Geburtstag für den „Klimawächter im All“: Zehn Jahre SCIAMACHY auf ENVISAT

Das europäische Satelliteninstrument SCIAMACHY im Einsatz. Grafik: ESA<br>

Runder Geburtstag im All: Seit zehn Jahren ist jetzt der europäische Umweltsatellit ENVISAT auf einer Umlaufbahn um die Erde unterwegs. Mit an Bord ist das „Scanning Imaging Absorption Spectrometer for Atmospheric Chartography“ – kurz SCIAMACHY.

Es kartiert kontinuierlich die Ozonschicht und die Entwicklung des Ozonlochs und hat im zurückliegenden Jahrzehnt zuverlässig wichtige Daten geliefert, die Aufschluss über Phänomene wie das Ozonloch geben. Aber auch die Wirksamkeit von Umweltschutzmaßnahmen oder die Zunahme von Umweltproblemen durch das Wirtschaftswachstum hat SCIAMACHY offenbart. Die wissenschaftliche Leitung der SCIAMACHY-Mission liegt bei Professor John P. Burrows am Institut für Umweltphysik der Universität Bremen. Dort und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen werden die Daten systematisch ausgewertet und interpretiert – Daten, die unser Weltbild im vergangenen Jahrzehnt entscheidend beeinflusst haben.

Der europäische Umweltsatellit ENVISAT ist der größte je gebaute Erdbeobachtungssatellit. Am 28. Februar 2002 wurde er vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus mit einer der ersten Ariane-5-Raketen ins All geschossen. Das SCIAMACHY-Spektrometer, etwa zur Hälfte mit Mitteln des DLR finanziert, nahm seine Arbeit auf. Als Fortsetzung der bereits seit 1996 mit dem Vorgänger-Sensor GOME (auf dem Satelliten ERS-2) durchgeführten Messungen werden die Ozonschicht und die Entwicklung des Ozonlochs kontinuierlich überwacht. Mit durchaus überraschenden Ergebnissen: So wurde zum Beispiel in zwei Wintern – 1996/1997 und 2010/2011 – erstmals ein Ozonloch über dem Nordpol beobachtet. Bis dahin war lediglich das Ozonloch über dem Südpol bekannt, dessen Entdeckung unter anderem zum weltweiten Verbot ozonzerstörender chemischer Stoffe geführt hatte.

Besserer Umweltschutz in Europa

SCIAMACHY beobachtet aber nicht nur Veränderungen in der Ozonschicht. Das Spektrometer ist auch in der Lage, Luftschadstoffe wie Stickstoffdioxid – er entsteht bei Verbrennungsprozessen, vor allem in Kraftwerken und im Straßenverkehr – festzustellen. Mit den Daten aus dem Weltall wurde so für weite Teile Europas eine Verbesserung der Luftqualität durch Umweltschutzmaßnahmen in den vergangenen 15 Jahren nachgewiesen. Eine starke Zunahme von Stickstoffdioxid wurde hingegen in Ländern und Gebieten mit stark wachsender Wirtschaft – insbesondere in China – nachgewiesen.

Quellen und Senken von Treibhausgasen

Die weltweite Verteilung der wichtigen Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan kann SCIAMACHY vom Weltraum aus erstmalig kartieren und damit Informationen über die natürlichen und die „vom Menschen gemachten“ Quellen und Senken dieser Treibhausgase gewinnen. Die systematischen Beobachtungen mit SCIAMACHY haben zur Verbesserung der Bestimmung von Methan aus Feuchtgebieten und zum besseren Verständnis des Kohlenstoffbudgets nördlicher Wälder beigetragen. SCIAMACHY hilft damit, die wichtigen Fragen des Klimawandels genauer zu erforschen und Abhilfe-Maßnahmen zu erarbeiten.

Ein Betrieb von SCIAMACHY und ENVISAT ist bis mindestens 2014 angestrebt. Allerdings geht der Treibstoffvorrat unaufhaltsam zur Neige. Für die Zeit nach SCIAMACHY plant die Europäische Raumfahrtagentur ESA in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und dem Wettersatellitenbetreiber EUMETSAT die sogenannten „Sentinel“-Missionen. Fast alle begonnen Datenreihen werden durch diese Satellitenmissionen fortgesetzt – nur Kohlendioxid, das wichtigste vom Menschen freigesetzte Treibhausgas, kann dann nicht mehr hochauflösend kartiert werden. Deshalb hat ein internationales Wissenschaftlerteam unter der Leitung des Instituts für Umweltphysik der Universität Bremen schon 2010 der ESA CarbonSat als spezialisierte CO2- und Methan-Mission vorgeschlagen. Wird positiv entschieden, könnte CarbonSat 2019 starten. Ob SCIAMACHY auf ENVISAT bis dahin „durchhält“, wird sich zeigen.

Achtung Redaktionen: Eine Langfassung dieser Pressemitteilung mit detaillierteren Informationen zum SCIAMACHY-Projekt finden sie unter www.iup.uni-bremen.de/sciamachy/news/Pressemitteilung_10_Jahre_SCIA_UB_v3_final.pdf. Fotos und Illustrationen zu diesem Thema können Sie bei der Uni-Pressestelle, presse@uni-bremen.de, anfordern.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Fachbereich Physik/Elektrontechnik
Institut für Umweltphysik
Prof. John P. Burrows
Telefon: 0421 218-62100
E-Mail: burrows@iup.physik.uni-bremen.de
Dr. Stefan Noël
Tel.: 0421 218-62090
E-Mail: Stefan.Noel@iup.physik.uni-bremen.de

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Weitere Informationen:

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