Trockener Staub auf dem Mars

Der Vorderteil des Rovers, aufgenommen mit der Navigationskamera (NavCam) am Tag 308 nach der Landung im Gusev-Krater. Der Roboterarm (montiert in Radhöhe an der Vorderseite des Rovers) hat den Mössbauer-Spektrometer über dem starken Magneten (C-Magneten) platziert. Abkürzungen: MI = Microscopic Imager für hochauflösende Nahaufnahmen; APXS = Alpha Particle X-ray Spectrometer für chemische Analyse; RAT = Rock Abrasion Tool für Gesteinsbohrungen; MB = Mössbauer-Spektrometer zur Identifizierung eisenhaltiger Minerale; C-Magnet = Starker Magnet ("C" steht für "capture"), der innerhalb weniger Millimeter über der aktiven Oberfläche des Magneten alle magnetischen Partikel einfängt; F-Magnet = Schwacher Magnet ("F" steht für "filter"), der mittels weit hinausreichender Feldlinien (mindestens 10 Millimeter über der aktiven Oberfläche des Magneten) die am stärksten magnetischen Partikel einfängt; PanCam = Panoramakamera mit hoher Auflösung; NavCam = Navigationskamera mit Weitwinkelobjektiv. PanCam und NavCam befinden sich am oberen Ende des Kamera-Masten. Bild: NASA, JPL, Cornell University

Analyse von Staub in der Mars-Atmosphäre lässt darauf schließen, dass der rote Planet schon seit langem trocken und kalt ist

Die beiden NASA Mars Exploration Rovers (MER) „Spirit“ und „Opportunity“ sind im Januar 2004 auf entgegengesetzten Seiten des Mars erfolgreich gelandet und noch immer dort unterwegs. Dabei sammeln sie mit Permanentmagneten auch Staub aus der Marsatmosphäre. Mehrere internationale Forscherteams, darunter auch Wissenschaftler aus Deutschland, haben jetzt neue Ergebnisse dieser Missionen in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht. So zeigt die Mössbauer-Spektroskopie des aufgesammelten Staubs beträchtliche Mengen Olivin. Daher lässt sich die Entstehungsgeschichte des Staubs nicht mit dem Vorhandensein von viel flüssigem Wasser vereinbaren – ein weiteres Indiz für eine lange trockene Vergangenheit unseres Nachbarplaneten. Flüssiges Wasser an der Oberfläche des Planeten gab es daher nur in seiner Frühzeit. Seither hat es nur unter atypischen räumlichen Gegebenheiten auf dem Mars geomorphologische und mineralogische Spuren hinterlassen (Nature, 7. Juli 2005).

Die Untersuchung des Staubs auf der Marsoberfläche spielt eine große Rolle für ein besseres Verständnis der Geschichte dieses Planeten. Der Staub ist ein Verwitterungsprodukt und hat sich als solches während der gesamten Entwicklung des Planeten kontinuierlich gebildet. In der Frühzeit des Mars haben vermutlich Meteoreinschläge, Vulkanismus sowie Verwitterung durch flüssiges Wasser zur Entstehung von Staubteilchen beigetragen. Doch nach einer Milliarde Jahre war der größte Teil des flüssigen Wassers von der Mars-Oberfläche verschwunden.

Die Verwitterung ist seither vor allem ein langsam verlaufender, weitgehend trockener Prozess, getrieben durch tägliche Temperaturveränderungen zwischen – abhängig von Breitengrad und Jahreszeit – minus 100 und plus 20 Grad Celsius, Windabrieb, der durch suspendierte Staubteilchen besonders effizient ist, minimale Taubildung durch Kondensation atmosphärischen Wasserdampfs sowie intensive Sonneneinstrahlung im energiereichen UV-Bereich. Das Ergebnis dieser Verwitterungsprozesse ist Staub.

Analysiert man heute diesen Staub, so kann man auf jene Prozesse schließen, die an seiner Entstehung beteiligt waren: Der Staub trägt also die persönliche Signatur des Planeten Mars.

Die kleinsten Partikel des Staubs mit einer Größe von nicht einmal drei Mikrometer im Durchmesser sind ständig in der Atmosphäre aufgewirbelt. Größere Teilchen lagern sich auf der Marsoberfläche ab und werden nur gelegentlich aufgewirbelt (vgl. Abb. 1). Je kleiner die Teilchen sind, desto schneller verläuft die Verwitterung. Deshalb spielt der atmosphärische Staub eine besondere Rolle: In ihm kommen die dem Mars eigenen Verwitterungsprozesse am deutlichsten zum Ausdruck. Darüber hinaus sichern globale Winde und globale Staubstürme, die im Abstand von einigen Marsjahren – eine strenge Regelmäßigkeit gibt es nicht – den Planeten von einem Schleier umhüllen, eine nahezu perfekte Durchmischung der luftgetragenen Staubteilchen. Die Eigenheiten des atmosphärischen Staubes zeichnen daher ein globales Bild des Planeten, das vom Ort der tatsächlich durchgeführten Messung verhältnismäßig unabhängig ist, sei es nun Ares Vallis (Mars Pathfinder), der Gusev-Krater (MER-A) oder die Ebene Meridiani Planum (MER-B).

Nun haben frühere Beobachtungen – VIKING (1976), MARS PATHFINDER (1997) – gezeigt, dass alle atmosphärischen Staubteilchen auf dem Mars mehr oder weniger magnetisch sind. Sie können also mit Hilfe von Permanentmagneten eingefangen werden und daraufhin mit wissenschaftlichen Instrumenten (MB, APXS, MI, PanCam, siehe Abb. 2) näher untersucht werden.

Die Mössbauer-Spektren ergaben ein zweiseitiges Bild des Staubs: Sowohl primäre Minerale (Olivin, Pyroxen und Magnetit) als auch sekundäre, durch eine komplexe geologische Entwicklung geprägte, nicht vollständig identifizierte Eisen(III)-haltige Minerale wurden gefunden. Die Präsenz von Olivin und Magnetit kommt nicht überraschend: Sie sind Bestandteile typischer Olivin-Basalte, wie sie für den Landeplatz im Gusev-Krater charakteristisch sind. Offensichtlich haben die Staubteilchen diese Minerale von basaltischen Vorgängern geerbt und dieses Erbe überraschenderweise bis heute bewahrt. Die sekundären Minerale hingegen, die im Mössbauer-Spektrum eine geringere, aber nicht verschwindende Rolle spielen, müssen durch chemische Verwitterungsprozesse entstanden sein. Ob sie ein Überbleibsel aus einer warmen, wasserreichen Frühzeit des Planeten sind oder im Laufe von Milliarden von Jahren durch extrem langsame Prozesse gebildet wurden, ist offen.

Was bleibt, ist die mineralogische Verwandtschaft des Staubs mit den Basaltgesteinen. Die Präsenz leicht verwitterbarer Minerale wie Olivin deutet auf eine weitgehend trockene Entstehung und Entwicklung des Staubes hin – ohne Einwirkung von flüssigem Wasser. Der Mars war global gesehen über drei bis vier Milliarden Jahre hinweg trocken und kalt. Die jetzt vorliegenden experimentellen Daten erlauben kaum eine andere Interpretation – trotz zahlreicher Ausnahmen und trotz lokaler Besonderheiten, wie der Wasser(?)-Rinnen in den höheren Breitengraden, der sogenannten „gullies“, und trotz zahlreicher gravierender Klimaänderungen.

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Dr. Walter Goetz Max-Planck-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.mps.mpg.de http://www.mpg.de

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