aus dem Sterne entstehen. Allerdings verbergen die winzigen Staubkörnchen all das, was in oder hinter diesen Wolken liegt. Dies wiederum erschwert das Beobachten von Sternentstehungsprozessen. Zumindest gilt das für den sichtbaren Bereich des Lichts.

Aus diesem Grund verwenden Astronomen Instrumente, die es ermöglichen, bei anderen Wellenlängen des Lichts zu beobachten. Im Submillimeterbereich beispielsweise strahlen die Staubteilchen wegen ihrer Temperatur von einigen zehn Grad über dem absoluten Nullpunkt [1], anstatt das Licht zu blockieren. Das APEX-Teleskop, das sich in einer Höhe von 5000 Metern über dem Meeresspiegel auf dem Chajnantor-Plateau befindet, und seine Kamera LABOCA, die bei Submillimeterwellenlängen empfindlich ist, sind ideal, um solche Beobachtungen durchzuführen.

Das spektakuläre neue Bild zeigt nur einen Teil eines größeren Komplexes im Sternbild Orion, das man die Orion-Molekülwolke nennt. Dieses Gebiet ist ein unerschöpflicher Schmelztiegel aus hellen Nebeln, heißen, jungen Sternen und kaltem Staub, hat einen Durchmesser von mehreren Hundert Lichtjahren und ist etwa 1320 Lichtjahre von uns entfernt. Das Leuchten im Submillimeterbereich stammt von den kalten Staubwolken, die in diesem Bild orange dargestellt sind, und wurde mit einer vertrauteren Aufnahme dieser Himmelsregion im sichtbaren Licht überlagert.

Die große, helle Wolke oben rechts im Bild ist der berühmte Orionnebel, auch Messier 42 genannt. Er ist bereits mit bloßem Auge als ein etwas verschwommenes, sternähnliches Gebilde im Schwert des Orion zu sehen. Der Orionnebel ist aber nur der hellste Teil einer riesigen Sternkinderstube, in der nach wie vor neue Sterne geboren werden. Er ist von der Erde aus gesehen der nächste Ort, an dem Sternentstehung stattfindet.

Die Staubwolken bilden wunderschöne Filamente, Streifen und Blasen, die durch Prozesse wie den gravitativen Kollaps oder die Einwirkungen von Sternwinden entstehen. Solche Winde sind Strömungen von ausgestoßenem Gas aus Atmosphären der Sterne. Sie sind stark genug, um die umgebenden Wolken in die gebogenen Strukturen zu bringen, die wir sehen.
Astronomen haben mit Hilfe dieser und weiterer Daten von APEX zusammen mit Bildern des Herschel-Weltraumteleskops der ESA nach sogenannten Protosternen, einem frühen Stadium der Sternentstehung, im Gebiet des Orion gesucht. Bisher waren sie in der Lage, 15 solcher Objekte zu identifizieren, die bei längeren Wellenlängen viel heller erscheinen als bei kürzeren. Diese neu entdeckten, seltenen Objekte gehören vermutlich zu den jüngsten Protosternen, die jemals gefunden wurden. Diese Entdeckung bringt Astronomen dem Ziel näher, den Moment mitzuerleben, an dem ein Stern überhaupt erst anfängt sich zu bilden.

Endnoten

[1] Heiße Objekte geben den größten Anteil ihrer Strahlung bei kürzeren Wellenlängen und kältere Objekte bei längeren Wellenlängen ab. So sehen zum Beispiel heiße Sterne (mit Temperaturen von ca. 20.000 Kelvin) blau aus. Dagegen sehen kühlere Sterne (mit Temperaturen um die 3000 Kelvin) rot aus. Eine Staubwolke mit einer Temperatur von nur zehn Kelvin hat somit ihr Emissionsmaximum bei einer viel längeren Wellenlänge – etwa 0,3 Millimeter – also in dem Teil des elektromagnetischen Spektrums, in dem APEX sehr empfindlich ist.

Zusatzinformationen

Die Forschungsarbeiten zu Protosternen in dieser Region werden in dem Fachartikel „A Herschel and APEX Census of the Reddest Sources in Orion: Searching for the Youngest” von A. Stutz et al. im Astrophysical Journal behandelt

Die APEX-Beobachtungen, die für dieses Bild verwendet wurden, wurden von Thomas Stanke (ESO), Tom Megeath (University of Toledo, USA), und Amelia Stutz (Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg) geleitet. APEX ist ein Gemeinschaftsprojekt des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR), des Weltraumobservatoriums Onsala (Onsala Space Observatory, OSO) und der ESO, die auch für den Betrieb des Teleskopes verantwortlich zeichnet.

Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner bei den neuartigen Verbundteleskop ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop mit 39 Metern Durchmesser für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird: das European Extremely Large Telescope (E-ELT).

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.
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