Symbiose zwischen Galaxien und Schwarzen Löchern

Abb.: Eine Aufnahme der nahen Galaxie NGC 7742 durch das Hubble Space Telescope der NASA. Im Zentrum dieser Galaxie befindet sich ein Schwarzes Loch. Der gelbe "Dotter" in der Bildmitte ist der Kern der Galaxie, der umgebende klumpige Ring das Gebiet reger Sternentstehung. Um diesen Ring wiederum ist ein diffuses Materieband zu sehen, das vermutlich von einer früheren Brutstätte von Sternen übrig geblieben ist. <br> <br>Foto: NASA/Max-Planck-Institut für Astrophysik <br>

Überraschende Entdeckung eines deutsch-amerikanischen Forscherteams: Schwarze Löcher und ihre „Wirts-Galaxien“ wachsen stets gemeinsam

Entstehung und Wachstum superschwerer Schwarzer Löcher ist immer eng mit dem Anwachsen ihrer Wirts-Galaxien verbunden. Zu diesem neuen, unerwarteten Ergebnis sind Forscher des Max-Planck-Instituts für Astrophysik, Garching, und der Johns Hopkins University/USA vor kurzem gekommen. Dazu hatten sie die Daten von mehr als 120.000 Galaxien unserer kosmischen Nachbarschaft ausgewertet, die durch den Sloan Digital Sky Survey (SDSS) beobachtet wurden. Dabei zeigten mehr als 20.000 Galaxien charakteristische Spektralindizien sowohl für das Wachstum des Schwarzen Lochs als auch für die Entstehung von vielen jungen Sternen. Damit ist es den Wissenschaftlern gelungen, ein lang gesuchtes Puzzlestück zu finden, das nun Galaxien und Schwarze Löcher miteinander verbindet: Ihre Entstehung und ihr Wachstum treten immer zusammen auf und bilden dadurch eine Art symbiotischer Beziehung. Die Forscher präsentieren diese neuen Resultate auf der diesjährigen Hauptversammlung der Internationalen Astronomischen Union am 16. Juli 2003 in Sydney.

Eine der bemerkenswertesten Entdeckungen der letzten Jahre war die Erkenntnis, dass jede große Galaxie in unserem Universum in ihrem Zentrum ein massereiches Schwarzes Loch beherbergt, mehrere Millionen mal schwerer als die Sonne. Diese Schwarzen Löcher sind aktiv und dadurch sichtbar, solange neue Materie in sie hineinfällt. Zudem ist in den letzten Jahren klargeworden, dass zwischen der Masse eines Schwarzen Lochs und der der Galaxie, in die es eingebettet ist, ein enger Zusammenhang besteht. Die Entstehung eines Schwarzen Lochs muss also eng mit der seiner Galaxie verbunden sein. Doch bisher fehlte in diesem Puzzle das Kernstück -worin diese Verbindung tatsächlich besteht: Kontrolliert das Schwarze Loch das Anwachsen seiner Muttergalaxie, oder bremst umgekehrt die Galaxie das Wachstum des Schwarzen Lochs? Oder wachsen etwa Schwarzes Loch und Galaxie gemeinsam in einer Art symbiotischen Beziehung? Eine Antwort auf diese Fragen war nur durch die sorgfältige Analyse einer sehr großen Zahl von Galaxien zu finden.

Zudem weiß man heute, dass Schwarze Löcher bei ihrem Wachstum gewaltige Mengen an Energie freisetzen. In extremen Fällen überstrahlen sie dabei sogar ihre Muttergalaxie und bilden einen so genannten Quasar. Diese Quasaraktivität und das Wachstum der Schwarzen Löcher war besonders intensiv, als das Universum erst zwischen einem Zehntel und einem Drittel seines heutigen Alters erreicht hatte. Doch auch heute noch ist das Anwachsen Schwarzer Löcher in Galaxienkernen durch die charakteristische Strahlung einfallender Materie nachweisbar.

Die Forscher um Guinevere Kauffmann (Max-Planck-Institut für Astrophysik, Deutschland) und Timothy Heckman (Johns Hopkins University, USA) haben nun die Daten des Sloan Digital Sky Survey, einer neuartigen Bestandsaufnahme des nahen Universums, dazu genutzt, um das Anwachsen Schwarzer Löcher und ihrer Galaxien in unserer kosmischen Nachbarschaft zu untersuchen. Bei der Auswertung der Daten von mehr als 120.000 Galaxien fanden die Forscher in den Spektren von mehr als 20.000 davon charakteristische Merkmale für das Anwachsen der eingebetteten Schwarzen Löcher. Bei diesen Galaxien handelte es sich fast ausschließlich um massereiche Sternsysteme, deren Struktur und Sterninhalt gewöhnlichen elliptischen Galaxien gleicht, mit dem entscheidenden Unterschied, dass überraschend viele junge Sterne im Inneren der Galaxie nachweisbar sind.

Zugleich stellten die Wissenschaftler fest, dass in den Galaxien mit stark wachsenden Schwarzen Löchern auch eine beträchtliche Zahl an neuen Sternen entstanden ist. Die Beobachtungen zeigten einen direkten Zusammenhang: Je schneller das Wachstum des Schwarzen Lochs, desto größer der Anteil junger Sterne in der Galaxie. Beide – das Schwarze Loch wie die Galaxie – wachsen also zusammen. In Extremfällen, wenn die Masse des Schwarzen Lochs fast so schnell wie in hellen Quasaren zunimmt, ist die betroffene Galaxie von jungen Sternen dominiert.

Damit ist es den Wissenschaftlern gelungen, erstmals eindeutig nachzuweisen, dass die Masse der Sterne in einer Galaxie und die Masse ihres Schwarzen Lochs immer gemeinsam wachsen. „Wir haben für diesen Befund noch kein gutes theoretisches Verständnis“ sagt Simon White, Direktor am Max-Planck-Institut für Astrophysik. „Im Moment scheint es so, als könnte man bei Schwarzen Löchern und Galaxien, wie bei der Frage nach der Henne und dem Ei, nicht sagen, wer zuerst kam. Jeder ist notwendig für den anderen.“ Und er fügt hinzu: „Nur weitere theoretische Arbeiten und zusätzliche Beobachtungen können diese These überzeugend bestätigen.“

Media Contact

Dr. Andreas Trepte Max-Planck-Gesellschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Transparente emissive Mikrodisplays

… für ultraleichte und kompakte Augmented-Reality-Systeme. Im Rahmen des Projektes HOT („Hochperformante transparente und biegbare Mikro-Elektronik für photonische und optische Anwendungen“) haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS ein…

Mikroplastik im Meer: Neue Methode

Mikroplastik im Meer könnte größtenteils auch aus Beschichtungen sowie Farbanstrichen von Schiffen und Bauwerken im Meer stammen. Daten dazu gibt es allerdings kaum. Das Helmholtz-Zentrum Hereon und das Bundesamt für…

Wie Produktionstechnik Leben retten kann

Auf der Hannover Messe präsentiert das Fraunhofer IPT vom 22. bis 26. April an gleich zwei Ständen die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Lasertechnologien in der Produktion: Ein »tierisches« Exponat verdeutlicht am…

Partner & Förderer