Lichtteilchen können miteinander kollidieren

Schematische Darstellung eines aufgezeichneten Kollisionsereignisses mit zwei Lichtteilchen am ATLAS-Experiment vom 12. Dezember 2015 Foto/©: ATLAS Collaboration

Teilchenphysiker am Forschungszentrum CERN bei Genf haben eine 80 Jahre alte Annahme über die Streuung von Lichtteilchen an Lichtteilchen zum ersten Mal in Teilchenkollisionen experimentell beobachtet. So wurde bestätigt, dass die Lichtteilchen, genannt Photonen, wenn sie aufeinandertreffen, miteinander wechselwirken können.

Nach klassischer Theorie ist eine solche Wechselwirkung von Lichtstrahlen nicht erlaubt – sie fliegen einfach durcheinander hindurch. Die deutschen Physiker Werner Heisenberg und Hans Euler hatten allerdings bereits 1935 im Rahmen der Quantenelektrodynamik eine Vorhersage getroffen, dass in ganz seltenen Fällen die Möglichkeit einer Wechselwirkung besteht. Im Rahmen des ATLAS-Experiments am CERN konnten Wissenschaftler aus der Kollision von Blei-Ionen zum ersten Mal die Interaktion von Lichtteilchen und ihre Streuung feststellen.

„Wir haben eine unglaublich schöne Messung erhalten“, sagt Prof. Dr. Matthias Schott von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) zu den Ergebnissen. Der Teilchenphysiker war mit seiner Arbeitsgruppe und Forschern des Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY Hamburg sowie der AGH Universität Krakau wesentlich an der Messung der Licht-an-Licht-Streuung beteiligt.

Mit den Maxwellschen Gleichungen legte der schottische Physiker James Clerk Maxwell 1880 den Grundstein für das klassische Verständnis von Licht, was eigentlich eine Streuung von Licht an Licht verbietet. Die Berücksichtigung von Quanteneffekten, die sowohl das Elektron als auch sein Antiteilchen, das Positron, beinhalten, führte dann 1935 zur Abänderung der Maxwellschen Gleichungen durch Euler und Heisenberg. „Jetzt haben wir vor wenigen Wochen am Large Hadron Collider des CERN den endgültigen Durchbruch erreicht und konnten dort zum ersten Mal einen Hinweis sehen, wie Lichtteilchen miteinander wechselwirken“ erklärt Matthias Schott mit einem Hinweis darauf, dass solche Ereignisse sehr selten vorkommen.

Bei den Experimenten zur Licht-an-Licht-Streuung wurden im Large Hadron Collider (LHC), dem weltweit größten Teilchenbeschleuniger, zwei Teilchenstrahlen mit Blei-Ionen bei einer Schwerpunktsenergie von 5 Teraelektronenvolt (TeV) zur Kollision gebracht. Diese hochrelativistischen Blei-Ionen haben in der Nähe des Atomkerns ein sehr hohes elektrisches Feld, das effektiv als Strahl von Lichtteilchen angesehen werden kann.

Bei sehr wenigen Kollisionsereignissen kommen sich Blei-Ionen so nahe, dass sie zwar selbst nicht in der Kollision zerbrechen, aber zwei ihrer begleitenden Lichtteilchen aneinander gestreut werden und im ATLAS-Detektor nachgewiesen werden können. Insgesamt konnten 13 Ereignisse mit der entsprechenden Signatur in den Daten des ATLAS-Detektors aus dem Jahr 2015 ermittelt werden. Die Ergebnisse wurden nun am CERN vorgestellt.

Nach einer zweijährigen Umbaupause ist der Large Hadron Collider im April 2015 wieder in Betrieb gegangen. Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sind insbesondere am ATLAS-Experiment beteiligt, einem der vier großen Experimente am LHC. Der Detektor kann Teilchen, die bei den Protonen- oder Blei-Kollisionen entstehen, feststellen und präzise vermessen. Matthias Schott ist Lichtenberg-Professor und Leiter einer Emmy Noether-Nachwuchsgruppe an der JGU. Seine Forschungen im Bereich der Experimentellen Teilchen- und Astroteilchenphysik (ETAP) befassen sich insbesondere mit grundlegenden Fragen zu den Bausteinen der Materie.

Weitere Informationen:
Juniorprof. Dr. Matthias Schott
Experimentelle Teilchen- und Astroteilchenphysik (ETAP)
Institut für Physik
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-25985
E-Mail: mschott@cern.ch
http://www.lichtenberg.physik.uni-mainz.de/

Weitere Links:
http://www.uni-mainz.de/presse/54945.php (Pressemitteilung vom 29.01.2013 „Matthias Schott ist neuer Lichtenberg-Professor für Experimentelle Teilchenphysik“)
http://www.gfk.uni-mainz.de/746.php

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Petra Giegerich idw - Informationsdienst Wissenschaft

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