Bessere Herzzellenforschung: Mit Elektrophysiologie und Live-Cell-Imaging lebende Systeme verstehen

Mikrofluidikchip mit vier Kammern.<br>Foto: Fraunhofer FIT<br>

Durch die Synthese von Mikroskopie, Elektrophysiologie und anderen Disziplinen können mehrere Zellparameter gleichzeitig aufgezeichnet werden. Das erlaubt die automatisierte Risikobewertung von Wirkstoffen, beispielsweise an schlagenden Herzmuskelzellen. Das System ist gleichzeitig so modular und frei konfigurierbar, dass es auch für Arrhythmieforschung oder neuronale Zellkulturen angewendet werden kann.

Viele Unternehmen müssen für die Entwicklung von neuen Medikamenten und Wirkstoffen frühzeitig mögliche schädliche Effekte für den Menschen und die Umwelt erkennen. Daher sind Testverfahren nötig, die einfach aufgebaut und kostengünstig sind, aber trotzdem eine relevante Aussage über biologische Systeme treffen können. In vitro Testverfahren können dabei immer nur einen ersten Anhaltspunkt liefern und den Tierversuch nicht immer ersetzen. Das liegt häufig daran, dass hier Einzelparameter-Assays eingesetzt werden, mit denen die Ursachen für die Toxizität schlecht eingegrenzt werden können.

Das Komplettsystem „Aktivates“ erlaubt jetzt Einsatz und Auswertung multipler Parameter bei toxikologischen und pharmakologischen Wirkstoffuntersuchungen. Diese können an funktionalen Zellen sowohl mit elektrophysiologischen als auch optischen Methoden getestet werden. Mit Multielektroden-Arrays werden Feldpotentiale der Zellen gemessen. Dadurch können in hoher zeitlicher Auflösung Effekte von Wirkstoffen auf die elektrische Aktivität der Zellen bestimmt werden, beispielsweise eine Veränderung der EKG-Kurve. Dies wäre ein Hinweis auf eine mögliche Störung des Herzrhythmus. Die Mikroskopeinheit bildet gleichzeitig die Signalausbreitung der elektrischen Aktivität über einen großen räumlichen Bereich ab. Damit kann etwa der Effekt eines Wirkstoffes auf die Stärke der Kontraktion der Herzmuskelzellen oder die Weiterleitung der Aktivität zwischen den Zellen bestimmt werden.

Die Abteilung von Prof. Dr. Harald Mathis für Biomolekulare Optische Systeme des Forschungsbereichs Life Science Informatik im Fraunhofer FIT hat „Aktivates“ in enger Kooperation mit dem Kölner Biotech-Unternehmen Axiogenesis AG entwickelt. Axiogenesis, unter Leitung von Dr. med. Heribert Bohlen, hat auf dem Gebiet der Stammzellentwicklung einen wichtigen Grundstein auf dem Weg der Verringerung von Tierversuchen geleistet. Auf Mikrofluidikchips können die Wissenschaftler die Stammzellen über lange Zeiträume kultivieren und währenddessen typische Kultivierungsparameter wie pH und Temperatur genau kontrollieren. Die Mikrofluidikchips sind verschließbar, um die Zellen steril zu halten. Außerdem hat Fraunhofer FIT die Oberfläche für die Zelladhäsion und die Fluidik für eine homogene Wirkstoffanflutung optimiert. Die Fluidik stellt dabei eine konstante Kontrolle der Zellviabilität bei minimalem Einsatz von Verbrauchsmaterialien sicher.

Die elektrophysiologische Messeinheit wurde als Digitalverstärker realisiert. „Der Vorteil zum analogen Verstärker liegt darin, dass wir Bausteine programmieren und damit erste Analyseschritte der Daten auf der Verstärkerplatine durchführen können. Außerdem können wir dadurch eine Vergrößerung von derzeit 4 auf beispielsweise 96 Kammern bewerkstelligen – und das bei gleicher Kompaktheit.“, erklärt Prof. Dr. Thomas Berlage, Leiter des Forschungsbereichs Life Science Informatik des FIT, die entscheidenden Innovationen des Systems.

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT stellt „Aktivates“ auf der BIOTECHNICA 2011 vom 11. – 13. Oktober 2011 in Hannover erstmals der Öffentlichkeit vor. Besuchen Sie uns auf der Fraunhofer Gemeinschaftstand, Halle 9, D10.

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