Lebenserwartung steigt an – auch bei Quantenzuständen

Konkret wurde in Silizium-Germanium-Strukturen (SiGe) die sogenannte Intersubband-Relaxationszeit von Ladungszuständen gemessen, die im Bereich von Pikosekunden liegt.

Gleichzeitig gelang es, diese experimentell zu kontrollieren und zu verlängern. Die jetzt in Physical Review Letters publizierte Arbeit geht somit, auch dank Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF, einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Datenverarbeitung durch optoelektronische Chips.

Informationen per Lichtquanten (Photonen) zu versenden ist nichts Neues. In jedem Glasfaserkabel geschieht dies mit hoher Effizienz. Doch was über große Distanzen rasend schnell und zuverlässig funktioniert, scheitert im Kleinen.
Eine chip-to-chip-Kommunikation mittels Photonen ist derzeit für die Datenverarbeitung noch nicht machbar. Das Problem: die Photonenquelle. Das heutige Ausgangsmaterial für Computerchips – Silizium – erlaubt aufgrund seiner Halbleiterstruktur keine Erzeugung von Photonen auf konventionellem Weg. Unkonventionell könnte es aber schon gehen – und an genau dieser Lösung arbeitet ein Team des Instituts für Halbleiter- und Festkörperphysik der Universität Linz.

LASER ON A CHIP
Eine mögliche Lösung des Problems stellt der Quantenkaskadenlaser auf Basis einer Silizium-Germanium-Heterostruktur (SiGe) dar, der die Erzeugung von Laserlicht im Infrarotbereich durch quantenphysikalische Effekte erlauben könnte. „Derzeit gibt es noch viele grundlegende Fragen zur Wirkungsweise und zur Kontrolle von SiGe-Heterostrukturen zu klären“, erläutert Dipl.-Ing.
Patrick Rauter, der in der Gruppe von Dr. Thomas Fromherz an der Nutzung dieser Strukturen arbeitet. Ein wesentlicher Parameter dabei ist die sogenannte Intersubband-Relaxationszeit. Diese gibt den Zeitraum an, in dem angeregte Ladungsträger des SiGe auf einem höheren Energieniveau verbleiben, bevor sie in den Ausgangszustand zurückkehren. Die Länge dieses Zeitraums gilt als wichtige Größe für den Quantenkaskadenlaser, da die Verweildauer der Ladungsträger im angeregten Zustand mit der Möglichkeit zur Emission von Licht eng zusammenhängt.

Dipl.-Ing. Rauter gelang es nun mit KollegInnen, diesen Zeitraum exakt zu messen. Dabei unterstützte sie auch die Foundation for Fundamental Research Matter – FOM im niederländischen Rijnhuizen mit ihrem Freie-Elektronen-Laser FELIX. Dessen Laser-Strahl kann in Pikosekundenlänge gepulst werden und ermöglicht dadurch die Messungen von sehr schnellen Vorgängen.

BRUCHTEILE VON BRUCHTEILEN VON SEKUNDEN
Tatsächlich konnte die Gruppe in ihrem experimentellen Design messen, dass die Intersubband-Relaxationszeit zwischen 12 und 25 Pikosekunden dauert, also 12 bis 25 billionstel Sekunden. Zur Messung dieser kurzen Zeiträume wurde der Laser-Strahl von FELIX gesplittet. Ein Strahl wurde zum Anregen der Ladungsträger im SiGe verwendet, der andere diente – mit einer Zeitverzögerung – der eigentlichen Messung. Gemessen wurde dabei ein photoelektrischer Strom, der in Abhängigkeit zur Intersubband- Relaxationszeit steht. Zu den Messungen meint Dipl.-Ing. Rauter weiter: „Wir konnten die intersubband relaxation lifetime sogar kontrolliert verlängern. Dazu legten wir ein äußeres elektrisches Feld an die Probe an, dessen Veränderung es uns erlaubte, die Relaxationszeit zwischen 12 und 25 Pikosekunden stufenlos zu regulieren. Tatsächlich konnten wir die Relaxationszeit verdoppeln, ein vielversprechendes Ergebnis.“

Die nun in Physical Review Letters publizierte Arbeit ist auch Teil des FWF-Spezialforschungsbereichs IR-ON (InfraRed Optical Nanostructures). In diesem befassen sich insgesamt zehn Arbeitsgruppen aus Österreich und Deutschland mit SiGe-Verbindungen, deren Nanostrukturen den Einsatz optoelektronischer Chips ermöglichen sollen. Diesem ist man nun durch die Arbeit von Dipl.-Ing. Rauter und seinen KollegInnen einen Quantensprung – also, einen kleinen Schritt – näher gekommen.

Originalpublikation: Continuous Voltage Tunability of Intersubband Relaxation Times in Coupled Well Structures. P. Rauter, T. Fromherz, N. Q.
Vinh, B. N. Murdin, G. Mussler, D. Grützmacher & G. Bauer, Phys. Rev. Lett.
102, 147401 (2009). DOI: 10.1103/PhysRevLett.102.147401
Wissenschaftlicher Kontakt:
DI Patrick Rauter
Institut für Halbleiter-und Festkörperphysik Universität Linz Altenbergerstr. 69 4040 Linz T +43 / 650 / 2041693 E Patrick.Rauter@jku.at
Der Wissenschaftsfonds FWF:
Mag. Stefan Bernhardt
Haus der Forschung
Sensengasse 1
1090 Wien
T +43 / 1 / 505 67 40 – 8111
E stefan.bernhardt@fwf.ac.at

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