Sensor im Doppelpack

Der nur fingernagelgroße Chip eignet sich zur intelligenten Steuerung von Klimaanlagen.

Kaum fährt das Auto in den Tunnel, schon dringt ein Schwall schlechter Luft aus den Lüftungsschlitzen. Bisher kann sich der Fahrer in Tunneln oder auf Fähren vor Mief nur schützen, indem er rechtzeitig den Hebel von „Lüftung“ auf „Umluft“ stellt. Reagiert er zu spät, füllt sich der Innenraum mit Abgasen, Benzindämpfen und Feinstaub. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg haben jetzt einen Sensor entwickelt, der die Insassen des Fahrzeugs vor gesundheitsschädlicher Atemluft schützt: Auf der SENSOR + TEST 2007 (Halle 7, Stand 331) präsentieren die Ingenieure einen winzigen Chip, der gleichzeitig Feuchtigkeit und Gaskonzentration bestimmen kann. Sven Rademacher, Projektleiter am IPM, beschreibt die entscheidende Neuerung: „Bisher brauchte man zwei Sensoren mit entsprechender Elektronik. Feuchte- und Gassensoren ließen sich nicht kombinieren, weil der eine nur bei Raumtemperatur zuverlässig funktioniert, der andere aber eine Betriebstemperatur von zwei- bis vierhundert Grad Celsius benötigt.“

Zusammen mit den Wissenschaftlern und Ingenieuren der Hochschule Furtwangen und der Universität Freiburg haben Dr. Jürgen Wöllenstein und sein Team am Fraunhofer-Institut in Freiburg jetzt die beiden Sensoren auf einem fingernagelgroßen Chip vereinigt. Obwohl sie dicht beieinander liegen, findet zwischen ihnen kein Wärmeaustausch statt: Die Gassensoren können heiß werden, der Feuchtesensor bleibt trotzdem kühl. Der Trick: Die Sensoren sind zwar integraler Bestandteil des Chips, um sie herum wurde das Material jedoch bis auf einige dünne Stege weggeätzt. „Durch diese dünnen Stege können sich Temperaturen nicht ausbreiten“, erklärt Marie-Luise Bauersfeld, die den Chip hergestellt und getestet hat. „Der Prototyp des Mikrostrukturierten Sensorarrays zur Luftqualitätsmessung, kurz MOSEL, hat bereits Funktionstests bestanden. Wir können mit ihm gleichzeitig Luftfeuchte, Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Sauerstoffkonzentration messen.“

Der Mehraufwand bei der Herstellung des Sensorchips ist dabei gering: Die verschiedenen Sensoren lassen sich in gemeinsamen Arbeitsgängen fertigen, berichtet Bauersfeld: „Ausgangsmaterial ist ein Siliziumchip, einen Quadratzentimeter groß und 0,4 Millimeter dünn. Mit Ätztechnik lässt sich dieser an den für die Sensoren vorgesehenen Stellen ausdünnen, bis nur noch eine zwölf Mikrometer dünne Schicht übrig ist. Diese wird mit Elektroden, Kontakten und Heizstrukturen aus Platin beschichtet. Am Ende ätzen wir das Material rings um die fertigen Sensoren weg, sodass nur die hauchdünnen, drahtähnlichen Verbindungen übrig bleiben.“

Der fertige Doppelsensor soll, angeschlossen an eine Mess- und Steuerungselektronik, künftig vor Mief schützen: Im Auto könnte er das Gebläse bei der Einfahrt in einen feuchten Tunnel automatisch auf Umluft schalten; in Bürogebäuden wäre er einsetzbar, um die Klimaanlage zu aktivieren, wenn der Sauerstoffgehalt sinkt oder die Feuchte einen kritischen Wert übersteigt; in Klassenzimmern oder Hörsälen ließe er sich nutzen, um bei schlechter Luft automatisch Lüftungsschlitze in den Fenstern zu öffnen.

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Dr. Janine Drexler idw

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