Graphen: vom Wundermaterial zur Anwendung im Mobilfunk

Der neue CVD-Reaktor »Black Magic« erlaubt am Fraunhofer IAF die Abscheidung von Graphen. Fraunhofer IAF

GSM, UMTS, LTE, WiFi, Bluetooth – um nur eine kleine Auswahl der Funkstandards, die heute selbstverständlicher Bestandteil der mobilen Kommunikation sind, zu nennen. Für alle diese Funkstandards wäre die Signalverarbeitung ohne eine Frequenzfilterung nicht zu schaffen.

Mikroakustische piezoelektrische Resonatoren sind hierfür die am Markt vorherrschende Technologie. Die Theorie sagt für diese Resonatoren beste Schwingungs-eigenschaften voraus, wenn die zur Anregung der Schwingung verwendete Elektrode sehr leicht wird. Der am leichtesten denkbaren Elektrode kommt elektrisch leitfähiges Graphen am nächsten.

»Die heute üblicherweise eingesetzten Metallelektroden dämpfen durch ihre Masse – ähnlich wie Filz auf einer Klaviersaite – die Schwingungen der Resonatoren und mindern die Signaltrennungsschärfe in Bandpassfiltern. Während man die Metallelektroden aber nicht beliebig dünnen kann, um ihre Masse und damit die Dämpfung zu reduzieren, bleibt Graphen selbst als atomar dünne Elektrode immer noch elektrisch leitfähig.«, erklärt Dr. René Hoffmann, der am Fraunhofer IAF die Graphenforschung leitet.

Mit solch dünnen Graphenelektroden rücken die mechanischen Gütefaktoren der Resonatoren nahe an das theoretische Ideal. Schafft man es die Schwingungseigenschaften der piezoelektrischen Resonatoren zu verbessern und höhere Kopplungsfaktoren zu erzielen, steigen die Signaltrennungsschärfe und die Energieeffizienz der Filter. Die Herausforderung dabei ist es, die nahezu masselosen Graphenelektroden mit den gängigen Mobilfunk-Bauteilen aus piezoelektrischem Aluminiumnitrid zu verbinden.

Industrie-kompatible Technologien zur Graphen-Abscheidung

Als einer der Partner im »Graphene Flagship«, der größten Förderinitiative in der Geschichte der Europäischen Union, arbeitet das Fraunhofer IAF in Zusammenarbeit mit der EPCOS AG, einem Unternehmen der TDK Group, an einer effizienten Technologie zur Graphen-Abscheidung und dem Graphen-Transfer auf Aluminiumnitrid.

So erstaunlich es ist, Graphen als atomar dünnes Material überhaupt herstellen und verarbeiten zu können, so schwer ist es, dies in einem industriellen Maßstab zu tun. Viele der möglichen Anwendungen von Graphen scheitern noch, da die Herstellung des Materials noch zu aufwendig ist. Die Entwicklung von wirtschaftlichen Herstellungs- und Verarbeitungstechnologien ist daher ein Muss, um die herausragenden theoretischen Eigenschaften von Graphen in der Praxis zu nutzen.

Ein vielversprechender Ansatz zur Graphen-Abscheidung auf großen Substraten, wie sie in der Halbleiterindustrie typisch sind, ist die chemische Gasphasenabscheidung. Hierbei wird eine Katalysatoroberfläche, zum Beispiel Kupfer, auf nahezu 1000 °C erhitzt, bis sich kohlenstoffhaltiges Gas auf der heißen Oberfläche zersetzt und zu Graphen reorganisiert. Zukünftig soll dieses Prinzip gemeinsam mit EPCOS zur Industrie-kompatiblen Technologie für die direkte Integration von Graphen auf Aluminiumnitrid-basierte Bandpassfilter weiterentwickelt werden.

Über das »Graphene Flagship«

Neben dem Fraunhofer IAF sind noch zwei weitere Fraunhofer-Institute mit an Bord des »Graphene Flagships«, das insgesamt 142 Organisationen aus 23 Ländern umfasst: das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI sowie das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT. Die Forscher am Fraunhofer ICT arbeiten an einer weiteren Art der großtechnischen und kostengünstigen Herstellung von Graphen – nämlich in Form von Graphen-Flakes.

Die Graphen-Experten des Fraunhofer ISI hingegen erstellen für alle Partner des Konsortiums und die Graphen-Community strategische Technologie- und Anwendungs-Roadmaps, mit denen sich wichtige Treiber für die weitere Graphen-Entwicklung sowie künftige Anwendungsfelder besser einschätzen lassen. Dr. Thomas Reiß, Leiter des Competence Centers Neue Technologien am Fraunhofer ISI, wurde außerdem zum Mitglied des Executive Boards des »Graphene Flagships« gewählt.

Mit einer Summe von insgesamt einer Milliarde Euro fördert die Europäische Union Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die Graphen für den europäischen Markt erschließen sollen. (http://graphene-flagship.eu/)

http://www.iaf.fraunhofer.de/de/presse-veranstaltungen/pressemitteilungen/presse…

Media Contact

Sonja Kriependorf Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer