Ein Kamm aus Röntgenlicht
Sogenannte Frequenzkämme haben sich als äußerst nützliche Werkzeuge für die Spektroskopie erwiesen; bisher gibt es sie aber leider noch nicht im Röntgenbereich. Wie man einen optischen Frequenzkamm auf einen ultra-kurzen Röntgenlaserpuls aufprägen kann und damit einen Röntgen-Frequenzkamm erzeugt, haben Physiker der Abteilungen Keitel und Pfeifer am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg vorgeschlagen. Die Methode sollte sich mit heutigen Röntgenlasern realisieren lassen.
Frequenzkämme im optischen Bereich bestehen aus einer Serie von genau bekannten Lichtfrequenzen (Farben) mit exakt gleichen Abständen und werden mit starken, gepulsten Lasern erzeugt. Für ihre Entwicklung erhielten Theodor W. Hänsch und John L. Hall 2005 den Nobelpreis. In kurzer Zeit wurden Frequenzkämme zu unverzichtbaren Werkzeugen für die Spektroskopie, die damit eine deutlich höhere Präzision erreichte.
Mit der Verfügbarkeit von Freie-Elektronen-Lasern, die Laserlicht im Röntgenbereich liefern, haben sich der Spektroskopie viele neue Möglichkeiten eröffnet. Unter anderem sind die Messungen wichtig für das Verständnis astronomischer Beobachtungen. Frequenzkämme im Röntgenbereich würden strenge Tests physikalischer Theorien und exakte Messungen fundamentaler Konstanten erlauben.
Deshalb wird intensiv nach Verfahren gesucht, um solche Frequenzkämme zu erzeugen. Physiker des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg schlagen nun eine Methode vor, die als erste mit den Röntgenpulsen derzeit existierender Freie-Elektronen-Laser auskommt und dazu einen sehr breiten Frequenzkamm liefert.
Die Physiker betrachten ein verdünntes Gas. Ein Röntgenlaserpuls hebt ein Elektron vom Grundzustand (1 in der Abbildung) auf einen energiereichen Zustand (2). Normalerweise würde das Elektron unter Aussendung eines Photons wieder in den Grundzustand zurückkehren. Ein zusätzlicher optischer Puls kurz danach transportiert es aber in den metastabilen Zustand (3), in dem es erst einmal ‚festgesetzt‘ ist.
Somit enthält das Gas Ionen in den Zuständen (1) und (3). Ein optischer Frequenzkamm bevölkert nun periodisch den strahlenden Zustand (2) aus (3), sodass das Gas einen Zug von Röntgenpulsen aussendet. Eingestrahltes und emittiertes Röntgenlicht interferieren miteinander, wodurch ein breiter Frequenzkamm im Absorptionsspektrum des durchgehenden Röntgenpulses erscheint.
Mit den derzeit verfügbaren Röntgenlasern und Be2+-Ionen sollte sich dieses Szenario realisieren lassen. „Unsere Rechnungen zeigen, dass die erforderliche Intensität des optischen Frequenzkamms moderat ist und keine experimentelle Herausforderung darstellt“, sagt der Erstautor Stefano Cavaletto. „Der resultierende Röntgen-Frequenzkamm hat sein Zentrum bei der Übergangsenergie (2 → 1), ist so breit wie der optische Frequenzkamm, und seine einzelnen Linien sind sehr scharf“, ergänzt Gruppenleiter Zoltán Harman. Diese Methode, einen Frequenzkamm auf einen ultrakurzen Röntgenlaserpuls aufzuprägen, funktioniert im Prinzip auch mit höheren Röntgenenergien, die aber erst mit zukünftigen Maschinen erzeugbar sein werden.
Originalpublikation:
Broadband high-resolution x-ray frequency combs
Stefano M. Cavaletto, Zoltán Harman, Christian Ott, Christian Buth, Thomas Pfeifer, and Christoph H. Keitel, arXiv:1402.6652v1, Nature Photonics DOI: 10.1038/NPHOTON.2014.113 http://dx.doi.org/10.1038/NPHOTON.2014.113
http://www.mpi-hd.mpg.de/keitel/harman/ – Ionic Quantum Dynamics and High-Precision Theory (Abteilung Keitel)
http://www.mpi-hd.mpg.de/mpi/de/pfeifer/pfeifer-group-home/ – INTERATTO/X-MuSiC-Gruppe (Abteilung Pfeifer)
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