Radioteleskop an Bord einer Boeing 747 ermöglicht neue Beobachtungen

Ein Teleskop an Bord einer umgebauten Boeing 747 soll 14.000 Meter über dem Erdboden Bilder mit bislang unerreichter Qualität ermöglichen.

Wissenschaftler der Universität Bonn untersuchen zusammen mit dem Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie sowie der Universität zu Köln, welche Prozesse bei der Sterngeburt ablaufen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat nun die Verlängerung des Sonderforschungsbereichs (SFB) „Die Entwicklung der interstellaren Materie“ für weitere drei Jahre beschlossen.

Sie fördert das Projekt mit insgesamt 6,6 Millionen Euro, von denen ein großer Teil in die Entwicklung eines ungewöhnlichen Messinstruments fließt: Ein Radioteleskop an Bord einer Boeing 747 soll demnächst 14.000 Meter über dem Erdboden völlig neue Beobachtungen ermöglichen.

Wenn sie könnten, würden manche Astronomen die Atmosphäre abschaffen – zumindest für ihre Beobachtungen: Lässt die Lufthülle um unseren Planeten sichtbares Licht noch mehr oder weniger ungehindert passieren, wirkt sie beispielsweise für Infrarotstrahlung aus dem All wie die Augenklappe eines Piraten. Zum Ärger der Weltraumforscher, müssen sie doch damit auf eine wichtige Informationsquelle verzichten. So besteht unser Universum neben Sternen und Planeten zu einem großen Teil aus dünnen Gaswolken, der so genannten interstellaren Materie. Diese Wolken, die vor allem Wasserstoff enthalten, sind so kalt, dass sie kein sichtbares Licht emittieren; sie lassen sich daher mit einem optischen Teleskop nicht beobachten. Sie senden aber Infrarot- und hochfrequente Radiowellen aus, die sich mit entsprechenden Teleskopen problemlos auffangen ließen – wäre da nicht die Erdatmosphäre. Gerade die interstellare Materie ist jedoch für Astronomen äußerst interessant: Aus ihr können unter geeigneten Bedingungen neue Sterne entstehen. Eine sehr aktive „Geburtsstätte“ ist beispielsweise die Schwertregion im Sternbild Orion.

Die Universitäten in Köln und Bonn betreiben daher in 3.135 Meter Höhe auf dem Schweizer Gornergrat ein Radioteleskop, um Störungen durch Wolken und Wasserdampf in den unteren Atmosphärenschichten zu minimieren. Aber selbst in dieser luftigen Höhe wirkt die Lufthülle noch immer wie eine starke Sonnenbrille, die höchstens 40 Prozent der interessanten Frequenzbereiche durchlässt. „Das bedeutet für uns unter anderem eine sechsfach längere Messzeit“, erklärt der Astronom Privatdozent Dr. Andreas Heithausen, der mit Professor Dr. Ulrich Klein den Teil des SFBs an der Bonner Universität leitet. Er hofft auf baldige Abhilfe: Bereits im kommenden Jahr soll nämlich das „Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie“ (SOFIA) seinen Dienst antreten. Ein Teleskop an Bord einer umgebauten Boeing 747 soll dann 14.000 Meter über dem Erdboden Bilder mit bislang unerreichter Qualität ermöglichen.

Passagierflugzeuge können SOFIA in dieser Höhe nicht in die Quere kommen. Und das ist auch gut so: Um die Stabilität des Düsenfliegers nicht zu gefährden, wollen die Ingenieure das „Guckloch“ für das Teleskop, das immerhin einen Durchmesser von 2,7 Metern hat, möglichst klein halten. Schwenks sind daher nur sehr eingeschränkt möglich. Stattdessen steuert ein Autopilot die Boeing genau so, dass der Teleskop-Spiegel immer auf die Untersuchungsregion gerichtet bleibt – das funktioniert natürlich nur bei möglichst leerem Luftraum.

Die US-Raumfahrtbehörde NASA finanziert das Flugzeug und trägt damit 80 Prozent der Gesamtkosten. In Deutschland beteiligen sich neben den SFB-Instituten das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Max-Planck-Institute für Astronomie in Heidelberg und für Extraterrestrische Physik in Garching; sie sind vor allem für Teleskop und Messtechnik zuständig. Einen großen Teil des jetzt bewilligten Geldes verwenden die SFB-Forscher für den Bau von empfindlichen Messinstrumenten für SOFIA. Nach seinem Jungfernflug im Herbst 2004 soll das Observatorium jährlich 200 mal in die Stratosphäre aufsteigen. „Wir erhoffen uns davon weitreichende Erkenntnisse zum interstellaren Medium in Zwerggalaxien und zur Materie in den Randbezirken unserer Milchstraße“, erklärt Dr. Heithausen. Und damit auch zu den Anfangszeiten des Weltalls: Denn in diesen nahen Himmelsobjekten herrschen zum Teil noch ähnliche Bedingungen wie in den Geburtsstunden des Universums.

Ansprechpartner:

Privatdozent Dr. Andreas Heithausen
Radioastronomisches Institut der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-5773
E-Mail: heith@astro.uni-bonn.de

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Frank Luerweg idw

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