Mit Wellen die Bruchfestigkeit prüfen

Wenn sich Physiker aus Hochschule und Industrie zu einer wissenschaftlichen Diskussion treffen, dann wird schnell die ganze Breite der physikalischen Forschung sichtbar. So auch beim 44. Gesprächskreis Rhein-Neckar, dem halbjährlichen Treffen von Physikern der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und von Unternehmen aus dem Großraum Rhein-Neckar, das diesmal bei der Mannheimer Firma Pepperl + Fuchs stattfand, einem mittelständischen Unternehmen, das Komponenten und Systeme für die Automatisierungstechnik fertigt.

Grundlagenforschung und deren direkte Anwendung verband Professor Peter Hess vom Physikalisch-Chemischen Institut der Ruperto Carola mit nichtlinearen Formen von Wellen, den Solitonen und Schockwellen. Bei den Wasserwellen wurden die so genannten Solitonen bereits 1834 durch John Scott Russel entdeckt. Es handelt sich dabei um stabile Wellenpulse, die ihre Form nicht verändern, ganz im Gegensatz zu sonstigen Wasserwellen. „Wirft man einen Stein ins Wasser, so werden die dadurch erzeugten Wellen mit zunehmender Entfernung von ihrem Entstehungsort immer schwächer“, zeigte Peter Hess die Unterschiede zu den Solitonen auf. Ein anderes Phänomen bei Solitonen ist, dass ein kleinerer Wellenpuls von einem größeren überholt werden kann, ohne dass sich beide zerstören. So stellen Solitonen stabile Wellenpakete mit Teilchencharakter dar.

Während Solitonen als Wasserwellen so schon seit mehr als 170 Jahren bekannt sind, wurden sie bei den elastischen Oberflächenwellen, die wie Wasserwellen etwa eine Wellenlänge tief in feste Materialien eindringen, erst vor wenigen Jahren nachgewiesen, indem sie durch gepulste Laser erzeugt wurden. Der Vergleich zwischen den durch Gravitationskräfte bedingten Wasserwellen und den auf zwischenmolekularen Kräften beruhenden elastischen Oberflächenwellen, wie beispielsweise Erdbebenwellen, verdeutlicht wichtige Unterschiede. Mit zunehmender so genannter Nichtlinearität bilden beide Wellenarten Schockfronten aus. Diese führen bei Wasserwellen zum „Brechen“ der Welle, bei den elastischen Oberflächenwellen dissoziieren die Bindungen des Festkörpers bei zu starker Dehnung. Damit ergibt sich ein neues Verfahren zur Bestimmung der Bruchfestigkeit und Bindungsstärke von anisotropen Materialien wie etwa Silizium, das beispielsweise in so genannten Silizium Wafern in Solarzellen zum Einsatz kommt. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass die Probe nicht berührt werden muss, nicht zerstört wird und die Bruchfestigkeit in allen Ebenen und Richtungen mit Wellenlängen im Mikrometerbereich untersucht werden kann.

Direkt aus dem angewandten Bereich kam das Thema von Dr. Andreas Faulstich von SIRONA Dental Systems aus Bensheim, der das Verfahren CEREC vorstellte. Mit diesem Verfahren ist die Vermessung von Zähnen im Mund und die anschließende Konstruktion und Fertigung von vollkeramischen Restaurationen möglich.

Ultrakalte Quantengase haben es dagegen Professor Selim Jochim vom Heidelberger Max-Planck Institut für Kernphysik angetan, der aufzeigte, dass die Ergebnisse aus Experimenten mit diesen Gasen eine Supraleitung oberhalb der Raumtemperatur nahe legen. Sehr aktuell ist auch das Forschungsgebiet, das Lars Gerding von den Freudenberg Forschungsdiensten aus Weinheim vorstellte, nämlich die Brennstoffzelle und die Bedeutung der geeigneten Dichtung, um die Gasverteilung und Abdichtung der Zellen zu gewährleisten.

Stefan Zeeh

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