Fernbeziehung auf Teilchenebene: Elektron-Loch-Paare in zweidimensionalen Kristallen

Zweidimensionaler Kristall aus Molybdändisulfid (MoS2) und Wolframdiselenid (WSe2) (links: Draufsicht, rechts: Seitenansicht). Jens Kunstmann

Wenn Licht bestimmter Frequenzen auf einen Halbleiterkristall fällt, wird es absorbiert und erzeugt eine Anregung, einen Zustand höherer Energie. In Solarzellen kann diese Energie in Strom umgewandelt und nutzbar gemacht werden. In zweidimensionalen Kristallen, die nur aus wenigen Atomlagen bestehen, sind die Hauptakteure solcher Prozesse die Exzitonen: Lichtanregungen, die aus einem positiv und einem negativ geladenen Teilchen bestehen.

Da es in zweidimensionalen Kristallen jedoch einen ganzen Exzitonen-Zoo gibt, ist nicht immer klar, mit welchem Exemplar man es zu tun hat. Forscher der TU Dresden haben nun in Zusammenarbeit mit einem internationalen Team das Wesen dieser Interlagen-Exzitonen in zweidimensionalen Kristallen identifiziert. Ihre Entdeckung veröffentlichte die Fachzeitschrift Nature Physics.

Wie „Sandwiches“ aus Lagen von Molybdändisulfid- und Wolframdiselenid-Schichten kann man sich die zweidimensionalen Kristalle vorstellen: Jeweils nur drei Atomlagen dick, werden zwei einzelne Schichten im Labor von Hand aufeinandergeschichtet. „Das besondere bei Interlagen-Exzitonen ist, dass die zwei geladenen Teilchen räumlich getrennt sind. Bisher ist man davon ausgegangen, dass sich das positive im Wolframdiselenid und das negative im Molybdändisulfid aufhält“, sagt Dr. Jens Kunstmann von der Professur für Theoretische Chemie der TU Dresden.

„Wir konnten jetzt zweifelsfrei zeigen, dass die positiv geladenen Teilchen sich in beiden Lagen aufhalten und die Interlagen-Exzitonen deshalb viel stärker aneinandergebunden sind, als bisher angenommen.“ In der weltumspannenden Zusammenarbeit arbeiteten theoretische und experimentelle Gruppen Hand in Hand.

Die Dresdner Gruppe steuerte in Zusammenarbeit mit Prof. Andrey Chaves aus der Universidade Federal do Ceará in Fortaleza in Brasilien und Prof. David R. Reichman von der renommierten Columbia University in New York City in den USA theoretische Rechnungen und Analysen bei. Die Experimente führte die Gruppe um Prof. Tobias Korn von der Universität Regensburg durch, darunter Fabian Mooshammer und Philipp Nagler im Rahmen ihrer Master- und Doktorarbeiten.

„Wir stehen immer noch am Anfang, denn wie die Interlagen-Exzitonen in anderen zweidimensionalen Kristallen aussehen, wissen wir noch nicht zweifelsfrei“, räumt Dr. Kunstmann ein. „Aber diese Exzitonen faszinieren uns. Die räumliche Trennung der Ladungen könnte es erlauben, die Kondensation der Exzitonen in einen makroskopischen Quantenzustand zu realisieren oder besonders effiziente Solarzellen zu bauen.“

Vollständige Bildunterschrift: Zweidimensionaler Kristall aus Molybdändisulfid (MoS2) und Wolframdiselenid (WSe2) (links: Draufsicht, rechts: Seitenansicht). Licht kann in diesen Kristallen Interlagen-Exzitonen erzeugen. Dies sind faszinierende Anregungszustände aus einem positiv geladenen und einem negativ geladenen Teilchen. Die farbigen Konturen in der rechten Abbildung stellen die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Teilchen dar.

Informationen für Journalisten:
Dr. Jens Kunstmann
Professur für Theoretische Chemie
Tel.: +49 (0) 351 463-33635
E-Mail: jens.kunstmann@tu-dresden.de

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