Grundsteinlegung für das "Gigantische Auge Afrikas"

Die Astronomen der Göttinger Universitätssternwarte haben in diesen Tagen einen besonderen Grund zur Freude. Am Freitag, den 1. September wird in Sutherland, ca. 400 km nördlich von Kapstadt, der Grundstein zum Bau des größten Einzelteleskops in der südlichen Hemisphäre gelegt. Am Southern African Large Telescope, kurz SALT, sind neben den Südafrikanern Astronomen aus den USA, Großbritannien, Neuseeland und Polen auch Wissenschaftler der Universität Göttingen beteiligt. Die Göttinger Sternwarte ist als einzige deutsche Forschungseinrichtung Partner in diesem internationalen Projekt. Die erforderlichen Mittel in Höhe von ca. 3 Mio DM für einen Beobachtungsanteil von ca. 5% an SALT konnten u.a. vom Niedersächsischen Wissenschaftsministerium (MWK) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit Unterstützung der Volkswagenstiftung bereitgestellt werden.

Nicht nur diese internationale Kooperation belegt die hohe Leistungsfähigkeit und das enorme internationale Renommee der Göttinger Astrophysik: die Göttinger Astrophysiker sind zur Zeit an zwei weiteren innovativen Großteleskopprojekten beteiligt: dem Very Large Telescope (VLT) in den chilenischen Anden auf (vier 8m-Teleskope) und dem Hobby Eberly Telescope 222
(HET) am MacDonald Observatorium in Fort Davis, Texas.

Zur Realisierung dieser ehrgeizigen Projekte schließen sich aus Kostengründen üblicherweise mehrere Institutionen in oft weltweiten Konsortien zusammen. Die Europäische Südsternwarte (ESO), ein Verbund aus neun Partnerländern, nimmt z.Zt. den Betrieb des Very Large Telescope (VLT) auf, wo zwei der wichtigsten Messinstrumente (FORS1 und FORS2) in Kollaboration mit Heidelberger und Münchener Astronomen in der Werkstatt der Göttinger Sternwarte gebaut wurden. Ferner ist die Göttinger Sternwarte zusammen der Universitätssternwarte München an Konstruktion, Bau und Nutzung des Hobby Eberly Telescope (HET) beteiligt, welches in Texas 1999 seinen Betrieb aufgenommen hat. Das HET mit seinem 11m-Spiegel ist der Prototyp einer neuartigen, besonders preisgünstigen Konstruktion von Teleskopen dieser Klasse. Es ist das konstruktive Vorbild für das SALT, das mit 24 Mio Dollar nur etwa 20% eines vergleichbaren konventionellen Teleskops kostet.

Auch das SALT wird einen Spiegel von 11m Durchmesser besitzen. Im Gegensatz zu klassischen Teleskopen handelt es sich jedoch nicht um einen monolithischen Spiegel, sondern um 91 identische hexagonale Spiegelsegmente von einem Meter Durchmesser und lediglich 5cm Dicke, die zu einem großen sphärischen Spiegel kombiniert werden. Herausragendes Konstruktionsmerkmal des SALT ist, dass das Teleskop während der Beobachtung nicht bewegt werden muss, um die Erdrotation auszugleichen und der Spiegel in einem festen Neigungswinkel von ca. 37 Grad gegen den Zenit installiert ist. Die enorme Lichtsammelleistung dieses Teleskops würde es prinzipiell erlauben, eine Kerze auf dem Mond nachzuweisen. Doch den Göttinger geht es z.B. um die Erforschung fernster Galaxien, um der Natur dieser Objekte und der Entwicklung des Kosmos auf die Spur zu kommen. Da sich die Gruppe um Prof. Fricke insbesondere mit weit entfernten Galaxien aus den frühen Entwicklungsstadien des Kosmos beschäftigt, ist das Interesse an den neuen leistungsfähigen Teleskopen groß, die es erlauben, in bisher unerreichte Tiefen des Universums vorzustoßen und damit Einblicke in die frühesten Phasen des Universums ermöglichen.

Die Beteiligung an SALT, HET und VLT eröffnet der Göttinger Astrophysik auf längere Sicht den Zugriff auf modernste Forschungsinstrumente und sichert so eine Forschung in der Göttinger Astrophysik, die das Qualitätsmerkmal Weltniveau für sich in Anspruch nehmen kann. Die aktive Beteiligung der Göttinger Werkstatt an Konstruktion und Bau der Analyseinstrumente für diese Teleskope (Spektrographen, Kameras, Photometer etc.) garantiert Exzellenz im Instrumentenbau (Feinmechanik, Optik, Regelungstechnik etc.) und schafft regional Arbeitsplätze in der Hochtechnologie. Darüber hinaus ist die Kollaboration mit Südafrika ein besonderer Baustein in der vielfältigen internationalen Zusammenarbeit der Universität Göttingen mit anderen Instituten. Schließlich zeugt das SALT-Projekt vom wissenschaftlich-kulturellen Aufbruch, der seit 1994 im jungen Staat Südafrika stattfindet.

In Südafrika besteht eine dringende Notwendigkeit, die Grundlagenwissenschaften als Basis für technologischen Fortschritt zu stärken. SALT hat daher einen tief emotional verankerten und symbolischen Charakter für die südafrikanische Nation. Es ist ihr Flaggschiff in Wissenschaft und Technologie und man erwartet auch positive Impulse auf die afrikanische Wirtschaft. So ist es nicht verwunderlich, dass die Zeremonie der Grundsteinlegung durch den südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki, der in seiner Rede zur Eröffnung des südafrikanischen EXPO-Pavillons das SALT-Projekt als „Gigantisches Auge Afrikas“ bezeichnete, vorgenommen wird. Aus Deutschland werden der Generalsekretär der Volkswagenstiftung, Herr Dr. Wilhelm Krull, Herr Dr. Klaus Palandt vom MWK und von der Universität Göttingen der Dekan der Fakultät für Physik, Herr Prof. Dr. Rainer Kree, sowie der Direktor der Sternwarte, Herr Prof. Dr. Klaus Fricke teilnehmen.

Zur Beachtung:
Eine Pressemitteilung des MWK zu diesem Thema ist abrufbar unter www.niedersachsen.de/mwk1/htm.

Weitere Informationen:
Universitäts-Sternwarte Göttingen, Abt.II
Prof. Dr. Klaus Fricke
Geismarlandstraße 11
37083 Göttingen
Tel: 0551/ 39-5051
Fax: 0551/ 39-5054
mail: knoeske@uni-sw.gwdg.de

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