Schnelles Gold

Der Laserpuls (1.3 J @ 35f) wird auf eine 14nm dicke Goldfolie fokussiert. Das Bild zeigt die maximale Ionenenergie in Abhängigkeit ihrer Ionisationsstufe - wie sie im Experiment gemessen wurden (pinke Quadrate). Das Bild zeigt darüber hinaus die gute Übereinstimmung mit unseren 2D-PIC Simulation (schwarze Quadrate) - wie auch einen Vergleich zwischen der Voraussage des alten theoretischen Models (schwarze Linie) - und dem von uns neu entwickeltem Model (blaue Linie). Quelle: MBI

Wir alle sind aus Sternenstaub gemacht – dieses poetische Bild enthält eine Menge an (noch) unbekannter, spannender Physik, die der Dichter vielleicht eigentlich nicht erzählen wollte. Unter den Top 10 der ungeklärten Fragen der Physik, rangiert auch die Frage nach der Entstehung der schweren Elemente – Bestandteil des Sternenstaubs.

Einen tiefen Einblick in das Innere der schweren Teilchen und ihrer Synthese, kann man bisher nur erhaschen, wenn sie bei extrem hohen Geschwindigkeiten aufeinanderprallen und man die dadurch entstandenen Fragmente ihrer Atomkerne analysiert. Nicht nur die Kernphysiker haben Interesse an schnellen Schwerionen sondern sie sind auch in der Materialforschung und der Medizinforschung gefragt.

Produziert werden diese Ionenstrahlen mit Teilchenbeschleunigern, die zu den größten und komplexesten Maschinen der Welt gehören. Das motiviert natürlich auch die Suche nach neuen technischen Konzepten oder ihre Verbesserung.

Ein alternativer Weg zur konventionellen Beschleunigertechnologie ist die Teilchenbeschleunigung durch ein Laser erzeugtes Plasma. Dazu benötigt man Laserintensitäten im sogenannten relativistischen Bereich, hier beschleunigt ein intensiver Laserpuls Elektronen bis fast auf Lichtgeschwindigkeit.

Die Laser-Plasma Interaktion ist dabei durch relativistische Effekte der Elektronen-Photonen Wechselwirkung bestimmt. Ein einzelner Laserpuls erzeugt in einem räumlich sehr begrenzten Plasma enorm hohe, gerichtete Feldstärken in der Größenordnung von bis zu einigen Megavolt pro Mikrometer. In diesen Feldern können geladene Teilchen auf einer relativ kurzen Wegstrecke auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden, so z.B. auch Goldionen.

Die Herausforderung bei der Schwerionenbeschleunigung ergibt sich direkt aus einem Grundprinzip: Ionen werden proportional zu ihrem Ladungs/Masse Z/A) beschleunigt, das zu höheren kinetische Energien (~MeV/u) für leichtere Elemente führt, da es schwierig ist hohe Ionisationstufen bei schweren Elementen zu erreichen.

Genau diesen Punkt konnten wir durch freistehende, ultradünne Goldfolien überwinden: Sie lieferten einen unerwarteten hohen Grad und eine spezifische Verteilung der Ionisation für das schwere Material (Z> 40 für Gold), so dass eine enorme, abstoßende Ladung wirkt und zur Beschleunigung der schweren Ionen über eine Coulomb Explosion führt.

Verglichen zu vorangegangenen Experimenten konnten wir kinetische Energien der Goldionen mit 1 MeV pro Nukleon mit einer Ordnung geringerer Laserenergie erzeugen.

Bisher übliche Laser Plasma Beschleunigungsmodelle nehmen eine gemittelte Ionisierung an, aus der eine fixierte räumlich uniforme Elektronendichte folgt. Unsere theoretischen Analysen der experimentellen Resultate (siehe Bild) zeigen eine schichtweise unterschiedliche Ionisierung der Targetfolie, wobei Atome mit der höchsten Ionisierung sich an den Rändern der Folien befinden. Dadurch wird dort eine extrem hohe Raumladung erzeugt – die abstoßend auf die stark positiv geladenen, schweren Ionen wirkt – und diese zusätzlich beschleunigt.

Extrapoliert man unsere Erkenntnisse in den Parameterbereich für ein richtiges Kollisionsexperiment mit schnellen schweren Ionen, werden Femtosekundenlaser mit Pulsenergien von 100 J benötigt.

Originalpublikation: Physical Review Letters

Vollständige Zitation:
J. Braenzel, A.A. Andreev, K. Platonov, M. Klingsporn, L. Ehrentraut, W. Sandner, M. Schnuerer, „Coulomb-Driven Energy Boost of Heavy Ions for Laser-Plasma Acceleration“, Physical Review Letters 114, 124801 (2015)

Kontakt

Julia Braenzel
Dr. Matthias Schnuerer

http://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.114.124801

Media Contact

Saskia Donath Forschungsverbund Berlin e.V.

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