ILA 2012: Individuelles Klima im Flugzeug

Testpersonen prüfen beim »Probeflug« im Fluglabor verschiedene individuelle Klimasysteme.<br>© Fraunhofer IBP<br>

Rein in den Flieger, und ab geht’s in den Urlaub. Doch bevor man in der Sonne landet, wird die Vorfreude oft schon vom Klima in den Metallvögeln getrübt: Dem einen ist es zu kalt, der andere klagt über zu stickige Luft und wünscht sich mehr Kühle.

Auch die niedrige Luftfeuchtigkeit sorgt bei vielen Fluggästen für trockene Nasen und Unzufriedenheit. Das soll sich künftig ändern: Während man das Raumklima bislang nur zentral einstellen kann, soll es bald der einzelne Passagier individuell regeln können – von der Temperatur über die Geschwindigkeit, mit der frische Luft zuströmt, bis hin zur Luftfeuchtigkeit. Denn welches Klima verschiedene Personen als angenehm empfinden, ist höchst unterschiedlich.

Mehr Komfort durch Sitzheizung und -ventilation sowie regulierbare Luftzufuhr
Die Technologien, die man dazu braucht, entwickeln derzeit Forscher am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Valley in einem Konsortium – gemeinsam mit neun Partnern aus Hochschule und Luftfahrtindustrie – in dem EG-finanzierten Projekt iSPACE. Was dazu nötig ist, das Klima individuell zu regeln, erläutert Dr.-Ing. Gunnar Grün, Abteilungsleiter am IBP: »Man braucht verschiedene Bausteine, die wir im Konsortium entwickelt haben:

Befeuchtereinheiten sorgen für eine höhere Luftfeuchte; Technologien zur Luftreinigung filtern unerwünschte Stoffe aus der Luft; optimierte Luftauslässe lassen Frischluft einströmen, und die persönliche Wohlfühltemperatur können die Fluggäste über Sitzheizungen einstellen, wie man sie aus dem Auto kennt. Zudem gibt es eine Sitzventilation, die die warme und feuchte Luft zwischen Körper und Sitz abzieht und den Sitz damit angenehm kühlt.«

Die Fraunhofer-Forscher haben sich vor allem der Zufuhr von frischer Luft gewidmet. Denn bislang können die Fluggäste nur eine Luftdüse in der Decke selbst bedienen. Die meisten Passagiere schalten diese bereits zu Flugbeginn aus, da sie die Luft genau auf ihren Kopf bläst und neben starker Zugluft zusätzlichen Lärm verursacht. Die Wissenschaftler haben nun andere Alternativen entwickelt: Sie integrieren Lufteinlässe in die Armlehnen des Sitzes, in die Rückenlehnen des Vordersitzes und in der ersten Klasse auch in die Schwanenhälse, in denen sich derzeit die Leseleuchten befinden.

Die Luftströme, die die verschiedenen Luftauslässe herauspusten, haben die Forscher zunächst simuliert: Welche Geometrie sollten die Luftauslässe am besten haben? Wie schnell soll die Luft herausströmen, damit es den Fluggästen nicht zieht, ihre Haut und Schleimhäute durch die anblasende Geschwindigkeit nicht zu viel Luftfeuchtigkeit verlieren und die umgebende Luft optimal ausgetauscht wird? Hier legten die Forscher einen Bereich fest, in dem die Passagiere den Luftstrom selbst regeln können. Weiterhin haben die Wissenschaftler das »Alter« von Luftpartikeln simuliert und untersucht, wie lange die Luft bei welchem Lüftungssystem in einer bestimmten Region bleibt.

Praxistests im Fluglabor
Die Systeme, die in den Simulationen vielversprechende Ergebnisse lieferten, unterzogen die Forscher einem Praxistest im Valleyschen Fluglabor. Hier befindet sich in einer großen Halle eine 30 Meter lange Niederdruckröhre, in der wiederum das Vorderteil eines Airbus A310 steht. Die Niederdruckröhre ermöglicht es, den Druck auf bis zu 150 Hektopascal zu senken – und so eine Flughöhe von bis zu 13 000 Metern nachzustellen. Auch die Temperatur und Luftfeuchtigkeit während des »Flugs« werden so eingestellt, dass sie denen bei einem wirklichen Flug entsprechen. In dieses Flugzeug haben die Forscher ihre Entwicklungen und die ihrer Partner eingebaut. Um die Technologien zu testen, haben knapp 50 Testpersonen an jeweils drei verschiedenen »Flügen« teilgenommen: Sie konnten in der Flugzeugkabine bei einer üblichen »Kabinendruckhöhe« von 2100 Metern testen, mit welchen Systemen sie ihr persönliches Raumklima am besten erreichen können.

Auch die Besucher der Messe ILA Berlin Air Show können vom 11. bis 16. September den Flugzeugsitz testen – mit Sitzheizung und -ventilation sowie verschiedenen Luftauslässen (Halle 3, Stand 3221). Bis diese Technologien in Flugzeugen zu finden sind, dürfe es allerdings noch einige Jahre dauern.

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Dr.-Ing. Gunnar Grün Fraunhofer-Institut

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