Kleider mit Grips

Mobil vernetzen, mobil kommunizieren – Handy, Laptop, Palm & Co erobern die Herzen der Verbraucher. Damit es bald noch handlichere und leichtere Geräte gibt, muss die Elektronik kleiner, flexibler und »anziehbar« werden. Das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikroelektronik IZM präsentiert auf der Internationalen Funkausstellung IFA 2003 (Halle 5.3) Kleidung mit integrierten Kommunikationssystemen.

Fahrradkurier ist ein harter Job. Hauptprobleme sind: Suchen im Stadtplan, Abschließen des Fahrrads und Frieren im Winter. Das fand die Designstudentin Katrin Brandt heraus. Der Fahrradkurier der Zukunft muss sich mit diesen Sorgen nicht mehr herumschlagen: Denn eine Lösung für alle drei Probleme ist nun in die Kleidung integriert – eines der Beispiele für Kleider mit Grips, die das IZM gemeinsam mit der Berliner Fachhochschule für Technik und Wirtschaft FHTW umgesetzt hat. Die Kommunikation zwischen Kurier und Zentrale basiert auf dem Short Messaging Service (SMS). Für die Ortung ist jeder Fahrer mit einem Satellitenortungssystem (GPS) ausgestattet. In den Ärmel ist ein Display und ein textiles Tastaturfeld eingebettet, um Steuerungsbefehle eingeben zu können. Bestätigt der Kurier die Annahme eines neuen Auftrags, wird er mit den Daten versorgt und automatisch durch Sprachanweisungen zum Zielort navigiert. Die Energie für den Datenfluss wird per Dynamo erzeugt und vom Sattel zur Jacke geleitet. Im Winter können so die textilen Heiz-Pads mit Strom versorgt werden, um den Fahrradkurier an den Nieren zu wärmen. Ein automatisches Sicherheitssystem erkennt außerdem über einen textilen Transponder den Besitzer des Rades. Wenn er sich entfernt, schließt sich das Schloss, kommt er zurück, öffnet es sich automatisch.

»Wenn die Elektronik fester Bestandteil des mobilen Alltags werden soll, dann muss sie direkt am Körper getragen werden können – am besten unsichtbar und ergonomisch in die Kleidung integriert«, betont IZM-Expertin Christine Kallmayer. In wenigen Jahren wird der Computer zum elektronischen Staubkorn geschrumpft sein. Auch Fortschritte bei der Aktorik, Sensorik und der Vernetzung beschleunigen die Miniaturisierung. So wird es möglich, mikroelektronische Komponenten in die Kleidung zu integrieren und am Körper ein Netzwerk aufzubauen. Die Module müssen leicht, langlebig, waschbar und angenehm zu tragen sein; der Aufbau mobiler Endgeräte muss deutlich verändert werden. Kleidung bietet genügend Fläche, um verschiedene Funktionsmodule und notwendige Leitungen unterzubringen und gleichzeitig die Bedienkomponenten für den Benutzer leicht zugänglich zu gestalten. Zusätzlich lassen sich in das so entstehende Netzwerk Sensoren, zentrale Datenspeicher oder Solarzellen integrieren. An Ideen herrscht hier kein Mangel: Sensoren, die den Blutzuckerspiegel überwachen, den Blutdruck kontrollieren oder den Herzschlag messen; Jacken, in denen sich Mikrokammern aufblähen und die Temperatur ausgleichen, Hemden, die mit ultradünnen Vibrationsmatten massieren, und Unterwäsche, die gezielt Heilmittel an die Haut abgibt.

Dabei müssen völlig neue Integrationstechniken erprobt werden: Am besten ist es, die Leiterbahnen oder Bussysteme direkt in die Textilien einzuweben. An die Leiterbahnen werden mikroelektronische Module angeschlossen. Wichtig dabei: die elektronischen Komponenten müssen ähnlich biegsam und strapazierfähig sein wie normales Gewebe. Bisher werden leitfähige Gewebe nur bei Schutzbekleidung eingesetzt. Am IZM ist bereits ein waschbarer Transponder mit gewebter Antenne und ultradünnem Transponder-Modul entstanden. Als textile Leiter zum Transport von Energie und Daten können beispielsweise Paspeln verwendet werden. Paspeln sind schmale Nahtbesätze, die häufig an Jacken und anderen Kleidungsstücken zu finden sind.

Auf der IFA zeigt das IZM weitere Ideen aus der Kollektion für High-Tech-Outfit, die gemeinsam mit den Textildesignern der FHTW entworfen wurden: In das Modell »Parachute«, ist beispielsweise der kleinsten Audio Video Player der Welt integriert – entwickelt in einem Gemeinschaftsprojekt vom IZM und dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS. Modell »Rasende Reporterin«, hat an der Brille ein zusätzliches Head Mounted Display installiert. Das erlaubt es dem Träger des Modells, gleichzeitig Interviews zu führen und Dokumente anzusehen. Eine andere Variante hat eine Kamera an der Brille angebracht. Kernstück des Modells »Stadt Nomadin« wiederum ist ein flexibles, auf leitenden Textilien basierendes Body Network. Bei diesem Textil handelt es sich um silberbeschichtete Polyamid Fasern, die vom TITV Greiz zu Bändern gewebt wurden. Das neuartige Gurtband trägt die textile Tastatur, Mikrofon und Kopfhörer. Eine besondere Herausforderung für die Wissenschaftler des IZM war die Entwicklung der Verbindungstechnologie zwischen dem textilen Substrat und den herkömmlichen elektronischen Bauelementen. Das Problem der Energieversorgung für mobile Systeme lösen die Wissenschaftler mit unterschiedlichen Ansätzen: Schuhe mit hohen Absätzen, in denen zusätzliche Akkus untergebracht sind, ultraflache und flexible Folienakkus in der Kleidung und Solarzellen an der Schulter, die die Stromspeicher wieder auffüllen.

Kleider mit Grips für den professionellen Einsatz und den privaten Gebrauch wird es in vielen Varianten – auch finanzieller Art – geben. Die Palette reicht von leistungsfähigem tragbarem Computer-Multimedia-Equipment mit Head-Mounted-Dispays für Service-Techniker zum Beispiel, bis hin zur intelligenten Weste mit eingebautem Telefon und Musik-Player. Und wer nicht unbedingt permanent vernetzt sein will, schaltet die Elektronik einfach ab.

Während der langen Nacht der IFA am 29. August 2003 ist die intelligente Kleidung bei einer Modenschau zu sehen.

Ansprechpartner:

Ortrud Hinkel M.A.
Telefon 030 – 46403-178
Telefax 030 – 46403-650
Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit
und Mikrointegration IZM
Gustav-Meyer-Allee 25,
13355 Berlin
maito: ortrud.hinkel@izm.fraunhofer.de

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Ortrud Hinkel M.A. Fraunhofer-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.izm.fhg.de

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