Ein wichtiger Teil des Röntgenlasers European XFEL hat den Betrieb aufgenommen: Der sogenannte Injektor, das 45 Meter lange vorderste Teilstück des supraleitenden Teilchenbeschleunigers, hat die ersten Elektronen beschleunigt, die dabei annähernd Lichtgeschwindigkeit erreichten. Die Aufnahme des Injektortestbetriebs markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Fertigstellung der Anlage.
Der Röntgenlaser European XFEL ist eine internationale Forschungseinrichtung in der Metropolregion Hamburg, die einzigartige Röntgenblitze erzeugt, mit denen Forscher aus aller Welt völlig neue Einblicke in den Nanokosmos gewinnen können.
Die Anlage besteht aus einem zwei Kilometer langen supraleitenden Linearbeschleuniger für Elektronen, an den sich eine Serie hochpräziser Magnetstrukturen anschließt, in denen die extrem kurzen und hellen Röntgenblitze erzeugt werden.
Der Injektor auf dem DESY-Campus in Hamburg-Bahrenfeld hat nun die erste Serie von hoch geladenen Elektronenpaketen erzeugt und beschleunigt. Die Elektronen benötigten für den 45 Meter langen Weg vom Anfang bis zum Ende des Injektors 0,15 Mikrosekunden (millionstel Sekunden) und erreichten dabei annähernd Lichtgeschwindigkeit.
Der Injektor formt die Elektronenpakete und beschleunigt sie. Im sich anschließenden zwei Kilometer langen Linearbeschleuniger, der derzeit noch montiert wird, erreichen die Elektronen immer höhere Energien. Diese Elektronen erzeugen dann in speziellen Magnetstrukturen die Lichtblitze für Experimente, von denen zahlreiche neue Impulse für die Forschung in den Bereichen Medizin, Energieproduktion und -speicherung, Materialforschung und vielen weiteren Gebieten erwartet werden.
DESY, Hauptgesellschafter und enger Partner von European XFEL, baut und betreibt den gesamten Linearbeschleuniger inklusive Injektor. Die Komponenten für den Injektor liefert und testet das aus 17 europäischen Forschungseinrichtungen bestehende Beschleuniger-Konsortium, das DESY koordiniert. Sachbeiträge stammen insbesondere von DESY und Instituten in Frankreich, Italien, Polen, Russland, Schweden, der Schweiz und Spanien.
„Alle Mitglieder des Beschleunigerkonsortiums haben zum Bau des Injektors beigetragen, und wir schätzen ihre Professionalität bei Planung, Bau und Installation der Komponenten“, erklärt Dr. Hans Weise, leitender Wissenschaftler bei DESY und Koordinator des Beschleunigerkonsortiums. „Die Beiträge ermöglichen es uns, beim Elektronenstrahl die hohe Qualität zu erreichen, die wir für den Betrieb des Freie-Elektronen-Röntgenlasers benötigen.“
Der Aufbau des Injektors ähnelt stark dem im Freie-Elektronen-Laser FLASH bei DESY, dem Prototyp des European XFEL, der 2005 als Nutzeranlage in Betrieb gegangen ist. Mehrere Milliarden Elektronen werden aus einer Elektrode aus Cäsiumtellurid herausgeschlagen, auf die ein ultravioletter Laserpuls trifft. Sie bilden ein Elektronenpaket, das durch Hochfrequenzwellen beschleunigt und durch intensive Magnetfelder zusammengehalten wird.
Die Beschleunigung erfolgt zunächst in einem normalleitenden, aus Kupfer gefertigten Hohlraumresonator, anschließend sorgen zwei supraleitende Beschleunigermodule für eine weitere Energieerhöhung. Diese beiden Module werden mit flüssigem Helium auf -271 Grad Celsius abgekühlt, damit die eingebauten Beschleunigungsstrukturen supraleitend werden und eine besonders effektive Beschleunigung ermöglichen. Diese erste Beschleunigungsstrecke ist essentiell für die Eigenschaften des Elektronenstrahls, damit er weiter hinten in der Anlage die Röntgenblitze erzeugen kann, mit denen Forscher Proben mit atomarer Auflösung untersuchen können.
In den nächsten Wochen und Monaten wird der Injektor intensiv getestet, während der übrige Linearbeschleuniger aufgebaut wird. Der nächste große Meilenstein ist die für Ende 2016 geplante Beschleunigung von Elektronen über 2,1 Kilometer bis zur Betriebstelle Osdorfer Born. Der Nutzerbetrieb soll 2017 beginnen.
„Die ersten Elektronen im Injektor sind ein Meilenstein für diese ambitionierte Entdeckungsmaschine – Glückwünsche an alle Physiker und Ingenieure, die die verschiedenen Komponenten mit großem Engagement gebaut und montiert haben“, betont der Vorsitzende des DESY-Direktoriums, Prof. Helmut Dosch. „Mehr als die Hälfte der supraleitenden Module des Hauptbeschleunigers sind bereits getestet und montiert, und ich bin ich sicher, dass wir bald auch hier mit der Inbetriebnahme beginnen können.“
„Ich freue mich, dass der Bau des Injektors erfolgreich abgeschlossen ist. Wir richten unser Augenmerk nun auf den restlichen Teil des Beschleunigers, um den Forschern die brillantesten Röntgenblitze der Welt zur Verfügung stellen zu können“, erklärt European XFEL-Geschäftsführer Prof. Massimo Altarelli. „Ich danke allen, die an der Konstruktion und Inbetriebnahme dieses Startpunkts für unsere Forschungseinrichtung beteiligt waren.“
Über European XFEL
In der Metropolregion Hamburg entsteht mit dem European XFEL eine Großforschungsanlage der Superlative: 27 000 Röntgenlaserblitze pro Sekunde und eine Leuchtstärke, die milliardenfach höher ist als die besten Röntgenstrahlungsquellen herkömmlicher Art, werden völlig neue Forschungsmöglichkeiten eröffnen. Forschergruppen aus aller Welt können an dem europäischen Röntgenlaser atomare Details von Viren und Zellen entschlüsseln, dreidimensionale Aufnahmen im Nanokosmos machen, chemische Reaktionen filmen und Vorgänge wie die im Inneren von Planeten untersuchen. Die European XFEL GmbH ist eine gemeinnützige Forschungsorganisation, die eng mit dem Forschungszentrum DESY und weiteren internationalen Institutionen zusammenarbeitet. Bei Beginn des Nutzerbetriebs im Jahr 2017 wird sie rund 280 Menschen beschäftigen. Mit Kosten von 1,22 Milliarden Euro (Preisniveau 2005) für Bau und Inbetriebnahme und einer Länge von 3,4 Kilometer ist European XFEL eines der größten und ambitioniertesten europäischen Forschungsprojekte. Derzeit beteiligen sich zwölf Länder: Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Polen, Russland, Schweden, die Schweiz, die Slowakei, Spanien und Ungarn.
Über DESY
Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY ist das führende deutsche Beschleunigerzentrum und eines der führenden weltweit. DESY ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und wird zu 90 Prozent vom BMBF und zu 10 Prozent von den Ländern Hamburg und Brandenburg finanziert. An seinen Standorten in Hamburg und Zeuthen bei Berlin entwickelt, baut und betreibt DESY große Teilchenbeschleuniger und erforscht damit die Struktur der Materie. Die Kombination von Forschung mit Photonen und Teilchenphysik bei DESY ist einmalig in Europa.
DESY-Pressekontakt
Dr. Thomas Zoufal
DESY-Pressesprecher
Tel. +49 40 8998-1666
presse@desy.de
European XFEL-Pressekontakt
Dr. Bernd Ebeling
XFEL-Pressesprecher
Tel. +49 40 8998-6921
press@xfel.eu
http://www.xfel.eu
http://www.desy.de
Dr. Frank Poppe | idw - Informationsdienst Wissenschaft
Weitere Berichte zu: > Beschleunigung > Elektronen > Injektor > Linearbeschleuniger > Magnetstrukturen > Nanokosmos > Röntgenblitze > Röntgenlaser > XFEL > desy
Auf dem Weg zur optischen Kernuhr
19.04.2018 | Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
Laser erzeugt Magnet – und radiert ihn wieder aus
18.04.2018 | Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Polymer-Leuchtdioden (PLEDs) sind attraktiv für den Einsatz in großflächigen Displays und Lichtpanelen, aber ihre begrenzte Stabilität verhindert die Kommerzialisierung. Wissenschaftler aus dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPIP) in Mainz haben jetzt die Ursachen der Instabilität aufgedeckt.
Bildschirme und Smartphones, die gerollt und hochgeklappt werden können, sind Anwendungen, die in Zukunft durch die Entwicklung von polymerbasierten...
Study published in the journal ACS Applied Materials & Interfaces is the outcome of an international effort that included teams from Dresden and Berlin in Germany, and the US.
Scientists at the Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) together with colleagues from the Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) and the University of Virginia...
Neuartige hocheffiziente und brillante Quelle für Gammastrahlung: Anhand von Modellrechnungen haben Physiker des Heidelberger MPI für Kernphysik eine neue Methode für eine effiziente und brillante Gammastrahlungsquelle vorgeschlagen. Ein gigantischer Gammastrahlungsblitz wird hier durch die Wechselwirkung eines dichten ultra-relativistischen Elektronenstrahls mit einem dünnen leitenden Festkörper erzeugt. Die reichliche Produktion energetischer Gammastrahlen beruht auf der Aufspaltung des Elektronenstrahls in einzelne Filamente, während dieser den Festkörper durchquert. Die erreichbare Energie und Intensität der Gammastrahlung eröffnet neue und fundamentale Experimente in der Kernphysik.
Die typische Wellenlänge des Lichtes, die mit einem Objekt des Mikrokosmos wechselwirkt, ist umso kürzer, je kleiner dieses Objekt ist. Für Atome reicht dies...
Novel highly efficient and brilliant gamma-ray source: Based on model calculations, physicists of the Max PIanck Institute for Nuclear Physics in Heidelberg propose a novel method for an efficient high-brilliance gamma-ray source. A giant collimated gamma-ray pulse is generated from the interaction of a dense ultra-relativistic electron beam with a thin solid conductor. Energetic gamma-rays are copiously produced as the electron beam splits into filaments while propagating across the conductor. The resulting gamma-ray energy and flux enable novel experiments in nuclear and fundamental physics.
The typical wavelength of light interacting with an object of the microcosm scales with the size of this object. For atoms, this ranges from visible light to...
Physiker der Universität Regensburg (Deutschland), der Kanazawa University (Japan) und der Linnaeus University in Kalmar (Schweden) haben den Einfluss eines...
Anzeige
Anzeige
Internationale Konferenz zur Digitalisierung
19.04.2018 | Veranstaltungen
124. Internistenkongress in Mannheim: Internisten rücken Altersmedizin in den Fokus
19.04.2018 | Veranstaltungen
DFG unterstützt Kongresse und Tagungen - Juni 2018
17.04.2018 | Veranstaltungen
Nachhaltige und innovative Lösungen
19.04.2018 | HANNOVER MESSE
Internationale Konferenz zur Digitalisierung
19.04.2018 | Veranstaltungsnachrichten
Auf dem Weg zur optischen Kernuhr
19.04.2018 | Physik Astronomie