Chirurgische Instrumente mit elektronischer Seriennummer

Studie eines chirurgischen Wundspreizers mit integrierten Spülkanälen und Anschlussstück. Das OP-Instrument wurde generativ aus Edelstahl gefertigt. (© Fraunhofer IFAM)<br>

Ob Herztransplantation oder Kaiserschnitt – bei jeder Operation kommt eine Vielzahl chirurgischer Instrumente zum Einsatz: Wundhaken, Klemmen, Skalpelle und Scheren bis hin zu Spezialinstrumenten wie dem Cerclage-Umführungsinstrument. Letzteres liegt bei langen Schrägbrüchen von Knochen auf dem OP-Tablett.

Es ist so gebogen, dass es Knochen halb umfassen kann. In die Biegung ist ein Kanal eingearbeitet. Wie bei einem gut verschnürten Postpaket werden Faden oder Draht durch diesen Kanal um den verletzten Knochen geführt und anschließend verknotet, um ihn zu stützen und gleichzeitig die gebrochenen Teile aneinander zu fixieren. »Chirurgische Instrumente mit solchen Kanälen zu versehen, ist bislang sehr aufwändig«, erklärt Dipl.-Ing. Claus Aumund-Kopp vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen. Weil man keine kurvenförmigen Kanäle bohren kann, werden gebogene Röhrchen eingegossen oder nachträglich angeschweißt beziehungsweise gelötet.

Auf der Messe MEDTEC Europe vom 22. bis 24. März in Stuttgart (Halle 6, Stand 6211) stellen die Bremer Wissenschaftler ein Verfahren vor, mit dem sich selbst chirurgische Instrumente in jeder beliebigen Form und mit komplexem Innenleben wie Kanälen und integriertem RFID-Chip fertigen lassen: das Laserschmelzen. Es wurde ursprünglich zum Herstellen industrieller Prototypen entwickelt – Schicht um Schicht schmilzt ein hauchfeiner Laserstrahl Werkstoffpulver in fast jede gewünschte Form.

»Mittlerweile ist das Laserschmelzen eine reife Technologie. Zum Anfertigen medizinischer Implantate hat sie sich bereits etabliert«, weiß Aumund-Kopp. Wie alle generativen – also aufbauenden – Fertigungsverfahren hat sie zwei große Vorteile: Anders als beim Drehen, Bohren oder Fräsen geht kaum Material verloren und es gibt keine fertigungsbedingten Einschränkungen für Form und innere Struktur des Werkstücks. »Der Konstrukteur kann sich ganz auf die Anforderungen des Chirurgen an seine Werkzeuge konzentrieren«, erklärt der Ingenieur.

Für chirurgische Instrumente kommen Pulver aus Kobalt-Chrom-Stahl oder Titan zum Einsatz – beides Standard-Werkstoffe in der generativen Fertigungstechnik. Dennoch werden bislang keine chirurgischen Instrumente mit diesen Verfahren hergestellt. Dabei wäre vor allem das Laserschmelzen dafür ideal, findet Aumund-Kopp: »Auch kleine Stückzahlen individueller OP-Bestecke mit ganz neuen Funktionen lassen sich damit ohne großen Aufwand herstellen.« Als Vorlage reicht der Konstruktionsplan im Computer. Zwischenschritte wie das Anfertigen spezieller Werkzeuge oder Gussformen sind nicht nötig.

Stahlteile aus der Laserschmelze haben zudem besondere elektrische Eigenschaften. Üblicherweise schirmen Metalle elektromagnetische Felder wie Funkwellen ab. Wer RFID-Chips in Metall eingießt, muss über dem Chip einen kleinen Spalt lassen, sonst ist er nicht auslesbar. Bei lasergeschmolzenen Werkstücken ist das nicht nötig. Auf kurze Distanzen senden und empfangen eingearbeitete RFID-Chips auch dann, wenn sie komplett mit Metall überzogen sind. »Wir gehen davon aus, dass durch die Schichtstruktur des Materials das Feld auf eine Art gerichtet wird, dass die Chips trotz Metallhülle auslesbar sind«, berichtet Aumund-Kopp. Diese Eigenart könnte auch im OP-Saal von Vorteil sein: Nach jeder Operation muss das verwendete OP-Besteck gereinigt, sterilisiert und abgezählt werden. Sind die chirurgischen Instrumente mit integrierten RFID-Chips ausgestattet, lassen sich sowohl ihre Anzahl als auch ihre individuellen Nummerncodes schnell und einfach erfassen und elektronisch mit der OP-Akte verknüpfen oder mit Instrumenten-Daten wie Herstellungsdatum, Verwendungsprotokollen oder dem aktuellem Reinigungszustand.

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