Dieses Mal mit speziellem Dreh: Drittes Gravitationswellensignal beobachtet

Simulation der Kollision von zwei Schwarzen Löchern. Foto: LIGO

Eine Kollision zweier Schwarzer Löcher sowie die daraus entstehenden Gravitationswellen konnten im Januar 2017 zum dritten Mal nach September und Dezember 2015 nachgewiesen werden. Im aktuellen Fall, der GW170104 genannt wird, waren die zwei Schwarzen Löcher etwa drei Milliarden Lichtjahre entfernt – die weiteste Entfernung aller bisherigen Nachweise. Das neu entstandene Schwarze Loch hat 49 Mal die Masse der Sonne, wobei eine Sonnenmasse ungefähr 1,99 Quadrilliarden Tonnen oder 332.946 Erdmassen entspricht.

Der nun nachgewiesene Fall gibt zudem erstmals Hinweise darauf, wie sich die zwei Schwarzen Löcher, die dann später ineinander stürzten und dabei die Gravitationswellen erzeugten, gedreht haben. Zwei Schwarze Löcher müssen einander umkreisen, aber nicht nur das – in der Regel dreht sich zusätzlich jedes um die eigene Achse.

Manchmal stimmen diese beiden Richtungen überein (ausgerichteter Spin), sie können aber auch entgegengesetzt rotieren. Wie sich die beiden Schwarzen Löcher im aktuellen Fall genau gedreht haben, ist aus den Daten nicht ersichtlich, aber es gibt Hinweise darauf, dass zumindest eines der Schwarzen Löcher sich entgegensetzt zur Gesamtbewegung des Gebildes gedreht hat. Weitere Untersuchungen zu dieser Frage könnten auch Aufschluss darüber geben, wie ein solches Paar überhaupt zusammenfindet.

Die Universität Hamburg ist mit der Arbeitsgruppe von Prof. Roman Schnabel seit Frühjahr 2015 Mitglied der LIGO Scientific Collaboration (LSC) und der GEO-Kollaboration, die den deutsch-britischen Gravitationswellendetektor GEO600 betreibt. Der Physiker selbst ist seit 2003 Mitglied der GEO-Kollaboration, seit 2005 Mitglied der LSC und seit 2013 Vorsitzender der LSC-Arbeitsgruppe „Quantenrauschen“ und arbeitet an der Universität Hamburg mit seinem Team an der Verbesserung der Messempfindlichkeit von Gravitationswellendetektoren.

Prof. Schnabel entwickelte während seiner Tätigkeit an der Leibniz Universität Hannover die weltweit erste Quelle für Licht mit einem sogenannten „gequetschtem Quantenrauschen“, mit deren Hilfe die Präzision bei Messungen deutlich gesteigert werden kann.

Gravitationswellen geben grundsätzlich Auskunft über die Entstehung und das Wesen der Gravitation. Die Forscherinnen und Forscher hatten im September 2015 erstmals die geheimnisvollen Wellen im All mithilfe der beiden vier Kilometer großen Detektoren des „Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory“ (LIGO) in Livingston und Hanford in den USA beobachten können.

Albert Einstein hatte die Existenz von Gravitationswellen 1916 auf Basis seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Ihre direkte Beobachtung ermöglicht deshalb eine neue Sicht auf das Universum, denn bisher basierten die Erkenntnisse über das Weltall auf Messungen von elektromagnetischen Wellen wie z. B. Licht oder Gammastrahlung.

LIGO wird durch die „National Science Foundation“ (NSF) finanziert und vom MIT und Caltech betrieben. Auch Einrichtungen aus Deutschland (Max-Planck-Gesellschaft), Großbritannien (Science and Technology Facilities Council) und Australien (Australian Research Council) haben signifikante Beiträge zu dem Projekt geliefert. Insgesamt arbeiten mehr als 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt in der LIGO Scientific Collaboration, die die GEO-Kollaboration mit einschließt.

LIGO kooperiert zudem mit „Virgo“, einem Konsortium aus 280 europäischen Forscherinnen und Forschern, das seinen Sitz im European Gravitational Observatory nahe Pisa hat und vom „Centre National de la Recherche Scientifique“ (CNRS), dem „Istituto Nazionale di Fisica Nucleare“ (INFN) und dem Forschungszentrum Nikhef organisiert wird.

Link zur Originalarbeit (nach Ende der Sperrfrist): https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.118.221101

Für Rückfragen:
Prof. Dr. Roman Schnabel
Universität Hamburg
Institut für Laserphysik und Zentrum für Optische Quantentechnologien
Tel.: +49 40 8998-5102
E-Mail: roman.schnabel@physnet.uni-hamburg.de

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Birgit Kruse idw - Informationsdienst Wissenschaft

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