Künstliche magnetische Monopole entdeckt

Dazu verschmolzen die Wissenschaftler winzige magnetische Wirbel, sogenannte Skyrmionen. Am Verschmelzungspunkt konnten die Physiker einen Monopol nachweisen, das ähnliche Eigenschaften hat, wie ein 1931 von Paul Dirac postuliertes Elementarteilchen.

Neben der Grundlagenforschung könnten die Monopole vielleicht auch Anwendungspotential haben. Weltweit wird an der Frage geforscht, ob man mit magnetischen Wirbeln vielleicht einmal Bauelemente für Computer herstellen kann.

Wenn man einen Magneten teilt, entstehen immer neue Magnete mit Nord- und Südpol. Aber ein Monopol, d.h. ein Nordpol ohne Südpol, oder ein Südpol ohne Nordpol wurde noch nicht entdeckt. In der heutigen Ausgabe der Zeitschrift Science beschreiben Forscher aus Dresden, München und Köln die Entdeckung einer neuen Art künstlicher Monopole in einem Festkörper, also von Teilchen, die ähnliche Eigenschaften wie Monopole haben, aber nur innerhalb des Materials existieren.

In den letzten Jahren wurden intensive Materialien untersucht, in denen sich magnetische Wirbel, sogenannte Skyrmionen, ausbilden. Diese Wirbel beeinflussen die Bewegung der Elektronen genau wie magnetische Felder. Deshalb benutzt man künstliche Magnetfelder, um diese Wirbel und die Kräfte auf die Elektronen zu beschreiben. Auch wenn das keine „echten“ Magnetfelder sind, kann man sie trotzdem genau wie normale Magnetfelder experimentell dadurch messen, dass sie Elektronen zur Seite hin ablenken. Die Forscher stellten sich die Frage was passiert, wenn man versucht, die magnetischen Wirbel zu zerstören. Dazu beobachtete die Gruppe um Prof. Eng von der Technischen Universität Dresden die magnetischen Wirbel mit einem magnetischen Kraftmikroskop: eine winzige magnetische Spitze tastet die Oberfläche des Magneten ab, bestimmt die Richtung der Magnetisierung und macht so die ca. 50 Nanometer großen magnetischen Wirbel sichtbar. Dabei wurde an der Oberfläche beobachtet, wie die Wirbel verschmelzen.
Aber was passiert im Inneren des Materials? Messungen mit Neutronen in der Gruppe von Prof. Pfleiderer in München legen nahe, dass dort ähnliche Prozesse ablaufen, aber einzelne Wirbel konnten so nicht beobachtet werden. Deshalb führten Stefan Buhrandt und Christoph Schütte in der Gruppe von Prof. Rosch an der Universität zu Köln Computersimulationen durch. Diese zeigten, dass der im Experiment an der Oberfläche beobachtete Verschmelzungsvorgang benachbarter Wirbel auch im Inneren stattfindet. Die Abbildung zeigt schematisch wie aus zwei magnetischen Wirbeln ein einziger entsteht.

Da jeder Wirbel ein künstliches Magnetfeld mit sich trägt, bedeutet das, dass am Verschmelzungspunkt Magnetfeld erzeugt oder vernichtet wird. „Das bedeutet, dass an dieser Stelle ein künstlicher magnetischer Monopol sitzen muss“, beschreibt Prof. Rosch, „wenn also im Experiment beobachtet wird, wie zwei magnetische Wirbel verschmelzen, dann ist gerade ein künstlicher magnetischer Monopol durch die Oberfläche geflogen“.

In der Teilchenphysik wird schon lange erfolglos nach magnetischen Monopolen gesucht. 1931 postulierte Paul Dirac ein solches Elementarteilchen, um zu erklären warum Elektron und Proton genau entgegengesetzte elektrische Ladungen tragen. Das ist überraschend, da die Bestandteile des Protons und das Elektron ganz unterschiedliche Elementarteilchen sind. Dirac aber argumentierte, dass die Existenz eines einzigen magnetischen Monopols schon ausreichen würde, um zu erklären, dass die Ladungen aller Elementarteilchen quantisiert sein muss, also genau ein ganzzahliges Vielfaches einer Elementarladung sein müssen. Die neu entdeckten künstlichen Monopole erfüllen genau diese Quantisierungsbedingung.

„Es ist faszinierend, dass etwas so Grundlegendes wie ein magnetischer Monopol in einem einfachen Material realisiert werden kann“, beschreibt Stefan Buhrandt. Trotzdem können die künstlichen Monopole nicht Diracs altes Rätsel lösen: nur die Elektronen im Festkörper, nicht aber die Protonen spüren die künstlichen Magnetfelder.

Neben der Grundlagenforschung könnten die Monopole vielleicht auch Anwendungspotential haben. Mehrere Gruppen weltweit forschen zurzeit an der Frage, ob man mit magnetischen Wirbeln vielleicht einmal Bauelemente für Computer herstellen kann. Wenn das gelingt, muss man die Wirbel auch erzeugen und vernichten: dabei können die magnetischen Monopole eine wichtige Rolle spielen.

Bei Rückfragen: Professor Dr. Achim Rosch
0221/470-4994
rosch@thp.uni-koeln.de

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Gabriele Rutzen idw

Weitere Informationen:

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