Digitale Montageprüfung – Automatische Qualitätskontrolle auch bei kleinen Chargen

Bei der modellbasierten Montageprüfung werden die digitalen Solldaten montierter Bauteile mit dem realen Ergebnis durch eine Software miteinander verglichen. Fehler werden unmittelbar erkannt.<br>(c) Fraunhofer IFF<br>

Manuelle Montagevorgänge prägen das Bild und die Montageaufgaben ändern sich stetig, sodass sich automatische Qualitätskontrollen bisher nicht lohnten. Eine neue Software, die am Fraunhofer IFF entwickelt wurde, löst dies: Sie vergleicht über Kameras die jeweiligen CAD-Daten digital mit dem fertigen Montageprodukt und kann Anpassungen mit einem Mausklick berücksichtigen. Auf der diesjährigen Messe Control in Stuttgart stellen die Forscher die Technologie vor.

An den Fließbändern der Autoproduktion gleicht ein Tag dem anderen: Üblicherweise laufen täglich rund tausend Fahrzeuge vom Band, die Werker führen bei jedem die gleichen Handgriffe aus. Anders dagegen sieht es etwa im Flugzeugbau aus: Zwar gleichen sich die Stahlvögel von außen, jedoch wünscht jede Airline eine andere Innenausstattung. Wo befinden sich die Sitze? Wie sollen die Gepäckfächer aussehen? Üblicherweise blättern die Techniker in Bauteilunterlagen, um zu sehen, wo und wie welches Bauteil montiert werden soll. Welcher Winkel muss mit welchen Schrauben wo befestigt werden? Hat der Werker die Montage abgeschlossen, überprüft er noch einmal, ob alles an der richtigen Stelle sitzt und quittiert dies. Hierbei kann er jedoch Fehler übersehen – Menschen sind nicht jeden Tag gleich konzentriert und ermüden gegen Abend. Qualitätsprüfer nehmen einzelne Produkte daher noch einmal genau unter die Lupe, doch auch sie können nicht jede Schraube überprüfen – eine 100 prozentige Prüfung ist auf manuellem Wege nicht möglich.

Gerade bei sicherheitsrelevanten Bauteilen wünschen sich Hersteller daher eine automatische Qualitätskontrolle. Bei hohen Stückzahlen wie in der Autoproduktion gibt es bereits Ansätze, die montierten Bauteile per Software mit vorab gefertigten Fotos zu vergleichen. Für kleine Produktionslinien lohnt sich dies jedoch kaum: Alle Bauteile müssen zunächst einmal montiert und anschließend fotografiert werden, um Vergleichsbilder für die weiteren Montagen zu haben. Hat eine Airline beispielsweise aber nur vier Flieger mit der entsprechenden Innenausstattung bestellt, könnten nur noch drei Montagen überwacht werden.

Digitaler Abgleich des Montageergebnisses mit CAD-Daten

Eine neue Technologie soll nun auch die Produktionen solch kleiner Margen einen Schritt weiter Richtung Null-Fehler-Produktion führen – und Montagefehler zuverlässig entdecken. Entwickelt wurde sie von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg. »Wir verwenden keine Fotos von einem real montierten Bauteil als Vergleich, sondern bilden den Idealzustand über virtuelle Bilder ab«, sagt Dr.-Ing. Dirk Berndt, Abteilungsleiter am IFF. Dazu haben die Forscher eine Software entwickelt, die aus den CAD-Daten der Konstruktion und den jeweiligen Positionen der Kameras ein »Foto« erstellt – von einem Produkt, das noch gar nicht montiert ist. Das Prinzip: Hat der Techniker das Bauteil fertig montiert, nimmt – wie bei der herkömmlichen automatischen Überprüfung – eine Kamera ein Bild davon auf. Allerdings vergleicht die Software dieses Bild nicht mit einem vorher angefertigten, sondern errechnet anhand der CAD-Daten ein virtuelles Foto, das genau die gleiche Perspektive hat wie das reale aufgenommene Foto. All dies geschieht in Sekundenschnelle, also in Echtzeit. Mit diesem virtuellen Bild vergleicht die Software das aufgenommene Bild des realen Bauteils.

Bauteile müssen nicht mehr exakt ausgerichtet werden

Die Technologie bringt einige Vorteile mit sich: Sie kann bereits bei der ersten Montage genutzt werden und lohnt sich daher auch bei sehr geringen Stückzahlen. Ändern sich die CAD-Daten, bedarf es nur eines Mausklicks, um die aktuellen Daten in das System zu laden. Weiterhin berücksichtigt die Software die Lage, mit der das zu prüfende Bauteil in die Kamera geschoben wird, und rechnet das virtuelle Bild entsprechend aus; das Bauteil muss im Prüffeld also nicht exakt positioniert werden. Bei herkömmlichen automatischen Qualitätskontrollen muss das Bauteil präzise unter die Kamera geführt werden, sonst ist ein Vergleich nicht möglich.

»Die Technologie an sich ist entwickelt, sie ist nahezu ausgereift«, sagt Berndt. Bis Ende des Jahres wollen die Forscher sie in zwei prototypischen Anwendungen nutzen. Auf der Messe Control vom 14. bis 17. Mai in Stuttgart stellen die Forscher die Technologie vor (Halle 1, Stand 1502).

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