Astronomen entdecken ungewöhnliche spindelförmige Galaxien

Kosmische Spindel. Diese elliptische Galaxie ist zigarrenförmig, und ähnlich wie bei einer Spindel rotiert sie im Mittel um ihre Längsachse. Das Hintergrundbild ist ein Schnappschuss einer Simulation Bild: J. Chang, PMO / T. Müller, HdA

Wenn die meisten Menschen an Galaxien denken, dürften sie an majestätische Spiralgalaxien wie die unserer Heimatgalaxie denken, der Milchstraße: Milliarden von Sternen, die sich in einer flachen Scheibe drehen, ähnlich wie ein Rad sich um seine Achse dreht. Aber es gibt noch eine ganz andere Art von Galaxienrotation, die man bislang für sehr selten hielt: zigarrenförmige Galaxien, die sich wie kosmische Spindeln um ihre Längsachse drehen („prolate rotators“).

Jetzt hat eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Athanasia Tsatsi vom Max-Planck-Institut für Astronomie eine gründliche Studie solcher kosmischen Spindeln abgeschlossen. Anhand von Daten aus der CALIFA-Durchmusterung, einer systematischen Studie, welche die Geschwindigkeitsstruktur von mehr als 600 Galaxien untersuchte, entdeckten die Astronomen acht bis dahin unbekannte kosmische Spindeln. Die Anzahl der bekannten Beispiele verdoppelte sich dadurch fast. Kosmische Spindeln sind wesentlich häufiger, als die Astronomen gedacht hatten!

Die genauen Daten ermöglichten es den Astronomen sogar, eine plausible Erklärung für die Entstehung dieser kosmischen Spindeln vorzuschlagen. Im Allgemeinen wachsen Galaxien, wenn sie mit anderen Galaxien verschmelzen. Eine Reihe von Verschmelzungen mit kleineren Galaxien haben unsere eigene Milchstraße über Milliarden Jahre hinweg zu einer stattlichen Sternenscheibe gemacht. Um eine kosmische Spindel zu erzeugen, müssen zwei große Scheibengalaxien rechtwinklig aufeinander prallen, wie in der unten verlinkten Animation gezeigt.

Während die Galaxien über Gravitationsanziehung zu interagieren beginnen, bildet eine von ihnen einen Balken: eine langgestreckte Struktur in der Nähe des Zentrums. Dieser Balken wird zur zigarrenartigen Form der resultierenden größeren Galaxie, während die umlaufenden Sterne der zweiten Galaxie der entstehenden Galaxie ihren Drehsinn aufprägen.

Dieses Entstehungsszenario könnte den ungewöhnlichen, aber nicht allzu seltenen Galaxietyp der kosmischen Spindeln erklären. Nachdem Tsatsis Forscherteam alle Informationen aus den CALIFA-Daten genutzt hat, sind nun wieder die beobachtenden Astronomen am Zug: Aus den Verschmelzungs-Simulationen ergeben sich noch weitere Vorhersagen für die detaillierten Eigenschaften der kosmischen Spindeln. Diese lassen sich anhand der aktuellen Beobachtungen nicht überprüfen, sollten aber mit Instrumenten wie MUSE, dem Multi Unit Spectral Explorer am Very Large Telescope der ESO, einem 8-Meter-Teleskop am Paranal Observatorium in Chile, nachweisbar sein.

Kontakt

Dr. Athanasia Tsatsi (Erstautorin)
Max-Planck-Institut für Astronomie
E-Mail: tsatsi@mpia.de

Dr. Markus Pössel (Öffentlichkeitsarbeit)
Max-Planck-Institut für Astronomie
Tel.: 06221 528-261
E-Mail: pr@mpia.de

http://www.mpia.de/aktuelles/wissenschaft/2017-11-kosmische-spindeln – Online-Version der Pressemitteilung mit Hintergrundinformationen und Bildmaterial
https://doi.org/10.1051/0004-6361/201630218 – Fachartikel
– Animation der Entstehung einer kosmischen Spindel-Galaxie

Video: How to make a cosmic spindle

https://www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=G7Iml_QHe-0

Media Contact

Dr. Markus Pössel Max-Planck-Institut für Astronomie

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

KI-basierte Software in der Mammographie

Eine neue Software unterstützt Medizinerinnen und Mediziner, Brustkrebs im frühen Stadium zu entdecken. // Die KI-basierte Mammographie steht allen Patientinnen zur Verfügung und erhöht ihre Überlebenschance. Am Universitätsklinikum Carl Gustav…

Mit integriertem Licht zu den Computern der Zukunft

Während Computerchips Jahr für Jahr kleiner und schneller werden, bleibt bisher eine Herausforderung ungelöst: Das Zusammenbringen von Elektronik und Photonik auf einem einzigen Chip. Zwar gibt es Bauteile wie MikroLEDs…

Antibiotika: Gleicher Angriffspunkt – unterschiedliche Wirkung

Neue antimikrobielle Strategien sind dringend erforderlich, um Krankheitserreger einzudämmen. Das gilt insbesondere für Gram-negative Bakterien, die durch eine dicke zweite Membran vor dem Angriff von Antibiotika geschützt sind. Mikrobiologinnen und…

Partner & Förderer