Mars-Dünen unterliegen jahreszeitlichen Umgestaltungen

Diese HiRISE-Aufnahme belegt die Bewegung eines Dünenfeldes in der nördlichen Polarregion des Mars. Die schwarzen Bereiche weisen auf heftige Gasemissionen hin. Foto: NASA/JPL/University of Arizona<br>

Dafür verantwortlich ist eine gefrorene CO2-Schicht auf den Dünen, die zeitweise gasförmig wird. Dies hat eine Studie ergeben, an der auch Forschende des Physikalischen Instituts der Universität Bern beteiligt sind. Sie wird nun in «Science» publiziert.

Die Sanddünen in der nördlichen Polarregion des Mars bedecken mit 845’000 Quadratkilometern eine Fläche, die mehr als 20 Mal grösser ist als die Schweiz. Bislang nahmen Planetenforscher an, dass die ausgedehnten, erstarrten Dünen vor langer Zeit geformt wurden, als es auf dem Mars stärkere Winde gegeben haben soll als heute. Seitdem hätten sie sich kaum verändert.

Neue Bilder der Kamera des «High Resolution Imaging Science Experiment» (HiRISE) an Bord der NASA-Raumsonde «Mars Reconnaissance Orbiter» erzählen jedoch eine andere Geschichte: «Dünen in der nördlichen Polarregion des Mars zeigen innerhalb nur eines Marsjahres erhebliche Veränderungen», sagt Nicolas Thomas von der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie der Universität Bern und Mitglied des HiRISE-Teams. Die Studienergebnisse erscheinen am 4. Februar in der Fachzeitschrift «Science».

Gewaltige Sandlawinen beobachtet

Das internationale Team verglich HiRISE-Bilder, die während mehr als zwei Marsjahren – was etwa vier Erdjahren entspricht – aufgenommen wurden. Dabei stellte sich heraus, dass die Dünen in höheren Breiten durchaus Veränderungen unterliegen und somit keineswegs stark verkrustet oder zu Eis erstarrt sind. Das Ausmass der Erosion innerhalb nur eines Jahres ist gemäss den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstaunlich: An einigen Stellen seien Hunderte von Kubikmetern Sand als Lawinen am Dünenhang abgegangen.

Laut Nicolas Thomas ist eine Schicht aus gefrorenem Kohlendioxid, auch als Trockeneis bekannt, das die Polarregion im Winter überzieht, für die jährlich wiederkehrenden Erosionsprozesse an den Dünen verantwortlich: «Das gefrorene Kohlendioxid geht im Frühling vom festen in den gasförmigen Zustand über. Diese so genannte Sublimation destabilisiert den Dünensand, so dass es zu Sandlawinen kommt, und sich die Oberfläche neu strukturiert.» Thomas und sein Berner Team werden diesen Prozess und das Ausmass der Effekte demnächst als Computermodell darstellen können.

Die ominöse Rolle des Windes

Besonders überraschend war die Entdeckung, dass Spuren vergangener Sandlawinen innerhalb nur eines Marsjahres durch wellenförmige Bewegungen teilweise ausgelöscht werden können. Denn die von Modellen der Marsatmosphäre vorhergesagten Windgeschwindigkeiten reichen nicht aus, um Sandpartikel anzuheben. Ausserdem zeigen Daten von Mars-Landeeinheiten, dass starke Winde in niedrigeren Breiten seltene Ereignisse sind. Die Forschenden vermuten deshalb, dass es das polare Wetter ist, das häufiger zu hohen Windgeschwindigkeiten führt. Sie erhoffen sich von künftigen Abbildungen der HiRISE-Kamera, die seit 2006 den Mars umkreist, weitere Erkenntnisse zur Rolle des Windes im gegenwärtigen Mars-Klima. Denn das Verständnis heutiger Veränderungen sei ein wichtiger erster Schritt, um grundlegende Prozesse auf Planeten aufzudecken und verstehen zu können, wie sich das Klima auf dem Mars über die Zeit verändert hat.

Quellenangabe:
C. J. Hansen, M. Bourke, N. T. Bridges, S. Byrne, C. Colon, S. Diniega, C. Dundas, K. Herkenhoff, A. McEwen, M. Mellon, G. Portyankina, N. Thomas: Seasonal Erosion and Restoration of Mars’ Northern Polar Dunes. Science, 4. Februar 2011, in print.
Weitere Auskunft:
Prof. Dr. Nicolas Thomas, Abteilung Weltraumforschung und Planetologie der Universität Bern, Sidlerstrasse 5, CH-3012 Bern, Tel. +41 (0)31 631 44 06, nicolas.thomas@space.unibe.ch

Media Contact

Daniela Baumann Universität Bern

Weitere Informationen:

http://www.unibe.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer