RUB-Physik: Mit dem Teilchendetektor PANDA der Antimaterie auf der Spur

Von der Entscheidung des bmb+f, den Ausbau von deutschen Großforschungsanlagen massiv zu fördern, profitieren auch direkt die Bochumer Physiker (Prof. Dr. Helmut Koch, HD Dr. Klaus Peters): An der Beschleunigeranlage der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt, die für insgesamt ca. 675 Mio. Euro stufenweise ausgebaut werden soll, setzen sie ihre Experimente zur Erforschung der Antimaterie und von Schwerionen fort. Zudem sind sie aufgrund ihrer bisherigen Forschungserfolge maßgeblich am Aufbau des dortigen großen Teilchendetektors PANDA beteiligt.

Gemeinsamer Projektantrag ist bewilligt

Die Bochumer hatten gemeinsam mit internationalen Partnern und der GSI im Jahr 2001 einen Projektvorschlag für ein „internationales Beschleunigerzentrum für die Forschung mit Ionenstrahlen und Strahlen von Antimaterie“ ausgearbeitet und zur Begutachtung vorgelegt. Auf Empfehlung des Wissenschaftsrats beschloss das bmb+f nun, das Projekt zu fördern. Mindestens ein Viertel der Kosten in Höhe von 675 Mio. Euro soll von ausländischen Partnern aufgebracht werden. Die Bauzeit wird im Projektvorschlag auf acht bis neun Jahre veranschlagt.

RUB-Forscher haben Erfahrung mit Antimaterie

Die enge Verknüpfung des RUB-Instituts mit dem Projekt ergibt sich aus dessen früheren Aktivitäten am Low Energy Antiproton Ring (LEAR) des europäischen Großforschungszentrums CERN in Genf. Die seinerzeit dort durchgeführten Experimente mit Antiprotonen bilden die Grundlage des geplanten GSI-Forschungsprogramms auf dem Gebiet der Physik mit Hadronen. Dabei geht es besonders um die Rolle, die die sog. „Gluonen“ als Mittler der starken Kraft spielen, die alle Atomkerne zusammenhält. Bei den vorausgegangenen LEAR-Experimenten fanden RUB-Forscher bereits deutliche Anzeichen für die Existenz sog. Gluebälle, einer neuen Form von nur aus Gluonen bestehender Materie. Die geplanten GSI-Experimente werden aufgrund ihrer wesentlich höheren Präzision endgültigen Aufschluss über die Existenz von Gluebällen geben.

Strahlen von bisher unerreichter Intensität

Die GSI betreibt seit über 30 Jahren eine Beschleunigeranlage für schwere Ionen und hat in der Schwerionenphysik weltweit eine Spitzenstellung erlangt. Zu den herausragenden Leistungen zählt u.a. die Erzeugung und Untersuchung der schwersten bisher bekannten Atomkerne. Die vorgeschlagene Beschleunigeranlage wird Ionenstrahlen und Antiprotonenstrahlen von nie erreichter Intensität und Qualität bereitstellen. Sie soll es ermöglichen, interdisziplinär und parallel dazu in mehreren eigenständigen Forschungsgebieten Antworten auf Fragen zu Aufbau und Struktur der Materie zu finden. Diese Fragestellungen betreffen ein großes Gebiet, das von den elementaren Bausteinen der Natur und ihren Wechselwirkungen im Mikroskopischen bis zu den fundamentalen Prozessen und Gesetzmäßigkeiten reicht, die die komplexen Strukturen der uns umgebenden Materie bestimmen. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist auch, dass jede dieser Stufen im hierarchischen Aufbau der Materie mit einer bestimmten Phase in der Entwicklung des Universums verknüpft ist.

Blick in exotische Kerne

Einige wichtige Beispiele für Forschungsgebiete, die mit der neuen Anlage erschlossen werden können, sind Untersuchungen mit Strahlen von exotischen Kernen, die das Verständnis über die Entstehung der chemischen Elemente voranbringen werden und Experimente mit Antiprotonen und Hadronen, die u.a. dazu beitragen sollen, eine Antwort auf die Frage nach Herkunft der Masse der Elementarteilchen zu finden. Die Physik dichtester Kernmaterie erlaubt schließlich einen tiefen Einblick in die ersten Sekundenbruchteile nach dem Urknall und in die Eigenschaften von Neutronensternen. Auf dem Gebiet der Plasmaphysik eröffnet sich zudem die Möglichkeit zu erforschen, wie die Materie im Inneren von großen Planeten aussieht.

Bochumer sind am Aufbau beteiligt

In den nächsten Jahren werden die Bochumer Forscher die Aufbauarbeiten an dem großen Teilchendetektor PANDA (32 Mio. Euro Investitionskosten) wesentlich mitbestimmen. Da dieser Detektor sehr hohe Anforderungen an die Ortsauflösung und die zu erwartende Datenrate stellt, werden die beteiligten Wissenschaftler und Studenten auch Pionierarbeit im Bereich der Mikroelektronik und der schnellen Datenverarbeitung leisten müssen. Die Zusammenarbeit mit der GSI wird sich auch im Zufluss weiterer Drittmittel für Stellen und Investitionen an die RUB manifestieren. Die enge Verbindung zwischen GSI und dem Institut für Experimentalphysik I kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass im Herbst dieses Jahres eine große internationale Konferenz zum Thema Hadronenphysik „Hadron ´03“ in Aschaffenburg gemeinsam veranstaltet wird.

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