Was Nanodrähte so anziehend macht

Die „Anziehungskraft“ winzigster Nanodrähte beruht für Prof. Dr. Carsten Ronning nicht nur auf seinen besonderen wissenschaftlichen Interessen. Dem Physiker von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, zu dessen Forschungsschwerpunkten Halbleiter-Nanodrähte gehören, ist es jetzt erstmals gelungen, eindeutig nachzuweisen, dass Kobalt-dotierte Nanodrähte aus Zinkoxid intrinsische ferromagnetische Eigenschaften besitzen.

„Im Prinzip funktionieren diese wie winzige Stabmagneten“, erläutert der Inhaber des Lehrstuhls für Festkörperphysik. Seine Forschungsergebnisse, die in enger Zusammenarbeit mit Kollegen der Chinese University of Hongkong entstanden sind, werden in der aktuellen Online Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology“ veröffentlicht.

Die Herstellung magnetischer Halbleiter-Nanodrähte ist bisher reine Grundlagenforschung, wie Ronning betont. Doch mittelfristig „können wir damit möglicherweise helfen, die Tür zur Spintronik aufzustoßen.“ Mit „Spintronik“ wird ein neues Gebiet der Halbleiterphysik bezeichnet: Während die traditionelle Halbleiterelektronik auf den elektrischen Ladungen der Elektronen beruht, nutzt die Spintronik zusätzlich den Spin – den Eigen-Drehimpuls – der Elektronen aus. „Dieser Impuls kann in zwei verschiedenen Richtungen auftreten, woraus ein magnetisches Moment resultiert“, erläutert Prof. Ronning.

Diese Neuentwicklung hätte handfeste Vorteile. So benötigen gängige elektronische Bauelemente etwa 10.000 bis 100.000 Elektronen für einen einzelnen Schaltvorgang. Halbleiterbauelemente, die nur den Spin von Elektronen schalten, kommen mit einem einzelnen Elektron aus, um die notwendige Information zu transportieren. „Das bedeutet, dass Spintronik-Halbleiter sehr viel schneller schalten könnten, als herkömmliche elektronische Bauelemente“, so Ronning. Zudem würden diese mit einem Bruchteil an Strom auskommen.

Voraussetzung für die praktische Weiterentwicklung der Spintronik ist jedoch, dass sich Halbleiter mit intrinsischen ferromagnetischen Eigenschaften überhaupt herstellen lassen. Daran wird seit rund einem Jahrzehnt weltweit intensiv geforscht – bislang jedoch mit mäßigem Erfolg. „Bisher gab es keine Methode, die eindeutig den intrinsischen Ferromagnetismus nachweisen konnte.“ Dank der Jenaer Physiker und ihrer chinesischen Kollegen ist man nun einen entscheidenden Schritt weiter.

Für die vorliegende Arbeit hat Prof. Ronning und sein Team das Jenaer Knowhow in der Herstellung von Halbleiter-Nanostrukturen und deren optischer Charakterisierung genutzt und Zinkoxid-Drähte dotiert. Diese wurden dann von den chinesischen Kollegen um Prof. Dr. Quan Li, eine ausgewiesene Expertin im Bereich Elektronenmikroskopie, auf ihre magnetischen Eigenschaften untersucht. „Wir haben festgestellt, dass die Kobalt-Dotierung den Nanodrähten intrinsische ferromagnetische Eigenschaften verleiht, während Eisen das nicht kann“, kommentiert Prof. Li das überraschende Ergebnis. Weitere Untersuchungen sollen nun klären, worauf diese Unterschiede beruhen.

Die Originalpublikation „Evidence of intrinsic ferromagnetism in individual dilute magnetic semiconducting nanostructures“ ist ab heute (19 Uhr) abrufbar unter: http://www.nature.com/doifinder/10.1038/nnano.2009.181

Kontakt:
Prof. Dr. Carsten Ronning
Institut für Festkörperphysik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Helmholtzweg 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 947300
E-Mail: carsten.ronning@uni-jena.de

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