Neuer Quantenspeicher in Sicht

Speicherkandidat mit leuchtender Zukunft: Max-Planck-Forscher haben mit ausgeklügelter Mikroskopie- und Lasertechnik einzelne Praseodymionen im Kristall eines Yttriumorthosilikats adressiert. Das eröffnet die Möglichkeit, Quanteninformation in diesen Ionen zu speichern, die gegenüber anderen Speicherkandidaten einige Vorteile haben. © MPI für die Physik des Lichts

Als Kandidat für einen Quantenspeicher positioniert sich ein vielversprechendes Material. Einem Team des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts in Erlangen ist es erstmals gelungen, einzelne Ionen seltener Erden in einem Kristall präzise zu lokalisieren und ihre quantenmechanischen Energiezustände genau zu vermessen.

Mit Hilfe ausgefeilter Laser- und Mikroskopietechnik haben sie die Position dreifach positiv geladener Praseodymatome (Pr3+) in einem Yttriumorthosilikat auf wenige Nanometer genau bestimmt und ihre schwache Wechselwirkung mit Licht untersucht. Die Arbeit kann einen wichtigen Beitrag für künftige Quantencomputer leisten – denn die untersuchten Ionen eignen sich unter anderem zum Speichern und Verarbeiten von Quanteninformationen.

Weltweit arbeiten zahlreiche Wissenschaftler an Bausteinen für künftige Quantencomputer, mit denen sich Informationen wesentlich schneller als heute verarbeiten lassen. Zu den zentralen Elementen dieser Superrechner gehören Quantensysteme mit atomähnlichen optischen Eigenschaften – darum stehen derzeit Quantenpunkte oder lichterzeugende Defekte („Color Centers“) in Diamanten im Mittelpunkt des Interesses vieler Forscher.

Allerdings sind ihre Eigenschaften nicht optimal für den Einsatz in Quantencomputern: „Manche der Lichtquellen verlieren ihre Leuchtkraft oder flackern auf unkontrollierte Weise“, erklärt Vahid Sandoghdar, der die Abteilung Nanooptik am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen leitet. „Andere werden stark von der Umgebung gestört, in die sie eingebettet sind.“

Schon lange war bekannt, dass die Ionen Seltener Erden wie Neodym oder Erbium nicht unter solchen Problemen leiden – darum spielen sie heute in Lasern und Laserverstärkern eine zentrale Rolle. Allerdings geben sie nur wenig Licht ab und sind darum sehr schwer zu detektieren. Genau das ist Tobias Utikal, Emanuel Eichhammer und Stephan Götzinger aus Sandoghdars Gruppe in Erlangen nun aber gelungen:

Nach mehr als sechs Jahren intensiver Forschung konnten sie einzelne Ionen des Seltenerdmetalls Praseodym nachweisen, auf wenige Nanometer genau lokalisieren und ihre optischen Eigenschaften mit bisher nie erreichter Genauigkeit vermessen. Mit ihrem Experiment ist es ihnen gelungen, die Signale eines einzelnen Pr3+-Ions zu sehen.

Die dreifach positiv geladenen Ionen waren in winzige Mikro- und Nanokristalle aus Yttriumorthosilikat (YSO) eingebettet. Je nach ihrer Position im Kristall schwankte ihre Energie minimal – sie reagierten auf leicht unterschiedliche Frequenzen. Das nutzten die Wissenschaftler, um mit einem Laser einzelne Ionen in den Kristallen anzuregen und zu beobachten, wie sie die Energie nach einiger Zeit in Form von Lichtstrahlen wieder abgeben.

„Weil die Ionen der Seltenen Erden nicht stark von den thermischen und akustischen Schwingungen des Kristalls beeinflusst werden, sind einige ihrer Energiezustände ungewöhnlich stabil“, sagt Sandoghdar. „Es dauert länger als eine Minute, bevor sie wieder in den Grundzustand übergehen – millionenfach länger als bei den meisten anderen heute untersuchten Quantensystemen.“ Da sich in den verschiedenen Energiezuständen eines Atoms oder Ions Quanteninformation speichern lässt, eignen sich die Pr3+-Ionen beispielsweise als Speicher für Quantencomputer.

In Zukunft sollen die Signale der Ionen noch besser zu sehen sein. Da ein einzelnes Ion im Moment mit weniger als 100 Photonen pro Sekunde antwortet, wollen die Erlanger Wissenschaftler das Praseodym-Signal mit Nano-Antennen und Mikro-Resonatoren um das Hundert- oder Tausendfache verstärken.

Ansprechpartner 

Ph.D., Prof. Vahid Sandoghdar
Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, Erlangen
Telefon: +49 09131 6877-200
Fax: +49 09131 6877-209
E-Mail:vahid.sandoghdar@mpl.mpg.de
 

Originalpublikation

 
Tobias Utikal, Emanuel Eichhammer, Lutz Petersen, Alois Renn, Stephan Götzinger und Vahid Sandoghdar
Nature communications, 11. April 2014; doi:10.1038/ncomms4627

Media Contact

Ph.D., Prof. Vahid Sandoghdar Max-Planck-Institut

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