Sehr scharf und sehr gut: Astronomisches Messinstrument LUCI erfolgreich getestet

Der LUCI-Spektrograph nach seiner Installation am Teleskop. Sein Hauptteil ist in einem großen Kryostaten-Tank hinter den beiden schwarzen Elektronikboxen im Vordergrund verborgen. Quelle: Landessternwarte Königstuhl

Nach zehnjähriger Entwicklungs- und Bauzeit ist ein neues Universalgerät für astronomische Beobachtungen am größten Einzelteleskop der Welt, dem Large Binocular Telescope in den USA, in seiner endgültigen Ausbaustufe zu einem erfolgreichen Testeinsatz gekommen.

Das hochkomplexe Instrument mit der Bezeichnung LUCI erlaubt es, Bilder und Spektren im Infraroten mit herausragender Qualität aufzunehmen. Entwickelt wurde es von Wissenschaftlern des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) gemeinsam mit Kollegen des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg und des Max-Planck-Instituts für Extraterrestrische Physik in Garching.

In den kommenden Wochen folgen weitere Kalibrationen des Messsystems. Anschließend wird LUCI im allgemeinen Beobachtungsbetrieb der Forschung zur Verfügung stehen. Die damit gewonnenen Daten sollen Einblicke in die „Kinderstube“ von Sternen bieten oder möglicherweise auch die Beobachtung von Planeten erlauben, die um ferne Sterne kreisen.

Das Large Binocular Telescope (LBT) auf dem rund 3.200 Meter hohen Mount Graham in Arizona umfasst als Hauptelemente zwei Spiegel mit einem Durchmesser von jeweils 8,4 Metern, die auf einer gemeinsamen Montierung sitzen. Das LBT erreicht so das Lichtsammelvermögen eines Zwölf-Meter-Teleskops und ist damit das derzeit größte Einzelteleskop der Welt.

Um sein Potential optimal nutzen zu können, entwickeln Astrophysiker und Ingenieure spezielle Messinstrumente, zu denen auch LUCI gehört; die Abkürzung steht für „Large Binocular Telescope Near-infrared Utility with Camera and Integral Field“.

Das Universalgerät kann sowohl Infrarot-Bilder einer Himmelsregion aufnehmen als auch das Licht einzelner Objekte spektral zerlegen, wie Dr. Walter Seifert erläutert. Der Wissenschaftler von der Landessternwarte Königstuhl, die zum ZAH gehört, hat an der Entwicklung von LUCI von Beginn an maßgeblich mitgewirkt.

Die Forscher sind davon ausgegangen, dass das LBT weitaus schärfere Bilder liefern müsste als das Weltraumteleskop Hubble. Das war lange Zeit jedoch nicht der Fall, denn durch Turbulenzen in der Erdatmosphäre, die auch für das Funkeln der Sterne verantwortlich sind, werden die Bilder von Sternen und Galaxien erheblich „verschmiert“.

Eine neue Technologie mit einem Sekundärspiegel – als Adaptive Optik bezeichnet – ermöglicht es jedoch, diesen Effekt am Large Binocular Telescope weitgehend auszugleichen. Bereits vor fünf Jahren lieferte das LBT erste superscharfe Aufnahmen mit einer Testkamera. Neu ist nun, dass diese Qualität auch mit der komplexen Messmaschine LUCI erreicht wird, obwohl das Licht der Objekte erst zahlreiche Linsen und Spiegel passieren muss, ehe der Detektor das Signal aus dem Kosmos registriert.

Die gesamte Optik befindet sich dabei in einem sogenannten Kryostaten, der die Komponenten von LUCI auf minus 200 Grad Celsius kühlt. „Dies ist notwendig, um störende infrarote Wärmestrahlung der verschiedenen Bauteile zu vermeiden, die das extrem schwache Infrarotlicht der untersuchten astronomischen Objekte sonst überstrahlen würde“, erläutert Prof. Dr. Jochen Heidt von der Landessternwarte Königstuhl.

Der Heidelberger Astronom hat die jüngsten Testbeobachtungen durchgeführt, die nach seinen Worten „fantastische Ergebnisse“ geliefert haben. Danach sind die optischen Komponenten perfekt konzipiert und eingestellt. „Sie liefern im Infrarot-Bereich definitiv bessere Ergebnisse als Hubble“, unterstreicht Prof. Heidt. LUCI besteht aus zwei speziellen Kameras, die für infrarote Direktaufnahmen des Himmels und der Spektroskopie astronomischer Objekte eingesetzt werden.

Eine dritte Kamera wurde für die Aufnahme von besonders scharfen Bildern konzipiert und kommt in Kombination mit dem adaptiven Teleskop-Sekundärspiegel des LBT nun erstmals zum Einsatz. Sie nutzt die volle optische Auflösung des Teleskops. Eine herausragende Besonderheit von LUCI sind nach Angaben von Prof. Heidt die zehn festen und bis zu 23 austauschbaren Masken, die für die Langspalt- und Multi-Objekt-Spektroskopie eingesetzt werden.

Diese am Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik entwickelte Technologie macht es möglich, bis zu zwei Dutzend Objekte gleichzeitig zu beobachten. Dabei können die Masken auch bei einer tiefen Arbeitstemperatur ohne mehrtägige Aufwärm- und Abkühlphase des gesamten LUCI-Instruments ausgetauscht werden.

Nach den abschließenden Kalibrationen des Messsystems wird LUCI unter anderem bei Untersuchungen weit entfernter Galaxien zum Einsatz kommen, deren Licht durch die kosmische Rotverschiebung im infraroten Spektralbereich zu finden ist. LUCI soll auch Einblicke in die Geburtsstätten von Sternen ermöglichen, die von intergalaktischem Staub eingehüllt sind, den nur infrarotes Licht durchdringen kann.

Die Wissenschaftler erhoffen sich außerdem neue Erkenntnisse zur Entstehung von Planeten, die ferne Sterne umkreisen. An der Entwicklung und dem Bau von LUCI haben neben den Experten der Landessternwarte Königstuhl und der beiden Max-Planck-Institute weitere Partner mitgewirkt. Dies sind Wissenschaftler der Hochschule Mannheim und des Astronomischen Instituts der Ruhr-Universität Bochum. Das LUCI-Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Verbundforschungsprojekt finanziell gefördert.

Kontakt:
Dr. Guido Thimm
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH)
Telefon (06221) 54-1805
thimm@zah.uni-heidelberg.de

Universität Heidelberg
Kommunikation und Marketing
Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
presse@rektorat.uni-heidelberg.de

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