D-Cinema: Abschied von der Filmrolle

Seit mehr als hundert Jahren werden Kinobilder auf Film gebannt. Doch das könnte sich bald ändern: Neue Technologien ermöglichen das digitale Kino. Auf der CeBIT (13. -20. März in Hannover) zeigen Fraunhofer-Forscher Entwicklungen für das D-Cinema.

Ob »Harry Potter«, »Der Herr der Ringe« oder »Krieg der Sterne« – kaum ein Science-Fiction- oder Fantasy-Film kommt heute mehr ohne Animationen und Spezial-Effekte aus. Mystische Fabelwesen und außerirdische Reiche werden im Computer generiert. Doch damit endet bislang auch die digitale Herrlichkeit. Auf die High-Tech-Bearbeitung folgt die Rückbelichtung auf Film.

»Sogar wenn große Teile der Bilder digital erzeugt oder bearbeitet werden, steht am Ende der Kette immer noch der klassische 35-Millimeter-Film«, berichtet Hans Bloß vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Bereich Angewandte Elektronik. Der Grund: Die große Datenmenge. Beim Dreh für einen 90minütigen Kinostreifen fallen mehr als zwei Kilometer Film an. In digitalen Daten ist das die gigantische Menge von zwei Terrabyte (ein Terrabyte sind mehr als 1 Mio. Megabyte). Mit herkömmlichen Technologien können diese Datenmengen nicht digital aufgenommen, gespeichert und übertragen werden. Ein Konsortium von vier Forschungseinrichtungen hat sich zusammengeschlossen, um hier Abhilfe zu schaffen.

Gemeinsam wollen Wissenschaftler der Fraunhofer-Institute für Integrierte Schaltungen IIS-A, und für Medienkommunikation IMK, der Fraunhofer-Arbeitgruppe Elektronische Medientechnologie AEMT, des Heinrich-Hertz-Instituts für Nachrichtentechnik HHI und der Technischen Universität Ilmenau technologische Grundlagen für das D-Cinema erarbeiten. »Unser Ziel ist es, eine vollständige, digitale Verarbeitungskette für das Kino, beginnend von der Kamera über die Produktion, Postproduktion, Vertrieb bis zur Wiedergabe zu realisieren«, beschreibt Koordinator Siegfried Fößel vom IIS die Aufgabenstellung des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderten Projekts. Die Vorteile des digitalen Kinos liegen auf der Hand: Bislang werden die Filme im Kopierwerk vervielfältigt und in alle Welt verschickt. Doch diese Verfahrensweise ist aufwändig und teuer. Zudem leidet die Qualität der Kinofilme durch das Kopieren und häufige Abspielen. Digitale Filme hingegen reißen und verkratzen nicht. Auch nach 1 000 Vorführungen erscheint der Kinohit fehlerfrei und brillant auf der Leinwand. Digitale Movies könnten sogar via Satellit oder Kabel als Datenpaket direkt ins Kino kommen.

Doch noch fehlen wichtige Schlüsselkomponenten für das D-Cinema wie zum Beispiel eine digitale Kamera. Sogar die hochwertigen Kameras für das High Definition TV (HDTV) genügen nicht den Anforderungen, die bei Kinofilmen an Ortsauflösung, Farbtreue und Dynamik gestellt werden. So können mit HDTV-Kameras nur 24 Bilder pro Sekunde aufgenommen werden, für Spezial-Effekte und Zeitlupe braucht man jedoch eine variable Framerate von 1-150 Bildern pro Sekunde. Auch die Dynamik – das Verhältnis zwischen hellen und dunklen Bildern – der HDTV-Kamera reicht nicht aus. »Die hohen Anforderungen können mit den bisher gängigen CCD-Bildsensoren nicht realisiert werden«, erläutert Siegfried Fößel. Daher arbeiten die Forscher mit CMOS-Sensoren (Complementary Metall-Oxide Semiconducto). Sie vereinen hochkomplexe Schaltungen mit lichtempfindlichen Bauelementen (Pixel) auf einem Chip.

Die Forscher müssen aber noch ein weiteres Problem lösen: Die Speicherung der enormen Datenmenge. Bei digitalen Fernsehfilmen beträgt die Datenrate 270 Mbit/s. Diese Informationen kann man mit den gängigen Datenkompressionsverfahren in Echtzeit speichern und laden. Beim digitalen Kino fallen pro Sekunde jedoch mehr als 5 Gigabit Daten an. Um diese gigantische Menge auf einem mobilen Medium speichern zu können, bedarf es neuer Kompressionsverfahren. »Wir wollen das vorhandene Codierverfahren JPEG 2000 als Basis nehmen, und es für Kino-Applikationen adaptieren«, beschreibt Fößel das Vorgehen der IIS-Wissenschaftler. Ziel ist es, die Daten in Echtzeit auf etwa ein Zehntel schrumpfen zu lassen und dann auf eine Art Laptop zu speichern.

Erste technologische Grundlagen für das D-Cinema stellen die Forscher auf dem Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 11, Stand A10, A14 a aus.

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