Die smarte Revolution – Kunststoffe verdrängen klassische Automobilwerkstoffe

Auf die Frage, welchen Konstruktionswerkstoffen im Automobilbereich die Zukunft gehört, sind sich die führenden Hersteller ausnahmslos einig. Im zentralen Blickfeld der Konstrukteure stehen Kunststoffe. Nach Schätzungen der BASF AG soll ihr Anteil im Automobil im Jahre 2010 bereits bei rund 20 Prozent liegen. Für den “Run” auf die Leichtgewichte unter den Konstruktionswerkstoffen gibt es einen plausiblen Grund. So lassen sich nach einer Kalkulation der DaimlerChrysler AG bei einer Reduktion des Fahrzeuggewichts um 100 Kilogramm je nach Motor etwa 0.2 bis 0.4 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer einsparen. Das Unternehmen hofft, innerhalb der nächsten zehn Jahre durch eine Reduktion des mittleren Fahrzeuggewichts um 30 Prozent eine Kraftstoffeinsparung von bis zu 1.6 Litern zu ermöglichen.

Die Bayer AG hat auf dem Weg dahin die erste Etappe genommen und präsentiert auf der Kunststoffmesse K 2004 die neue Produktfamilie Makroblend. Dahinter verbergen sich so genannte Polycarbonat-Polyester-Blends für Autokarosserien. “Auf diesem Sektor wollen wir unsere Aktivitäten deutlich verstärken”, versichert Dr. Hagen Noerenberg, Vorsitzender des Vorstands der Bayer MaterialScience AG, der innerhalb der nächsten Jahre mit satten jährlichen Zuwachsraten in Höhe von 8 Prozent rechnet. Leichtigkeit ist nicht die einzige Trumpfkarte der Kunststoffe. Vielmehr überzeugen diese auch durch ihre nahezu uneingeschränkten Möglichkeiten der Formgebung. So etwa beim neuen Audi A6, dessen “Singleframe” Ober- und Untergrill zu einer trapezförmigen Einheit verbindet. “Wir haben in diesem Fall den elastomermodifizierten Blend aus Polycarbonat und Polyethylenterephthalat so maßgeschneidert, dass er sämtliche optischen, mechanischen, dynamischen und thermischen Anforderungen erfüllt”, erklärt Lars Kraus, Werkstoffexperte bei Bayer MaterialScience.

Andere zukunftsweisende Entwicklungen betreffen den Innenraum des Automobils, wo neuerdings nicht nur die Optik, sondern auch die Haptik höchsten Ansprüchen gerecht wird. Gefragt sind Produkte, bei denen die Berührung mit der Oberfläche positive Empfindungen auslöst. Erreicht wird dieser Effekt unter anderem durch nanoskalige Siliconpartikel im Polymer. Derartige “Softfeel-Systeme” mit einem lederartigen “Touch” werden von der Degussa AG hergestellt und kommen seit kurzem in der Innenausstattung einiger Automarken, darunter Audi A4/A6 oder der Mercedes C- Klasse, zum Einsatz.

Auch Chemiker der Wacker Chemie haben die Potenziale der Nanotechnologie erkannt und erstmals hybride Materialien geschaffen, bei denen nanoskalige Siliconkerne von einer organischen Hülle umgeben sind. Dies ermöglicht eine flexible Einstellung der Endeigenschaften von Kunststoffen und Lacken. “Für Außenanwendungen im Automobil bedeutsame Eigenschaften wie Abriebbeständigkeit und Kratzfestigkeit lassen sich nunmehr gleichzeitig optimieren”, erläutert Dr. Jochen Ebenhoch, Projektleiter bei Wacker Silicones.

Mit einer weit in die Zukunft reichenden Vision dürfte die Aachener Firma mnemoScience GmbH für Furore sorgen. Anläßlich der K 2004 stellt das Unternehmen so genannte Memory-Polymere vor, die sich durch Bestrahlung mit Licht “in Form” bringen lassen. Sollte es gelingen, diese völlig neuen Materialien kostengünstig in großen Mengen herzustellen, ist die Revolution in der Automobilindustrie vorprogrammiert, da sich Autos mit Hilfe der “Formgedächtniskunststoffe” von selbst reparieren könnten. Ein beispielsweise durch einen Unfall verbeulter Kotflügel würde unter Einwirkung des Sonnenlichts wieder seine ursprüngliche Form annehmen.

Literaturtipp: Rolf Froböse, “Mein Auto repariert sich selbst. Und andere Technologien von übermorgen”, Wiley-VCH, Weinheim, 248 S., EUR 24,90, ab 1. November im Handel. Kurzinfo unter http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3527311688/qid=1098368629/sr=2-2/ref=sr_2_11_2/028-0545523-7344527

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