Magnetische Monopole erstmals nachgewiesen

Veranschaulichung der \"Spin-Spaghetti\" aus Dirac-Strings. HZB / D.J.P. Morris & A. Tennant<br>

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) haben in Kooperation mit Kollegen aus Dresden, St. Andrews (UK), La Plata (Argentinien) und Oxford (UK) erstmals magnetische Monopole nachgewiesen sowie deren Erzeugung in fester Materie beobachtet. Sie veröffentlichen dies in der Zeitschrift Science, im online erscheinenden Science Express vom 3. September.

Als magnetischen Monopol bezeichnen Physiker hypothetische Teilchen, die nur einen magnetischen Pol tragen, also entweder nur magnetischer Nordpol oder nur magnetischer Südpol sind. In der Welt der Materie ist dies ganz und gar ungewöhnlich, denn normalerweise treten magnetische Teilchen nur als Dipol auf, das heißt, sie bestehen aus einem Nord- und Südpol. Trotzdem existieren einige Theorien, welche die Existenz von Monopolen als Quelle von Magnetfeldern vorhersagen. Unter anderem hat 1931 der Physiker Paul Dirac aus Berechnungen abgeleitet, dass magnetische Monopole am Ende von sogenannten Dirac-Strings existieren müssten. Diese kann man sich als Schläuche vorstellen, die das magnetische Feld tragen. Nachgewiesen wurden magnetische Monopole bislang nicht.

Jonathan Morris, Alan Tennant und Kollegen (HZB) führten ein Neutronenstreu-Experiment am Berliner Forschungsreaktor durch. Das Untersuchungsmaterial war ein Kristall aus Dysprosium-Titanat. Dieser Stoff kristallisiert in einer ganz bestimmten Geometrie, einem so genannten Pyrochlor-Gitter. Mithilfe der Neutronenstreuung konnten Morris und Tennant zeigen, dass die magnetischen Momente im Inneren des Materials als sogenannte „Spin-Spaghetti“ angeordnet sind. Der Name kommt von der Ausrichtung der Dipole, die ein Netzwerk aus gewundenen Röhren (Strings) bilden. Durch diese Röhren wird der magnetische Fluss transportiert. Dies kann man sichtbar machen, weil die Neutronen, die auf die Probe treffen, selbst ein magnetisches Moment tragen und mit den Strings in Wechselwirkung treten.

Während der Neutronenmessungen haben die Forscher zugleich ein Magnetfeld angelegt. Mit diesem Feld konnten sie die Symmetrie und die Orientierung der Strings beeinflussen. Dadurch wurde es möglich, die Dichte des String-Netzwerks zu reduzieren und die Anzahl der Monopole zu verringern. Als Ergebnis wurden bei einer Temperatur von 0,6 bis 2 Kelvin die Strings mit den magnetischen Monopolen an ihren Enden sichtbar.

Die charakteristischen Merkmale dieser magnetischen Monopole wurden ebenso durch Messungen der Wärmekapazität an Dysprosium-Titanat beobachtet. Die von Bastian Klemke (HZB) durchgeführten Messungen bestätigen die Existenz der magnetischen Monopole und zeigen, dass sie ähnlich wie elektrische Ladungen wechselwirken können.

In der Arbeit beweisen die Forscher erstmals, dass die von Dirac vorhergesagten Monopole tatsächlich in Festkörpern existieren. Sie entstehen durch eine spezielle Anordnung der Dipole und unterscheiden sich vollkommen von den üblichen Eigenschaften magnetischer Materialien. Doch neben dieser grundlegenden Erkenntnis betont Jonathan Morris vor allem die weitergehende Bedeutung der Resultate: „Wir beschreiben neue, fundamentale Eigenschaften von Materie. Sie sind allgemeingültig für Materialien mit derselben Topologie, also Stoffe mit magnetischen Momenten im Pyrochlor-Gitter. Für die Entwicklung neuer Technologien könnte dies von großer Bedeutung sein.“ Vor allem sei hervorzuheben, dass „erstmals eine magnetische Fraktionalisierung in drei Dimensionen beobachtet wurde“.

Weitere Informationen:
HZB
Glienicker Str. 100
14109 Berlin
Dr. Jonathan Morris
Tel.: 030-8062-3150
jonathan.morris@helmholtz-berlin.de
Prof. Dr. Alan Tennant
Tel.: 030-8062-2741
tennant@helmholtz-berlin.de
Pressestelle:
Dr. Ina Helms
Tel.: 030 / 8062-2034
ina.helms@helmholtz-berlin.de

Media Contact

Dr. Ina Helms Helmholtz-Zentrum

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer