Asteroidentrümmer auf schnellem Kollisionskurs

Über eine Million mehrere Kilometer grosse Asteroiden kreisen zwischen den Planeten Mars und Jupiter um die Sonne. Dort kommt es zu gewaltigen Kollisionen. Bisher nahm man an, dass die hierbei entstehenden Asteroidentrümmer mehrere Millionen Jahre brauchen, bevor sie mit der Erde kollidieren. Neue Messungen am Edelgaslabor der ETH Zürich zeigen jedoch, dass sie die Erde bereits viel früher erreichen. Diese Erkenntnisse haben grosse Bedeutung für die Vorhersage zukünftiger Einschläge von Meteoriten auf der Erde.

Bei Kollisionen im Weltall werden die beteiligten Asteroiden komplett zerstört und in unzählige Bruchstücke zersplittert. Computersimulationen sagen voraus, dass die meisten dieser Fragmente in die Sonne stürzen. Ein Teil aber trifft die Erde nach mehreren Millionen Jahren als Meteoriten. Allerdings kann dies auch schon viel früher passieren. An bestimmten Stellen im Asteroidengürtel ist die Umlaufszeit eines Objekts um die Sonne ein Vielfaches der Umlaufszeit des Riesenplaneten Jupiter. Diese so genannten Bahnresonanzen führen zu Bahnstörungen. Sie können die Bahn des Objekts so weit ändern, dass es die Erdbahn kreuzt und mit der Erde kollidiert. Wann dies passiert, ist allerdings bisher nur theoretisch berechnet worden. Neuartige Messungen eines Forscherteams des Instituts für Isotopengeologie der ETH Zürich konnten nun mehr Klarheit schaffen: Das Team stellt fest, dass es schon nach einigen hunderttausend Jahren zu einer Kollision mit unserem Planeten kommen kann.

Konzentration der Edelgase gibt Auskunft über „Reisezeit“

Kollisionsbruchstücke von Asteroiden sind im Weltraum ständig dem Beschuss von kosmischer Strahlung ausgesetzt. Dabei entstehen durch Kernreaktionen auch Edelgase. Diese Gase gehen keine chemischen Reaktionen ein. Deshalb werden sie während der gesamten Bestrahlungsdauer, also der Aufenthaltszeit der Fragmente im Weltraum, in den Trümmern angesammelt. Nach der Messung der Konzentration dieser so genannten kosmogenen Edelgase lässt sich die Reisezeit vom Mutterkörper zur Erde berechnen. Je höher die Konzentration, desto länger war der Meteorit unterwegs.

Fossile Meteoriten als Zeugen einer Katastrophe

Für die Untersuchungen konnten die Forscher Meteoriten verwenden, von denen man annimmt, dass sie Zeugen einer der grössten Asteroidenkollisionen in der späten Geschichte des Sonnensystems sind. Diese Meteoriten sind in einem Steinbruch in Südschweden in 480 Millionen Jahre alten Meeresablagerungen gefunden worden. Erstaunlich dabei ist, dass die Trümmer noch heute Spuren der vor 500 Millionen Jahren angesammelten Edelgase aufweisen.

„Tom Dooley“ erlaubt Messung kleinster Gasmengen

Das Edelgaslabor der ETH Zürich ist mit einem hochempfindlichen Massenspektrometer, genannt „Tom Dooley“, auf die Messung extrem kleiner Gasmengen spezialisiert. Dieses an der ETH entwickelte Instrument komprimiert das Probengas in ein winziges Volumen, um die Konzentration so zu erhöhen, dass selbst seltene Gase wie Helium und Neon in einzelnen Staubkörnern gemessen werden können. Die Empfindlichkeit von „Tom Dooley“ ist mehr als hundertfach höher als bei konventionellen Massenspektrometern. Die Apparatur ist weltweit einzigartig. An diesem Gerät entwickelte der junge Forscher Philipp Reza Heck eine Methode, um kleinste Mengen kosmogener Edelgase zu messen. Hierbei werden die nur einige Mikrogramm leichten Meteoritenproben mit einem Infrarotlaser geschmolzen und die Gase dabei freigesetzt und gereinigt. Anschliessend konnte Heck die Isotope der Elemente Helium und Neon mit „Tom Dooley“ messen.

Bestätigung der kurzen Reisezeit

Mit dieser neuen Methode konnten die Edelgase in den Meteoriten erstmals nachgewiesen werden, obwohl sie bereits während 480 Millionen Jahren auf der Erde sind. Die daraus errechneten Reisezeiten sind mit einigen hunderttausend Jahren äusserst gering und entsprechen der unteren Grenze, die von Simulationen vorausgesagt wurden. Es handelt sich hierbei um die ersten Trümmer, die nach einer grossen Kollision vor 480 Millionen Jahren auf die Erde gelangten. Die kurzen Bestrahlungsalter sind ein Hinweis dafür, dass sich die Kollision in der Nähe einer Bahnresonanz im Asteroidengürtel ereignete. Ausserdem lässt sich beweisen, dass die fossilen Meteoriten aus Südschweden alle von demselben Ereignis stammen. Die neu entwickelte Methode des Instituts für Isotopengeologie ermöglicht es, Theorien über das Verhalten von Trümmern im Weltall zu bestätigen. Dies erleichtert es den Forschenden wesentlich, zukünftige Kollisionen mit unserem Planeten vorherzusagen.

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