Neues Feld der Nanophotonik – Stuttgarter Physiker erforschen Stereometamaterialien

Physiker am 4. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart unter Leitung von Prof. Harald Giessen haben diese Ideen aus der Chemie aufgegriffen und auf das Gebiet der Nano-Optik und Photonik übertragen. Über die Ergebnisse berichtet die führende Zeitschrift „Nature Photonics“ in ihrer Märzausgabe im Rahmen der Titelgeschichte.*)

Gemeinsam mit Kollegen der Nanjing University/China stellten die Stuttgarter Wissenschaftler winzige Metall-Nanostrukturen her, die nur etwa 100 Nanometer groß waren. Diese ordneten sie auf verschiedene Arten räumlich dreidimensional an, und zwar so, dass sich die einzelnen Anordnungen nicht durch Drehungen oder Spiegelungen ineinander überführen ließen. Als Bausteine dienten dabei U-förmige so genannte Split-Ring-Resonatoren aus Gold, die auch schon als Bausteine für Metamaterialien bekannt geworden sind.

Es stellte sich heraus, dass bei der Verdrehung der einzelnen Elemente gegeneinander die elektronischen und optischen Eigenschaften stark variierten. Das grundlegend neue Element bei diesen „Stereometamaterialien“ ist eine zusätzliche magnetische Kopplung der einzelnen Bausteine untereinander, die gewöhnlich in Molekülen nicht auftritt. Dort dominieren üblicherweise die elektrischen Eigenschaften. In metallischen Metamaterialien hingegen können die magnetischen Effekte um ein Vielfaches größer sein als in Molekülen.

Durch Variation des Verdrillwinkels lassen sich die Verhältnisse von elektrischer und magnetischer Kopplung sehr genau einstellen. Bei einer Verdrillung von ungefähr 60 Grad kompensieren sich die elektrischen und magnetischen Effekte ziemlich genau. Dann treten die höheren Ordnungen der Wechselwirkung, nämlich Quadrupol- und Oktupoleffekte zutage, die in Molekülen nur schwer zu finden sind.

Die Stuttgarter Gruppe stellte eine ganze Serie von Stereometamaterialien her. Sie bediente sich dabei eines Verfahrens, wie es auch in der Halbleiterchip-Industrie verwendet wird: Lage für Lage werden Metallnanostrukturen übereinander gestapelt mit dielektrischen isolierenden Abstandsschichten dazwischen. Die Forscher versprechen sich von ihrer Arbeit die Erschließung eines ganz neuen Feldes in der Nanophotonik, bei dem sowohl die räumliche Anordnung als auch die elektrischen und magnetischen Eigenschaften der Nanostrukturen in zukünftige Strukturen mit integriert werden. Anwendungen ähnlich der Flüssigkristalle zur chiralen (das heiß rechts- und linkshändischen) Beeinflussung der Polarisation oder bei der Effizienzsteigerung von Solarzellen mithilfe der Elektronenschwingungen in den Metall-Nanostrukturen könnten die Folge sein.

*) Na Liu, Hui Liu, Shining Zhu and Harald Giessen: „Stereometamaterials“, Nature Photonics, advance online publication 22. Feb. 2009,

DOI: http://dx.doi.org/10.1038/NPHOTON.2009.4

Weitere Informationen bei Prof. Harald Giessen, 4. Physikalisches Institut, Tel. 0711/685-65111, e-mail giessen@physik.uni-stuttgart.de

Media Contact

Ursula Zitzler idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer