Die Nano-Welt als Zeitlupenfilm: Regensburger Forscher entwickeln neues Mikroskop

Schematische Darstellung der Untersuchung von Elektronenbewegungen mit Hilfe des neuen Mikroskops. Bildnachweis: Max Eisele – Zur ausschließlichen Verwendung im Rahmen der Berichterstattung zu dieser Pressemitteilung.

Die Forscher um Prof. Dr. Rupert Huber vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik haben auch die möglichen Anwendungsgebiete des Mikroskops vorgestellt. Wie man damit beispielsweise superschnelle Bewegungen von Elektronen direkt verfolgen kann, wurde jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Photonics“ veröffentlicht (DOI: 10.1038/nphoton.2014.225).

Die moderne Nanotechnologie macht sich heute das zunutze, was die Natur schon immer konnte: Durch gezielte Strukturierung auf der Längenskala von Nanometern – dem milliardsten Teil eines Meters – können künstliche Materialien mit neuen Eigenschaften entwickelt werden. Ein Beispiel sind Halbleiterbauelemente für die Hochgeschwindigkeitselektronik.

Um die Funktion solcher Strukturen zu verstehen und diese noch schneller, kleiner und effizienter zu machen, will man möglichst direkt verfolgen, wie sich Elektronen auf der Längenskala weniger Atomdurchmesser bewegen. Da solche Vorgänge sehr schnell ablaufen, wird in der Mikroskopie seit Jahren fieberhaft versucht, exzellente Ortsauflösung mit höchster Zeitauflösung zu verbinden.

Das Team um Prof. Huber hat nun ein Mikroskop vorgestellt, das genau dies leistet. Exzellente Ortsauflösung erreichen die Physiker, indem sie Licht auf eine winzige Metallspitze fokussieren. Diese sammelt das Licht und bündelt es an ihrem Ende auf einen Raumbereich von zehn Nanometern in allen drei Raumrichtungen – milliardenfach stärker als in einem normalen Lichtmikroskop.

Wird die Spitze nun über eine Probenoberfläche gerastert, so streut sie einfallendes Licht unterschiedlich, je nachdem, welche lokalen Eigenschaften die Probe direkt unterhalb der Spitze aufweist. Die Forscher beleuchteten die Metallspitze nun mit infraroten Lichtblitzen, die nur wenige Femtosekunden lang sind.

Eine Femtosekunde ist dabei die unvorstellbar kurze Zeitspanne eines Millionstel einer Milliardstel-Sekunde. Um das gestreute Licht mit höchster Zeitauflösung zu erfassen, benutzten die Physiker Sensoren, die so schnell sind, dass sie selbst infrarotes Licht beim Schwingen beobachten konnten.

Wie in einem Zeitlupenfilm können diese Blitze eine Folge von Schnappschüssen winziger und superschneller Elektronenbewegungen aufnehmen. In einem spektakulären ersten Demonstrationsexperiment drehten die Forscher einen 3D-Film von einer bislang nur indirekt zugänglichen Elektronenbewegung an der Oberfläche von Halbleiter-Nanodrähten.

Die am CNR – Istituto Nanoscienze in Pisa hergestellten Nanostrukturen sind besonders für die künftige Hochgeschwindigkeitselektronik interessant. Neben technologischen Fragestellungen in der Elektronik oder Photovoltaik dürfte das neue Mikroskop ein breites interdisziplinäres Anwendungsfeld finden, das von der Erforschung der physikalischen Eigenschaften in exotischen Materialien bis hin zu biologischen Vorgängen auf molekularer Ebene reicht.

Titel der Originalpublikation:
M. Eisele, T. L. Cocker, M. A. Huber, M. Plankl, L. Viti, D. Ercolani, L. Sorba, M. S. Vitiello and R. Huber, „Ultrafast multi-terahertz nano-spectroscopy with sub-cycle temporal resolution “, in Nature Photonics (2014)

Die Publikation im Internet unter:
http://www.nature.com/doifinder/10.1038/nphoton.2014.225

Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Rupert Huber
Universität Regensburg
Institut für Experimentelle und Angewandte Physik
Tel.: 0941 943-2070
Rupert.Huber@physik.uni-regensburg.de

Media Contact

Alexander Schlaak idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer