Aussergewöhnliche Gasblase entdeckt

Die Entdeckung führt auch zu grundsätzlich neuen Überlegungen, wie Galaxien aus solchen Gasblasen und Gasströmen zusammengesetzt sind. Die Ergebnisse erschienen im Online-Fachmagazin „Science Express“.

Schon im Mittelalter beobachteten arabische Astronomen den Orionnebel und gaben ihm den Namen „Na'ir al Saif“, was so viel bedeutet wie „Der Helle im Schwert“. Der Orionnebel ist aufgrund seiner Helligkeit von blossem Auge sichtbar. Da er zudem einen beachtlichen Durchmesser von ca. 7,5 Parsec (25 Lichtjahre) hat und mit einer Distanz von ca. 400 Parsec (1300 Lichtjahre) unserem Sonnensystem relativ nahe ist, gehört er zu den besterforschten Gasnebel in unserer Galaxie. Nun haben Forschende an der ETH Zürich und am Paul Scherrer Institut (PSI) eine neue Gasblase entdeckt, die einen grossen Teil des Nebels ausfüllt.

Die entdeckte Gasblase ist etwa 3,5 Parsec (ca. 10 Lichtjahre) gross und südwestlich des Trapeziums, einem optischen Mehrfachstern im Orionnebel, deutlich zu erkennen. Sie besteht aus sehr dünnem und heissem Plasma, das heisst aus ionisiertem Gas, das eine geringe Dichte an Ionen aufweist und deshalb für Strahlen durchlässig ist. Die Temperatur des Plasmas beträgt ca. 2 Mio Grad Kelvin. Aufgespürt hat das Forscherteam die Blase, weil diese Röntgenstrahlung aussendet, die mit dem ESA-Satelliten XMM-Newton nachgewiesen werden konnte. Da das PSI am Bau von XMM-Newton beteiligt war, wurde den Forschern Beobachtungszeit garantiert; einen Teil davon setzten diese zur Erforschung des Orionnebels ein.

Obschon heisses Gas auch an anderen Orten in der Galaxie beobachtet wird, kommt der Nachweis im Orionnebel unerwartet. Während eine ältere Theorie derartige Gasblasen vermutete, haben bisherige Beobachtungen nahegelegt, dass solche Gase nur von Supernovae oder von grossen Gruppen von massiven Sternen und deren kollidierenen Sternwinden erzeugt werden. Der Orionnebel ist Teil einer riesigen, kalten Molekülwolke, in der Tausende von Sternen entstehen. Er enthält jedoch keine Supernova und wird vor allem von einem einzigen massereichen Stern, dem „Theta hoch eins Ori C“, dominiert. Erstaunlicherweise scheint „Theta hoch eins Ori C“ alleine für die Gasblase verantwortlich zu sein. Die Forschenden folgern aus energetischen Erkenntnissen, die sie aus der neu entdeckten Blase gewonnen haben, dass alle Sternentstehungsgebiete heisse Plasmen erzeugen können.

Da der Stern „Theta hoch eins Ori C“ ständig Gas abgibt, müsste der Druck in der Blase steigen. Das Forschungsteam konnte aber nachweisen, dass der Druck konstant bleibt, was bedeutet, dass das Gas der Blase aus der Nebelregion ausfliessen muss. Obwohl die Region ausserhalb des Nebels noch beobachtet und bildlich erfasst werden muss, gehen die Forschenden davon aus, dass das Gas in eine benachbarte, ebenfalls heisse Blase im interstellaren Medium strömt.

Aufgrund nachweisbarer Isotope und deren Gammastrahlung scheint dieser „Orionstrom“ Gase von „Theta hoch eins Ori C“ in den interstellaren Raum hinauszutragen. Weil Sternenentstehungsgebiete nebst Supernovae eine entscheidende Rolle als „Quellen“ für solche Gasströme spielen, liegt die Vermutung nahe, dass in unserer ganzen Galaxie viele solcher Gasflüsse und Gasblasen zu finden sind.

Bilder von der neu entdeckten Gasblase stehen zum Download bereit unter: http://www.cc.ethz.ch/media/picturelibrary/news/orion

Weitere Informationen:
PD Dr. Manuel Güdel
PSI und ETH Zürich
Institut für Astronomie
Telefon +41 (0) 44 632 71 29
guedel@astro.phys.ethz.ch

Media Contact

Franziska Schmid idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer