Rote Erde zum Blauen Planeten

Mission zur Rückführung von Mars-Bodenproben. Im Bild: der Mars-Orbiter

Die Europäische Weltraumorganisation hat erste Aufträge für eine spektakuläre Mars-Sample-Return-Mission vergeben. Innerhalb der nächsten zehn Jahre will die ESA Bodenproben vom Roten Planeten zur Erde zurückbringen. Das europäische Aurora-Programm zur Vorbereitung eines möglichen bemannten Marsfluges bis zum Jahr 2030 gewinnt damit an Konturen.

Natürlich würde jeder am Mars interessierte Planetenforscher am liebsten vor Ort unseren Nachbarplaneten erkunden. Doch gibt es eine Alternative, die für irdische Wissenschaftler beinahe genauso reizvoll ist: Boden- und Gesteinsproben durch Roboter auf dem Mars einsammeln und zur Erde zurückbringen zu lassen. Und genau dieses Szenario sieht die für das Jahr 2011 geplante Mars-Sample-Return-Mission der ESA vor, deren Verwirklichung in diesen Tagen begonnen hat.

Ein ehrgeiziges Unterfangen

Mit Aurora hat die ESA 2001 das anspruchsvollste, langfristigste und visionärste Forschungsprogramm ihrer Geschichte beschlossen: Aufeinander aufbauend sollen in den kommenden zwei Jahrzehnten immer komplexere Raumsonden und Forschungsmissionen unser Sonnensystem erkunden, um neue Erkenntnisse über seine Planeten zu gewinnen – und dabei gleichzeitig auch nach Spuren von Leben außerhalb der Erde zu suchen.
Doch bei unbemannten Missionen soll es nicht bleiben. Es ist geplant, zwischen den Jahren 2020 und 2025 Menschen zum Mond und fünf Jahre später, um 2030, europäische Astronauten zum Mars zu entsenden.

Als ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin ist der für das Jahr 2011 geplante Start der Mars-Sample-Return-Mission anzusehen, die erstmals marsianischen Boden zur Erde bringen soll. Nicht viel mehr als gerade einmal 500 Gramm dürfte das Ergebnis dieses aufwendigen Unternehmens auf die Waagschale bringen. Dennoch kann diese kostbare Bodenprobe in perfekt ausgestatteten irdischen Laboratorien viel eingehender und umfassender untersucht werden, als es mit einem Lander auf dem Mars jemals möglich wäre. Vor allem könnte man flexibel auf neue Erkenntnisse reagieren.

Der Trick: Zwei Raumsonden im Abstand von zwei Jahren

Wie ist dieses Ziel zu erreichen? Nach den bisherigen Planungen würde die Reise in zwei Etappen durchgeführt werden: 2011 soll zunächst ein Orbiter zum Mars entsandt werden, der nach seiner Ankunft in einen Parkorbit um den Planeten einschwenkt. Auf ihn kommt die Aufgabe zu, die Gesteins- und Bodenproben zurück zur Erde zu transportieren.
Etwa 2013 folgt dann Raumsonde Nummer zwei – ein mit einer Aufstiegseinheit versehener Mars-Lander. Er soll auf der Oberfläche des Roten Planeten mit einer Bohrvorrichtung mehrere Proben bis aus 2 Meter Tiefe entnehmen. Es wäre natürlich technologisch weniger aufwendig, eine Probe direkt an der Marsoberfläche einzusammeln, doch Spuren möglichen Lebens würden dort aufgrund der intensiven kosmischen Strahlung mit Sicherheit nicht zu finden sein. Die Marsoberfläche ist steriler als der beste OP-Tisch auf der Erde.
Das Probenmaterial wird in einem hermetisch verschließbaren Container luftdicht verschlossen. Danach startet das Aufstiegsmodul vom Mars-Lander und bringt den Proben-Container zu der seit zwei Jahren im Parkorbit wartenden ersten Marssonde.

Rückkehr zur Erde

Mit dem Raumsonden-Rendezvous und der Übernahme des Probenmaterials beginnt der zweite Teil der Mars-Sample-Return-Mission (MSR). Die MSR-Sonde fliegt zurück zur Erde. Am Blauen Heimatplaneten angekommen, soll eine Wiedereintrittskapsel mit den Marsproben in die Erdatmosphäre eintauchen und – mit Hilfe eines Fallschirm- oder Airbagsystems – weich auf der Erde landen.

Die technologisch äußerst anspruchsvolle Mission stellt sowohl Forscher und Ingenieure, als auch Institute und Industrie vor mannigfachen Herausforderungen. Der Container mit der „roten Erde“ muss so konzipiert sein, dass er im Notfall auch einen Absturz aus großer Höhe unbeschadet übersteht. Die Kontamination der Erde mit möglichen marsianischen Lebensformen gilt es unter allen Umständen auszuschließen. Aber auch zahlreiche rechtliche Fragen – beispielsweise der Bergung und des Transportes – müssen geklärt werden. Wo darf der Container (nicht) landen, gilt es doch den schnellen und ungehinderten Zugang von speziellen Bergungskräften abzusichern.

„Die MSR-Mission ist eine der anspruchsvollsten Missionen, die jemals von der ESA in Erwägung gezogen worden ist“, kommentiert Aurora-Projektmanager Bruno Gardini dieses Vorhaben. „Sie beinhaltet nicht nur viele neue Technologien. Sie ist ebenso eine Mission von außerordentlicher wissenschaftlicher Bedeutung und das erste robotische Unternehmen mit einem Flugprofil, das mit dem einer bemannten Expedition zum Mars vergleichbar wäre.“

Aufträge für spektakuläre Flaggschiff-Mission

Die ESA hat erste Aufträge im Rahmen der Mars-Sample-Return-Mission an die Industrie vergeben. Zwei europäische Konsortien unter Führung von Alenia Spazio (Italien) sowie von EADS Astrium (Großbritannien) erhielten Aufträge für Studien zur Entwicklung der Hardware, um einen detaillierten Missionsverlauf auszuarbeiten.

Bis zum Start der beiden Raumsonden sind noch einige Hürden zu nehmen, denn viele der zur Durchführung dieser Mission notwendigen Technologien existieren derzeit noch nicht in Europa. Ein Beispiel ist die Wiedereintrittskapsel, die am Ende der MSR-Mission die marsianischen Bodenproben sicher zur Erde transportieren soll. Im Vergleich zu Raumfahrzeugen, die von einer Erdumlaufbahn aus wieder auf die Erde zurückkehren, wird die vom Mars kommende Wiedereintrittskapsel mit viel höherer Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre eintauchen – und dabei natürlich auch deutlich größere Belastungen verkraften müssen.

Bei der Entwicklung dieser Komponente spielen auch deutsche Unternehmen wie die in Bremen ansässige OHB-System AG mit ihren Erfahrungen im Bereich der Raumfahrt- und Satellitentechnologie eine wichtige Rolle. So werden bei OHB sowohl ein Träger für die Rückkehrkapsel der MSR-Mission entwickelt als auch die Berechnung optimaler Flugbahnen für die Hin- und Rückreise Erde-Mars-Erde durchgeführt. Bereits vor einigen Monaten gewann OHB einen Auftrag über die Entwicklung eines aufblasbaren Hitzeschildes, der Raumfahrzeuge auf ihrer Rückreise zur Erde sicher und kostengünstiger in die Erdatmosphäre eintreten lässt.

Aurora bietet also nicht nur faszinierende Visionen für Wissenschaftler, auch die Raumfahrtindustrie Europas steht vor großen Herausforderungen. Und vielleicht wird die uralte Sehnsucht, irgendwo im Kosmos Spuren von Leben zu entdecken, mit dieser Mission belohnt.

Media Contact

European Space Agency

Weitere Informationen:

http://www.esa.int

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