Bestimmung von radioaktivem Strontium in der Umwelt

Als Nebenprodukte der Kernspaltung entstehen – auch in Kernkraftwerken – die beiden radioaktiven Strontium-Isotope Sr-89 und Sr-90. Gelangen sie in die Umwelt, können sie aufgrund der chemischen Ähnlichkeit des Strontiums mit Calcium in die menschliche Nahrungskette gelangen und in den Knochen eingelagert werden. Davon hat eines der beiden Isotope, Sr-90, wegen seiner biologischen Halbwertszeit von 17,5 Jahren die größere radiologische Bedeutung.

Ist es nach einer Freisetzung einmal in die Umwelt gelangt, kann es mit der Nahrung, beispielsweise mit Milch, aufgenommen werden. In der Kindheit ist die Strahlenempfindlichkeit im Vergleich zum Erwachsenalter größer. Grund genug, nicht nur in der Umgebung von Kernkraftwerken sondern auch flächendeckend in den Messstationen des Integrierten Mess- und Informationssystems zur Überwachung radioaktiver Stoffe in der Umwelt hochempfindliche Analysemethoden einzusetzen, um die beiden Strontiumisotope sicher zu erkennen und ihre Aktivitätskonzentrationen gegeneinander abzugrenzen.

In einem neuen Buch des Fachverbandes für Strahlenschutz werden gängige Analyse- und Messmethoden – und zwar sowohl Routine- als auch Schnellmethoden – zusammengefasst. Für Anwender im Labor werden die Methoden modular, d. h. in Teilschritten beschrieben. Die Verfahren werden hinsichtlich ihrer Eignung für die verschiedenen denkbaren Szenarien für Umweltmessungen bewertet. Die Validierung der Methoden war dabei die Hauptaufgabe der beteiligten Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), dem obersten Metrologie-Institut in Deutschland, das auch die Aufgabe hat, die messtechnische Rückführung der Messung radioaktiver Stoffe in der Umwelt auf nationale Primärnormale sicherzustellen.

Es darf nicht geschehen – und geschieht doch gelegentlich: Radioaktive Stoffe gelangen, z. B. aus einer kerntechnischen Anlage oder einer Isotopenproduktionsstätte, ins Freie. Auch eine Freisetzung durch eine so genannte „Schmutzige Bombe“ ist denkbar. Solche radioaktiven Stoffe möglichst schnell zu entdecken und ihre Mengen und Verteilung in der Umwelt zu bestimmen, ehe sie Schaden anrichten können, das ist die Aufgabe von Analyselabors, die entweder direkt in der Nähe der Anlagen oder in landes- und europaweiten Messnetzen arbeiten. Dabei wird auch die Luft laufend auf radioaktive Isotope überwacht. Die Spurenmessstation der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig ist eine der 14 Spurenmessstellen des Integrierten Mess- und Informationssystems (IMIS), die gleichmäßig über Deutschland verteilt sind und die bodennahe Luft überwachen. Daneben haben die Experten in der PTB, dem obersten Metrologie-Institut in Deutschland, auch die Aufgabe, Aktivitätslösungen herzustellen, deren Gehalt an radioaktiven Isotopen genau bekannt ist. Mit Hilfe dieser Aktivitätsnormale sind die in diesem Buchprojekt vorgestellten aktuellen Analysemethoden auf Herz und Nieren geprüft („validiert“) und die dabei notwendigen Aktivitätsmessungen der Radionuklide auf nationale Primärnormale bezogen („rückgeführt“) worden.

Das Ergebnis der akribischen Arbeit der Autorengruppe ist ein umfassendes Werk, das dem Analytiker im Labor helfen soll, für seinen speziellen Fall die passende Analysemethode zu finden. Deshalb werden die nötigen Arbeitsschritte in Form einzelner Module beschrieben. Die Autoren haben Wert darauf gelegt, dass möglichst viele praktische Erfahrungen aus ihren eigenen Laboratorien einflossen. Daher erhält ein Einsteiger in dieses Arbeitsgebiet nicht nur einen umfassenden Überblick, sondern auch viele Hinweise zur Vermeidung radiochemischer Störungen oder messtechnischer Probleme. Doch auch ein erfahrener Labor-Praktiker findet eine Fülle detaillierter Informationen, besonders im ausführlichen technischen Anhang. Das Buch hat einen Umfang von ca. 210 Seiten und enthält eine CD mit den Inhalten.

(es)

Fachverband für Strahlenschutz (Hrs.): Moderne Routine- und Schnellmethoden zur Bestimmung von Sr-89 und Sr-90 bei der Umweltüberwachung. „Fortschritte im Strahlenschutz“ Nr. FS-08-147-AKU, Verlag TÜV Media GmbH, Köln, Februar 2008.

Bezugsquelle: Dr. W. Speer, Bundesanstalt für Gewässerkunde, Am Mainzer Tor 1, 56068 Koblenz, E-mail: speer@bafg.de

Ansprechpartner
Dr. Herbert Wershofen, PTB-Arbeitsgruppe 6.12 Umweltradioaktivität, Tel. (0531) 592 – 6120, E-Mail: herbert.wershofen@ptb.de

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Erika Schow idw

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